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Mutig, typografisch und bold: Plakate gegen Rechts

Es startete mit »Plakaten gegen Rechts«, die Designstudierende der FH Potsdam für ihren Campus gestalteten. Inzwischen haben sich Initiativen und Aktivisten angeschlossen, eine Website wurde erstellt und die Plakate sind in der ganzen Stadt zu sehen. Gerade auch vor den Wahlen diesen Sonntag in Brandenburg. Wir haben mit Beteiligten gesprochen.

Am Sonntag, den 22. September wird in Brandenburg gewählt und erneut muss damit gerechnet werden, dass die AfD viele Stimmen hinzugewinnt.

Gegen diesen Rechtsruck im Land stemmen sich die »Plakate gegen Rechts«, die Designstudierende der FH Potsdam gestaltet haben. Erst waren die Plakate nur auf ihrem Campus zu sehen, jetzt hängen sie in der ganzen Stadt. Initiativen und Aktivisten haben sich angeschlossen, eine Website trägt das Projekt weit über die Stadtgrenzen hinaus und auch ein Sozial-Media-Generator.

Es ist ein großartiges und ein kraftvolles Projekt, dass die erschreckenden und menschenverachtenden Aussagen der AfD vor Augen führt. Schwarz auf Rot, Weiß auf Blau, auf Orange und Schwarz. Danach kann niemand sagen, er habe nicht gewusst, wofür diese Partei steht.

Wir haben mit Beteiligten über die »Plakate gegen Rechts« gesprochen, über ihre Motivation, die Gestaltung, die Selbstermächtigung – und die Hoffnung, dass mehr Menschen wählen gehen.


Da die Autor:innenschaft mittlerweile über die ursprüngliche Gruppe von Studierenden und den Hochschulkontext hinausgeht und Beteiligte anonym bleiben möchten, veröffentlichen wir dieses Gespräch ohne die Namen der Gesprächspartner:innen.

Wann und wie ist die Idee zu eurer Campusaktion »Plakate gegen Rechts« entstanden?
Das war, nachdem die Correctiv-Recherche über das Geheimtreffen in einem Landhaus bei Potsdam veröffentlicht wurde, bei dem Pläne für eine Remigration geschmiedet wurden und auch Mitglieder der AfD dabei waren. Im Nachgang kam das Bedürfnis auf, darauf zu reagieren. Und da wir als Designende schließlich Informationen gestalterisch aufbereiten, um damit Menschen anzusprechen, haben wir uns entschieden, auf die schockierenden Enthüllungen mit wachrüttelnden Plakaten für unseren Campus zu reagieren. In der ersten Auflage haben wir sie auch noch selbst gesiebdruckt.

Auf den Plakaten sind Zitate zu lesen. Warum habt ihr euch dafür entschieden, sie in den Mittelpunkt zu stellen?
Diese Zitate verschiedener Politiker:innen der AfD zirkulieren auf Websites, in Sozialen Medien, Beiträgen, Chatprotokollen und auch im Print und zeigen die schrecklichen, menschenverachtenden Ansichten, die von diesen Menschen vertreten werden. Wir hatten dann die Idee, den Zitaten mit kontrastierenden Statements etwas entgegenzusetzen, aber gleichzeitig auch noch mal klarzumachen, was da eigentlich gesagt wird.

Selbstverständlich war es uns wichtig, nur Aussagen zu zeigen, die sich eindeutig belegen lassen. Ein oder zwei Zitate der allerersten Plakatauflage haben wir tatsächlich auch noch mal angepasst, als sich herausgestellt hat, dass sich dafür kein zweifelsfreier Nachweis finden ließ, und Personen, die aus der AfD ausgeschlossen wurden oder die ausgetreten sind, haben wir auch entsprechend markiert.

Es ist schockierend, was man auf den Plakaten liest, die sich ganz auf die Aussagen und die Schrift konzentrieren.
Das ist es und es macht die Ansichten deutlich, die von Menschen in der AfD vertreten werden. Wenn man nicht glaubt, dass sie so extrem sind, zeigen diese herausgestellten Zitate das noch mal sehr klar. Gerade auch dadurch, dass es so viele verschiedene Zitate nebeneinander sind, die fast den gesamten Raum der Plakate einnehmen.

Du hast die Schrift angesprochen und da ist der Font der Headlines noch mal besonders interessant. Denn er stammt von dem queeren Gestalter Adam Naccarato und ist inspiriert von zum Teil modernen, zum Teil historischen Protestplakaten und Publikationen der queeren Community. Neben den vier Headlines, »Jede:r Zweite hat nicht dagegen stimmt«, »Ich bin doch kein Nazi, aber …«, »So schlimm sind die doch gar nicht – Oma 1933« oder »Nazis wählen ist kein Protest«, wollten wir auch mit der ausgewählten Schrift selbst den AfD-Zitaten etwas entgegensetzen.

Wieso waren die ursprünglichen Plakate nur für den Campus gedacht?
Kurz nach der Correctiv-Veröffentlichung hat in Berlin die Nachwahl des Berliner Abgeordnetenhauses stattgefunden. Das war die erste Wahl, die unmittelbar bevorstand und auf dem Campus sind viele Leute, die hier studieren, aber in Berlin wohnen oder die Connections dorthin haben. Wir fanden, es sei ein guter Zeitpunkt, um mit den Plakaten für Aufmerksamkeit zu sorgen.

War das zu diesem Zeitpunkt ein reines Studierendenprojekt?
Es war insofern ein Studierendenprojekt, als es von Studierenden gemacht wurde. Es ist aber nicht in einem Kurskontext entstanden. Vor allem wollten wir Menschen ansprechen, die nicht wählen gegangen sind oder nicht wählen gehen. Denn auf unserem Campus wird es wahrscheinlich mehr von ihnen geben als Leute, die die AfD wählen. Das ist zumindest unsere Hoffnung. Deshalb war die erste Headline, mit der wir die Plakate versehen haben, auch »Jede:r Dritte hat nicht dagegen gestimmt«. Denn die Kombination aus Nichtwähler:innen und AfD-Wähler:innen hat bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl 2021 genau ein Drittel betragen. Nach den diesjährigen Europawahlen mussten wir die Zahl leider auf »Jede:r Zweite« ändern.

Wie war die Resonanz auf die Campus-Plakate?
Innerhalb der Studierendenschaft haben wir öfter gehört, dass sie diese Ohnmacht, die man gegenüber den Entwicklungen spürt, etwas aufgefangen haben, man sich etwas weniger alleine mit seiner Angst fühlte und sie auch zu Gesprächen angeregt haben.

Gleichzeitig sind aber der Großteil der Plakate in den folgenden Tagen und Wochen verschwunden. Es ist wahrscheinlich, dass sie von Menschen abgerissen wurden, die etwas gegen die Motive hatten. Außerdem sind auf dem Campus in letzter Zeit vermehrt rechte Sticker aufgetaucht. Wir nehmen an, dass es Leute von außerhalb sind, die auf den Campus kommen. Man merkt jedenfalls, dass diese Kräfte versuchen, sich sichtbar zu machen.

Umso besser, dass eure Plakate jetzt auch sichtbarer geworden sind. Sie hängen mittlerweile auch in der Stadt selbst.
Bevor das passiert ist, gab es allerdings noch verschiedene Auflagen auf dem Campus selbst. Erst in den Wochen vor den Europawahlen, und dann, nachdem bei den Europawahlen sogar jede:r Zweite entweder eine rechte Partei oder gar nicht gewählt hat, noch einmal vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.

Die Hochschule, an der wir studieren, ist Mitglied im Bündnis Potsdam bekennt Farbe und auf einer der Versammlungen des Bündnisses ist der Verein Queeres Brandenburg in Trägerschaft von Katte e.V. auf uns zugekommen. Sie wollten die Plakate noch einmal selbst herausgeben, sodass auch andere Leute sie abholen und plakatieren können.

In diesem Zuge ist das Projekt auch über unseren Fachbereich Design hinausgewachsen, indem Menschen aus anderen Fachbereichen, wie zum Beispiel der Sozialen Arbeit, oder auch Menschen, die nichts mit unserer Hochschule zu tun haben, halfen, das Projekt voranzubringen.

Und eine Website gibt es auch.
Das Projekt wurde quasi von Dritten adaptiert, einmal in Form der Plakatierung in Potsdam und dann das Webformat, das noch über den Potsdamer Kontext hinausgeht. Darüber sind wir sehr glücklich, auch über den Social-Media-Generator, der auf der Website zu finden ist. Dessen Potenzial, sich eine eigene Botschaft zusammenzustellen, ist sehr cool. Wählt man erst eins der 31 Zitate aus, kann man dazu ein Statement und eine Farbe wählen und das in seinen Stories ganz einfach teilen.

Zur Wahl des Brandenburger Landtags am 22. September sind die Plakate jetzt zahlreich in Potsdam zu sehen.
Wir haben einige Rückmeldungen bekommen, wie toll die Leute das finden. Zudem haben sich bei Queeres Brandenburg die Universität Potsdam und auch Bücherläden gemeldet und um Plakate gebeten, um sie bei sich oder in ihren Schaufenstern aufzuhängen.

Wie fühlt es sich diese Art der Selbstermächtigung an, nicht nur schockiert auf die Entwicklungen zu schauen, sondern selbst etwas zu machen?
Persönlich ist es ein sehr gutes Gefühl, nicht nur passiv zu sein, sondern etwas dafür zu tun, dass das Land, in dem ich lebe, so demokratisch wie möglich bleibt und offen für verschiedene Menschen ist.

Ich fand auch, dass die Rückmeldungen, wie gut es tut, mit seinen Gedanken und Ängsten nicht alleine zu sein, einem ein gutes Gefühl gegeben haben. Ganz abgesehen von konkreten Effekten jetzt. Denn ich befürchte schon, dass es in Brandenburg ein ähnlich böses Erwachen wie nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen geben wird. Aber die Community und die Synergien, die entstehen, das Teilen von Sorgen und Gedanken und auch, dass da andere sind, die die Energie haben, etwas zu tun gegen diese furchtbare Entwicklung, ist sehr bestärkend.

Wie wird es nach den Wahlen am Sonntag weitergehen?
Mittlerweile haben wir keine Wahltermine mehr auf den Plakaten. Denn ihre Botschaft ist ja universell und kann auch unabhängig von Wahlterminen genutzt werden. Und da es ja leider auch nicht so ist, dass sich die Umstände ändern, wollen wir die Aktion zur Bundestagswahl im nächsten Jahr weiterführen.

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