War Ihnen bewusst, dass Ja-Nein-Fragen für Japaner einer emotionalen Erpressung gleichkommen? Oder, dass das allersanfteste russische Schimpfwort Pfannkuchen lautet? Blin! Uns auch nicht! Aber dank der Masterarbeit von Julia Baldauf können wir das jetzt alle lernen.
Täglich werfen wir mit Wörtern um uns, ohne uns über ihre Bedeutung ganz klar zu sein. Was macht Sprache aus, welche Vielfalt verbirgt sich in ihr? In ihrer Masterarbeit »Weltsprachen – Sprachwelten« im Studiengang Communication Design wollte Julia Baldauf dem komplexen Phänomen Sprache auf den Grund gehen. Einerseits, um herauszufinden, wie durch sie Ideen entstehen, andererseits, um aufzuzeigen, welche Grenzen sie uns auferlegt. Dazu schaute sie sich rund 200 unübersetzbare Wörter aus 77 Sprachen an.
Unübersetzbar sind diese Wörter in dem Sinne, dass sie sich nicht durch einen einzelnen Begriff übersetzen lassen, sondern Umschreibungen benötigen, um in anderen Sprachen verständlich zu sein. Zum Beispiel das finnische Längenmaß Poronkusema, das wörtlich »das Pissen des Rentiers« bedeutet und die Entfernung bezeichnet, die ein Rentier bequem ohne eine Pause zurücklegen kann, nämlich circa 7,5 Kilometer. Oder das hawaiianische Pana Po’o, das man umständlich übersetzen könnte mit: »sich am Kopf kratzen, um sich an etwas zu erinnern, das man vergessen hat«.
Aus den 200 Begriffen fertigte die Kommunikationsdesignerin einen Wortkatalog sowie zwei kreisförmige Karten an, in denen sie nach ihrem Bedeutungsrahmen – ob sie zum Beispiel Emotionen ausdrücken oder einen Bezug zur Natur haben – sowie ihrer geografischen Herkunft angeordnet sind.
In einer Fotoserie visualisierte Julia Baldauf zudem ausgewählte Sprachen als eine sich fließend wandelnde Form. Dazu schuf sie mithilfe von Oobleck, einem nicht newtonschen Fluid aus Wasser und Stärke, temporäre bewegte Skulpturen, die durch das Beschallen auf einem Subwoofer entstehen. Die zähe Flüssigkeit ist den Schwingungen direkt ausgesetzt und verändert so ihre Form je nach Frequenzbereich der jeweiligen Sprachen.
Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert, die sich haptisch durch eine Variation von unbeschichtetem und beschichtetem Papier unterscheiden. Dadurch wird nicht nur zwischen Theorie- und Praxisteil differenziert, sondern auch eine übergreifende Verbindung der beiden Theorieteile geschaffen.
Bild: Julia Baldauf
Weltsprachen – Sprachwelten
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Die Arbeit von Julia Baldauf wurde bei den European Design Awards 2019 in der Kategorie Student Project mit Gold ausgezeichnet.
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