Spezielle Papiere für besondere Printprojekte
Ob mit Gras, Stroh oder Hanf, ob aus recycelten oder frischen Fasern, ob hellblau oder tiefschwarz – mit besonderen Papieren lassen sich ebenso besondere Printprodukte realisieren. Schauen Sie selbst!
Mondi reagierte kürzlich auf den Trend zur Farbe mit der Erweiterung des Pergraphica-Sortiments. Das in Österreich gefertigte Frischfaserpapier wird gerne für hochwertige Verpackungen eingesetzt und umfasst jetzt 31 Töne: je zehn satte, helle und gedeckte Farben sowie ein Infinite Black.
Bild: GREGORURABL.AT
Metapaper bietet mit Colors ein Papier in 15 Farben an, das sich besonders für die HP-Indigo-Maschinen eignet – dank der von Mohawk entwickelten i-tone-Technologie. Dabei handelt es sich um eine spezielle Oberflächenbehandlung, die im Digitaldruck eine sehr gute Tonerhaftung ermöglicht. Die Colors-Range lässt sich aber auch für andere Druckverfahren wie Offset oder Letterpress nutzen.
Um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, sollte man im Vorfeld überlegen, was man wie auf farbiges Papier drucken möchte und eventuell sogar beim Andruck dabei sein. Vor allem bei dunklen oder gar schwarzen Papieren ist es außerdem sinnvoll, zu den etwas teureren, durchgefärbten Sorten zu greifen. So lässt sich verhindern, dass bei Verpackungen oder Covern an den Falz- oder Beschnittkanten hässliche weiße Blitzer entstehen.
Graspapier auf dem Vormarsch
Optisch und haptisch besonders attraktiv sind Papiere, bei denen ein Teil des Zellstoffs durch andere Fasern ersetzt wird. Immer beliebter wird das Graspapier, weil seine Herstellung im Vergleich zu herkömmlichen Sorten sehr viel Wasser, Chemie und Energie spart und Gras deutlich schneller wächst als ein Baum. Allerdings sind die Grasfasern nicht so stabil, weshalb ihr Anteil meist nur bei 10 bis 30 Prozent, in seltenen Fällen auch 40 Prozent liegt. Graspapier-Erfinder Uwe D’Agnone arbeitet mit seinem Unternehmen creapaper aber daran, den Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen. Bislang begegnet uns Graspapier vor allem als Obstverpackung im Einzelhandel oder als Notizblock, Geschenkpapier, Tischkalender oder Briefumschlag. Schön wäre, es künftig öfter auch in Gestaltungsprojekten zu sehen!
Seit Kurzem stellt Mondi in Österreich die Sorte IQ Grass+Packaging mit einem Grasfaseranteil von 30 Prozent in 95 und 120 Gramm her. Ausgelegt ist es für den Flexodruck, in dem die Ansprüche an die Reißfestigkeit nicht so hoch sind wie etwa im Offset. Da Flexodruck das am häufigsten eingesetzte Druckverfahren für Verpackungen ist, sieht Mondi hier und in Tragetaschen das vorrangige Anwendungsgebiet. IQ Grass+Packaging ist außerdem für Lebensmittel zertifiziert.
Problematisch beim Graspapier ist das Recycling. Es darf ins Altpapier geworfen werden, doch bleiben die Graseinsprengsel im Wiederaufbereitungsprozess erhalten und sind in neu entstehenden Sorten zu sehen – ein möglicherweise unerwünschter und nicht planbarer Effekt.
Neben Gras finden auch andere Zellstoffalternativen Verwendung. Metapaper und Gmund etwa haben Sorten mit Stroh und Hanf im Programm, und bei Hahnemühle gibt es neuerdings vegane Künstlerpapiere aus Agave, Bambus und Hanf. Gerade Letzterer eignet sich mit seinen langen und stabilen Fasern gut als Zellstoffersatz, deshalb bietet Gmund eine Variante mit 50 Prozent und sogar eine komplett aus Hanf an. Außerdem sind die Fasern von Natur aus sehr hell und müssen nur wenig gebleicht werden.
Abfall wird Papier
Baumwolle kann dank ihrer stabilen Fasern ebenfalls ohne Zellstoff auskommen. So das von Mohawk produzierte Papier Pure Cotton. Millionen Tonnen von Textilien werden jedes Jahr weggeworfen, warum also nicht weiße T-Shirts sammeln, zerkleinern und Papier daraus machen? Die so entstandene Sorte – das bei Metapaper erhältliche Pure Cotton T-Shirt White – ist 324 Gramm dick und ideal für Letterpress.
Auch Produktionsabfälle können im Papier landen: Favini etwa bietet Crush mit Reststoffen aus der Verarbeitung von Mais, Zitrusfrüchten, Trauben, Kiwis, Oliven und Mandeln an, jedoch maximal 15 Prozent. Einen Schritt weiter geht PaperWise: Bei den Sorten der niederländischen Firma stammt ein großer Anteil aus den Resten landwirtschaftlicher Erzeugnisse wie Reis, Weizen, Gerste oder Zuckerrohr. Der Mindestanteil beträgt 50 Prozent. Darüber hinaus gibt es Papiere und Kartons die zu 100 Prozent aus landwirtschaftlichem Abfall bestehen.
Wer es nachhaltig möchte, kann natürlich auch Recyclingpapier wählen – hier gibt es mittlerweile eine große Auswahl auch farbiger Sorten. Evercolor von Berberich Papier etwa oder Steinbeis Color von Steinbeis Papier. Metapaper hat mit Black sogar ein schwarzes Recyclingpapier im Programm. Es besteht komplett aus Resten, die in der französischen Papierfabrik Mandeure anfallen, sie werden gesammelt und dann schwarz eingefärbt. Für starke Kontraste eignet sich die Metapaper-Sorte Black & White in 300 Gramm. Sie besteht aus je 150 Gramm schweren, aufeinanderkaschierten Bogen Black und White. Die Druckqualität auf Recyclingsorten steht der auf Naturpapieren kaum noch nach. Ein schönes Beispiel für eine recycelte, dabei sehr weiße Sorte mit homogener Oberfläche und warmer Haptik ist das neue, von Römerturm vertriebene Lönneberga grön von Lessebo.
Verarbeitung besonderer Papiere: Expertenrat einholen
Wie aber bedruckt und veredelt man besondere Papiere? Generell muss man bei Naturpapieren mit ihrer ungestrichenen Oberfläche daran denken, dass im Standardoffsetdruck die Farbe tief ins Material eindringt und so meist etwas matter wirkt als bei gestrichenen Papieren. Auch das Volumen muss man im Blick behalten: Je höher, desto schöner die Haptik, aber desto rauer auch die Oberfläche – das kann den Druck möglicherweise wolkiger machen.
Beim Einsatz dunkler Papiere ist zu beachten, dass abgesehen vom Siebdruck alle Farben lasierend, also durchscheinend sind. Gelb auf schwarzem Papier etwa würde zu einer dunkelbraunen Mischfarbe. Will man eine helle Farbe oder gar Weiß drucken, sollte man Sieb- oder Digitaldruck wählen. Bei Letzterem gibt es zwei Technologien: Mit Toner etwa auf Ricoh-Anlagen lässt sich Weiß einfach als fünfte Farbe dazunehmen. Auf einer HP Indigo mit ElectroInk trägt man mehrere Schichten Weiß auf, damit dieses nicht zu transparent wird.
Bei Veredelungen muss man die Beschaffenheit des Materials berücksichtigen. Generell geht mit Naturpapieren alles: Je weicher die Sorte ist – etwa solche mit hohem Baumwollanteil –, desto besser kommen Prägungen zur Geltung, weil sie tief ins Papier hineindrücken. Aus diesem Grund darf es aber auch nicht zu dünn sein, Metapaper empfiehlt Stärken ab 240 Gramm. Blind- oder Reliefprägungen und auch Stanzungen haben zudem den Vorteil, dass sie als mechanisches Verfahren umweltfreundlich sind.
Auf dunklen Papieren sehen Heißfolienprägungen sehr edel aus, vor allem wenn die Folie selbst eine Struktur hat. Spannend kann auch die Kombination mit anderen Materialien sein: einer farbigen Fadenheftung etwa, Streichholzreibeflächen (bitte sparsam wegen des enthaltenen Phosphors) oder leitender Farbe. Zum Glück gibt es inzwischen viele Papierhersteller und Druckereien, die Experimenten aufgeschlossen gegenüberstehen. Mit ihnen zusammen können Artworks entstehen, die sich deutlich vom Drucksachen-Durchschnitt abheben.
Spezielle Papiere für spezielle Projekte
Ob mit Gras, Stroh oder Hanf, ob aus recycelten oder frischen Fasern, ob hellblau oder tiefschwarz – mit besonderen Papieren lassen sich ebenso besondere Printprodukte realisieren.
- Ergänzend dazu finden Sie hier Links zu den Bezugsquellen & weiteren Infos zu speziellen Papieren.
- Wer sein Printprojekt veredeln möchte, kann dabei die Umwelt im Blick haben. Wir zeigen umweltfreundliche Veredelungen.
- Mit Farbe, Folie, Schrift oder Mustern. Wir zeigen inspirierende Beispiele für Schnittkanten und erklären den technischen Hintergrund
Dieser Artikel ist in PAGE 05.2021 erschienen. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.