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Spezielle Papiere für besondere Printprojekte

Ob mit Gras, Stroh oder Hanf, ob aus recycelten oder frischen Fasern, ob hellblau oder tiefschwarz – mit besonderen Papieren lassen sich ebenso besondere ­Print­produkte realisieren. Schauen Sie selbst!


Reif für die Insel: In der Broschüre »Full Irish Breakfast Tour« beweist Fotograf Christian Mader mit stimmungsvollen Fotos auf Metapapers ecoFibres – hier Jute und Straw –, dass Bilder auch oder gerade auf Naturpapier toll aussehen. Die weiße Schrift auf dem Cover kam im Indigo-Digitaldruck aufs schwarze Papier.

Es wird weniger gedruckt. Daran ist auch die Pandemie schuld – wer braucht momentan etwa Visiten­karten? Gleichzeitig stehen Printerzeugnisse, gerade auch Packagings, aus besonderen Papieren hoch im Kurs: Sie transportieren Emotionen und wecken den Wunsch, sie nicht nur anzuschauen, sondern auch an­zufassen. Grund genug für Kreative, bei jedem Projekt zu überlegen, ob es wirklich ein Standardpapier sein muss oder ob sich die Mehrkosten für eine spezielle Sorte durch den haptischen Effekt nicht vielleicht rechnen. Möglichkeiten gibt es jedenfalls genug.

Custom Paper: Farbe, Farbe, Farbe

Auf diesem Gebiet ist die Papierfabrik Gmund Vorreiter, schon 1910 produzierte sie das erste bunte ­Papier. Heute sind es über 300 Töne, darunter die 48 des Gmund-Colors-Systems. Auf Basis einer Analyse des Farbauswahlprozesses bei Designern entwickel­te Gmund ein übersichtliches System: 48 Farben, aufgeteilt in acht Reihen mit jeweils sechs Tönen. Einige gibt es zudem in den Oberflächen Matt, Felt, Metallic und Transparent. Und wer trotzdem nicht die richtige Farbe findet: Ab einer Mindestabnahme von drei Tonnen fertigt Gmund ein Custom Paper.

Lochkarte: Zum 30. Geburtstag der Musikakademie New World Symphony in Miami Beach gestaltete die Agentur Seraph aus Gmund Colors eine Einladung, die – zusammengesetzt aus Tausenden kleiner Lasercuts – die Eröffnungszeilen des Gedichts »Ode« von Arthur O’Shaughnessy zitiert: »We are the music makers, and we are the dreamers of dreams.« Als weitere Veredelung kamen Heißfolien­prägungen hinzu. Bild: www.berg12.de Michael Namberger All rights reserved

 

Pappe statt Plastik: Rik skog ist zwar schwedisch und bedeutet »reicher Wald«, das gleich­namige Unternehmen aber kommt aus Tokio. In seinem Onlinestore verkauft es diese wunderbaren Kleiderbügel aus Gmund Colors. Für einen farbenfrohen Kleiderschrank Bild: LISA KERP

Mondi reagierte kürzlich auf den Trend zur Farbe mit der Erweiterung des Pergraphica-Sortiments. Das in Österreich gefertigte Frischfaserpapier wird gerne für hochwertige Verpackungen eingesetzt und um­fasst jetzt 31 Töne: je zehn satte, helle und gedeckte Farben sowie ein Infinite Black.

Bild: GREGORURABL.AT

Wow-Effekt: In der »Wow Box« präsentiert Mondi sechs Falt-schachteln aus den neuen gedeckten Farben der Sorte Pergraphica. Aufwendige Veredelungen wie Prägun­gen, Microembossing oder Lasercut liefern jede Menge Inspiration für hochwertige Verpackungen.

Metapaper bietet mit Colors ein Papier in 15 Farben an, das sich besonders für die HP-Indigo-Maschinen eignet – dank der von Mohawk entwickel­ten i-tone-Technologie. Dabei handelt es sich um eine spezielle Oberflächenbehandlung, die im Digitaldruck eine sehr gute Tonerhaftung ermöglicht. Die Colors-Range lässt sich aber auch für andere Druckverfahren wie Offset oder Letterpress nutzen.

Um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, sollte man im Vorfeld überlegen, was man wie auf farbiges Papier drucken möchte und eventuell sogar beim Andruck dabei sein. Vor allem bei dunklen oder gar schwarzen Papieren ist es außerdem sinn­voll, zu den etwas teureren, durchgefärbten Sor­ten zu greifen. So lässt sich verhindern, dass bei Ver­packungen oder Covern an den Falz- oder Beschnitt­kanten hässliche weiße Blitzer entstehen.

Graspapier auf dem Vormarsch

Optisch und haptisch besonders attraktiv sind Papiere, bei denen ein Teil des Zellstoffs durch andere Fasern ersetzt wird. Immer beliebter wird das Graspapier, weil seine Herstellung im Vergleich zu herkömmlichen Sorten sehr viel Wasser, Chemie und Energie spart und Gras deutlich schneller wächst als ein Baum. Allerdings sind die Grasfasern nicht so stabil, weshalb ihr Anteil meist nur bei 10 bis 30 Prozent, in seltenen Fällen auch 40 Prozent liegt. Graspapier-Erfinder Uwe D’Agnone arbeitet mit seinem Unternehmen creapaper aber daran, den Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen. Bislang begegnet uns Graspapier vor allem als Obstverpackung im Einzelhandel oder als Notizblock, Geschenkpapier, Tisch­ka­lender oder Briefumschlag. Schön wäre, es künf­tig öfter auch in Gestaltungsprojekten zu sehen!

Seit Kurzem stellt Mondi in Österreich die Sorte IQ Grass+Packaging mit einem Grasfaseranteil von 30 Prozent in 95 und 120 Gramm her. Ausgelegt ist es für den Flexodruck, in dem die Ansprüche an die Reißfestigkeit nicht so hoch sind wie etwa im Offset. Da Flexodruck das am häufigsten eingesetzte Druckverfahren für Verpackungen ist, sieht Mondi hier und in Tragetaschen das vorrangige Anwendungsgebiet. IQ Grass+Packaging ist außerdem für Lebensmittel zertifiziert.

Tragfähig: Mondis neue Sorte IQ Grass+Packaging enthält 30 Prozent Grasfasern und eignet sich vor allem für Verpackungen und Einkaufstaschen.

Problematisch beim Graspapier ist das Recycling. Es darf ins Altpapier geworfen werden, doch bleiben die Graseinsprengsel im Wiederaufbereitungsprozess erhalten und sind in neu entstehenden Sorten zu sehen – ein möglicherweise unerwünschter und nicht planbarer Effekt.

Neben Gras finden auch andere Zellstoffalternativen Verwendung. Metapaper und Gmund etwa haben Sorten mit Stroh und Hanf im Programm, und bei Hahnemühle gibt es neuerdings vegane Künstler­papiere aus Agave, Bambus und Hanf. Gerade Letzte­rer eignet sich mit seinen langen und stabilen Fasern gut als Zellstoffersatz, deshalb bietet Gmund eine Variante mit 50 Prozent und sogar eine komplett aus Hanf an. Außerdem sind die Fasern von Natur aus sehr hell und müssen nur wenig gebleicht werden.

Tee metallic: Das nassfeste, perlmuttartig gestrichene und leicht geprägte Haftetikettenpapier HERMApearly sun verschönert die Aluminiumteedosen des Onlineshops Mein Genuss. Clormann Design gefiel vor allem die strukturierte Oberfläche, die für eine angenehme Haptik sorgt. Die Etiketten der fast 100 Sorten wurden von Hand aufgeklebt.

Abfall wird Papier

Baumwolle kann dank ihrer stabilen Fasern ebenfalls ohne Zellstoff auskommen. So das von Mohawk produzierte Papier Pure Cotton. Millionen Tonnen von Textilien werden jedes Jahr weggeworfen, warum also nicht weiße T-Shirts sammeln, zerkleinern und Papier daraus machen? Die so entstandene Sorte – das bei Metapaper erhältliche Pure Cotton T-Shirt White – ist 324 Gramm dick und ideal für Letterpress.

Bitte nicht rauchen: Auf der Website https://gmundhanf.com präsentiert die Papierfabrik Gmund sehr launig ihr Hanfpapier. Notizblöcke und Postkarten kann man dort ebenso bestellen wie A4-Bogen. Zur Hälfte oder komplett aus Hanffasern. Bild: www.berg12.de

Auch Produktionsabfälle können im Papier landen: Favini etwa bietet Crush mit Reststoffen aus der Verarbeitung von Mais, Zitrusfrüchten, Trauben, Kiwis, Oliven und Mandeln an, jedoch maximal 15 Pro­zent. Einen Schritt weiter geht PaperWise: Bei den Sorten der niederländischen Firma stammt ein großer Anteil aus den Resten landwirtschaftlicher Erzeugnisse wie Reis, Weizen, Gerste oder Zuckerrohr. Der Mindestanteil beträgt 50 Prozent. Darüber hinaus gibt es Papiere und Kartons die zu 100 Prozent aus landwirtschaftlichem Abfall bestehen.

Wer es nachhaltig möchte, kann natürlich auch Recyclingpapier wählen – hier gibt es mittlerweile eine große Auswahl auch farbiger Sorten. Evercolor von Berberich Papier etwa oder Steinbeis Color von Steinbeis Papier. Metapaper hat mit Black sogar ein schwarzes Recyclingpapier im Programm. Es besteht komplett aus Resten, die in der französi­schen Papier­fabrik Mandeure anfallen, sie werden gesammelt und dann schwarz eingefärbt. Für starke Kontraste eignet sich die Metapaper-Sorte Black & White in 300 Gramm. Sie besteht aus je 150 Gramm schweren, aufeinanderkaschierten Bogen Black und White. Die Druckqualität auf Recyclingsorten steht der auf Natur­papieren kaum noch nach. Ein schönes Beispiel für eine recycelte, dabei sehr weiße Sorte mit homogener Oberfläche und warmer Haptik ist das neue, von Römerturm vertriebene Lönneberga grön von Lessebo.

Keine Farbe, keine Bleiche: Für die brandneuen Urkornhof-Verpackun­gen kam Gmunds No Color No Bleach in 300 Gramm zum Einsatz. Die Front gestaltete Clormann Design mit Etiketten aus dem leicht strukturierten Naturpapier Martelle Blanc und ließ das Logo darauf prägen. Ein Sicht­fenster simuliert den Blick auf die Körner. Bild: Copyright (c) 2017 Shutterstock. No use without permission.

Verarbeitung besonderer Papiere: Expertenrat einholen

Wie aber bedruckt und veredelt man besondere Papiere? Generell muss man bei Naturpapieren mit ihrer ungestrichenen Oberfläche daran denken, dass im Standardoffsetdruck die Farbe tief ins Material eindringt und so meist etwas matter wirkt als bei gestrichenen Papieren. Auch das Volumen muss man im Blick behalten: Je höher, desto schöner die Haptik, aber desto rauer auch die Oberfläche – das kann den Druck möglicherweise wolkiger machen.

Beim Einsatz dunkler Papiere ist zu beachten, dass abgesehen vom Siebdruck alle Farben lasierend, also durchscheinend sind. Gelb auf schwarzem Papier etwa würde zu einer dunkelbraunen Mischfarbe. Will man eine helle Farbe oder gar Weiß drucken, sollte man Sieb- oder Digitaldruck wählen. Bei Letzterem gibt es zwei Technologien: Mit Toner etwa auf ­Ricoh-Anlagen lässt sich Weiß einfach als fünfte Farbe dazunehmen. Auf einer HP Indigo mit Electro­­Ink trägt man mehrere Schichten Weiß auf, damit dieses nicht zu transparent wird.

Lieber prüfen: Im Statistikheft für den Landkreis Unterallgäu, gestaltet von designgruppe koop, kamen Magno Satin für den Imageteil und Rainbow Coloured in Mittelblau für die rot gedruckten Statistiken zum Einsatz. Andreas Koop stand pünktlich beim Andruck an der Maschine, weil er sich überzeugen wollte, dass beim Druck von Rot auf blaues Papier nicht etwa lila Matsch herauskommt. Zum Glück eine un­begründete Sorge.

Bei Veredelungen muss man die Beschaffenheit des Materials berücksichtigen. Generell geht mit Naturpapieren alles: Je weicher die Sorte ist – etwa solche mit hohem Baumwollanteil –, desto besser kommen Prägungen zur Geltung, weil sie tief ins Papier hineindrücken. Aus diesem Grund darf es aber auch nicht zu dünn sein, Metapaper empfiehlt Stärken ab 240 Gramm. Blind- oder Reliefprägungen und auch Stanzungen haben zudem den Vorteil, dass sie als mechanisches Verfahren umweltfreundlich sind.

Auf dunklen Papieren sehen Heißfolienprägun­gen sehr edel aus, vor allem wenn die Folie selbst eine Struktur hat. Spannend kann auch die Kombination mit anderen Materialien sein: einer farbigen Fadenheftung etwa, Streichholzreibeflächen (bitte sparsam wegen des enthaltenen Phosphors) oder leitender Farbe. Zum Glück gibt es inzwischen viele Papierhersteller und Druckereien, die Experimen­ten aufge­schlossen gegenüberstehen. Mit ihnen zusammen können Artworks entstehen, die sich deutlich vom Drucksachen-Durchschnitt abheben.

Sag’s mit Honig: Über diese von Clormann Design entwickelte und von Pinsker Druck und Medien produzierte Box aus dem zu 100 Prozent aus Altpapier bestehenden Gmund Used konnten sich Kunden der Druckerei freuen. Auf dem Deckel passt eine goldene Heißfolienprägung zur Farbe des eingelegten Honigs, ein goldener Tropfenverlauf wurde passgenau auf das Unterteil der Schachtel geprägt. Das Inlay der Box besteht aus Gmund Gold History. Der Honig selbst stammt aus den Bienenstöcken der Druckerei.

Spezielle Papiere für spezielle Projekte

Ob mit Gras, Stroh oder Hanf, ob aus recycelten oder frischen Fasern, ob hellblau oder tiefschwarz – mit besonderen Papieren lassen sich ebenso besondere Printprodukte realisieren.

Dieser Artikel ist in PAGE 05.2021 erschienen. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.

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