Neue Produkte verlangen nach kreativen, innovativen und nachhaltigen Verpackungen. Seit einiger Zeit stürmen immer mehr kleine, agile Designbüros den boomenden Markt des Packaging Designs. Wie Make Studio aus Hamburg. Im Interview erzählen die Gründer Franz Xaver Daublebsky und Michael Wagner, wie Melitta sie mit dem Branding inklusive Packaging für das neue Kaffeeerfrischungsgetränk ffeel: beauftragte.
Für ffeel:, ein neuartiges Erfrischungsgetränk von Melitta, entwickelte Make Studio aus Hamburg den Markenauftritt inklusive Packaging. Im Gespräch mit den Agenturgründern Franz Xaver Daublebsky (links) und Michael Wagner erfuhren wir, wie man auch als kleineres Designstudio an so einen Job kommen kann.
PAGE: Wie habt ihr es geschafft, als vier- bis fünfköpfiges Team einen solchen Auftrag an Land zu ziehen?
Michael Wagner: Der Hauptgrund war jedenfalls nicht, dass wir eine auf Packaging Design spezialisierte Agentur sind. Wir haben bislang ein paar Projekte realisiert, die auch Verpackungsgestaltung umfassten. Einen ganz besonders schönen Case – die hausgemachten Müslisnacks Ni’s – haben wir auf Behance gezeigt, Melitta hat sie gesehen und kam auf uns zu.
Franz Xaver Daublebsky: Allerdings hätten wir den Job fast nicht bekommen. Melitta hatte auch eine große Agentur zum Pitch eingeladen.
Wie habt ihr überzeugt?
Wagner: Zunächst haben wir in einem Rebriefing deutlich gemacht, dass wir schon wissen, was wir tun. Und sie suchten ja auch gar nicht den nächsten großen Packagingpartner. Für das Produkt ffeel:, das sich noch in der Entwicklung befindet, hat Melitta eine kleine Unit geschaffen, die Trends suchen, ausprobieren und schnell mal umsetzen soll. Das geht nur, wenn man mit einem agilen Partner wie uns arbeitet, bei dem die Wege kurz sind, die Budgets nicht gleich groß werden müssen und man dennoch zu hochwertigen Ergebnissen kommt.
Daublebsky: Für ein Traditionsunternehmen wie Melitta, das erst anfängt, in kleineren Strukturen zu agieren, gehört sicher mehr Mut dazu, mit uns zusammenzuarbeiten, als mit einer großen Agentur, bei der es sich rundum abgeholt fühlt. Schön, dass Melitta sich dafür entschieden hat, einen wirklich integrativen Weg mit uns zu gehen.
Was meint ihr mit integrativ?
Daublebsky: Das Team von ffeel: war sehr offen für unser Feedback und zum Produkt selbst. Wir haben etwa einen gemeinsamen Workshop veranstaltet, wo es um die Positionierung ging. Wie viel Melitta muss draufstehen? Muss es wirklich Heritage kommunizieren? Oder macht man nicht lieber ein neues, frisches Lifestylegetränk, bei dem der Name Melitta nur in der zweiten Zeile auftaucht?
Es ist ja offensichtlich das moderne Lifestylegetränk geworden.
Wagner: Genau. Und damit stand dann die nächste Frage im Raum: Wie muss ein Produkt aussehen, um eine urbane, trendorientierte Zielgruppe anzusprechen? Wir haben uns für eine Pfandflasche aus Glas entschieden, mit einer recht schlichten Typo. Die Serifenlose ist die Larsseit, die Serifenschrift eine leichte Modifikation der Lyon Display – die e gucken etwas freundlicher. Der Name Melitta taucht ganz unten als Absender auf: wie eine Signatur, jedenfalls ganz bewusst auf der Vorderseite.
Foto: Oliver Schwarzwald für Make Studio
Gibt es ffeel: schon zu kaufen?
Wagner: Das ist ein laufender Prozess. Zurzeit ist ffeel: in ausgewählten Cafés, Bars und kleinen Läden in mehreren Städten erhältlich, wir möchten lernen, wie es den Menschen gefällt. Auch dieser Weg ist für ein Traditionsunternehmen ungewöhnlich: Das Produkt nicht erst dann zu lancieren, wenn es hundertprozentig fertig ist, sondern es schnell herauszubringen und dann Schritt für Schritt anzupassen und bei Bedarf zu verbessern.
Schauen Marken beim Thema Packaging heute gezielt nach nicht so großen Agenturen, die einen eigenen Ansatz haben?
Daublebsky: Ich denke schon. Konzerne bilden inzwischen oft kleinere Teams, die erst mal Versuchsballons starten. Die steuern dann eher spezialisierte Studios mit moderneren Strukturen an. »Klein« bedeutet ja nicht unbedingt drei junge Leute frisch von der Uni. Das können genauso gut gestandene Designer aus großen Agenturen sein, die jetzt etwas Eigenes machen.
Ist es also eine eigenständige Bildsprache, die kleineren Studios die Chance bietet, auch an Packaging-Jobs für große Marken zu kommen?
Daublebsky: Zunächst mal muss man natürlich Aufmerksamkeit generieren. Am besten, indem man Projekte in diesem Bereich umsetzt und über unterschiedliche Kanäle streut. Und dann kann es wirklich den Unterschied machen, ob man einen eigenen visuellen Stil gefunden hat. In Zeiten von Behance, in denen es eine globalisierte Designsprache gibt und jemand aus Argentinien etwas gestaltet, das genauso gut in Deutschland hätte entstehen können, gar nicht so einfach.
Braucht man fürs Verpackungsdesign spezielle Fähigkeiten?
Wagner: Man muss fachlich schon ein wenig Ahnung haben und wissen: Welche Packagingarten gibt es? Welche kommen für den Kunden infrage? Und welche können sich auch kleine Unternehmen leisten? Für Ni’s etwa haben wir ganz einfache, verschließbare Tüten gewählt, die wir dann etikettiert haben, mittels Digitaldruck bei einer Onlinedruckerei. So kann Packaging günstig und trotzdem cool sein.
Daublebsky: Wichtig ist, übergreifend zu denken. Aber das steht für uns als Designstudio sowieso an erster Stelle: dass hinter der Idee eine Struktur steht, die alle möglichen Ausformungen des Designs trägt.
Wollt ihr künftig mehr Packagings machen?
Wagner: Es ist ein superinteressantes Thema, und wenn wir mehr Verpackungen von uns kommunizieren, werden auch mehr Jobs aus dieser Ecke kommen. Wir wollen aber nicht zu sehr in eine Nische abdriften. Für uns ist das Spannendste nach wie vor eine ganzheitliche Markendesignentwicklung. Gerne auch mit Packaging.
Foto: Make Studio
Noch viel mehr Inhalte zum Thema Packaging können Sie in der Titelgeschichte der PAGE 11.2017 lesen.
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