Multichannel-Kommunikation
Ab sofort im Handel: PAGE 05.2010
Editorial: Drum prüfe …
Müssen wir wirklich auf allen Hochzeiten tanzen? Und nun auch noch das Tablet schwingen? Klar, auch wenn sich das iPad erst noch als Katalysator für Erlöse aus elektronischen Verlagsangeboten erweisen muss, bald werden fast alle Medien auf einer digitalen Infrastruktur basieren: Radio, TV, Online, Mobile, Out-of-Home, Bücher, Zeitungen, Magazine. Und sie alle werden Tracking und individuelle Adressierungen von Nutzern ermöglichen sowie eine Fülle interessanter Daten liefern.
Darum fordern unsere Kunden auch nicht mehr nur medienadäquate Gestaltung, eine Kampagne oder Kreation. Angesichts der wachsenden Konkurrenz und Transparenz sind jetzt erst recht hochrelevante, zielgruppen- und kanalspezifische Leitideen gefragt, die in eine smarte Contentstrategie münden. Und machen wir uns nichts vor, das iPad wird die Anforderung noch einmal erhöhen, erlaubt es doch nicht, mehrere Applikationen gleichzeitig zu öffnen. Der User wird sich noch strikter für das bessere Angebot entscheiden.
Was aber, wenn Apple ihr System nicht öffnet und wir überhaupt keinen Aufschluss mehr über den Anwender und seine Vorlieben bekommen? Was, wenn sich die tastaturlosen Tablet-PCs tatsächlich durchsetzen, was wird dann aus dem vielbeschworenen Mitmach-Internet? Welche Rolle spielen dann noch Weblogs? Wird der User womöglich wieder zum reinen Content-Konsumenten, indes immer weniger Content-Produzenten für den kreativen Part weiterhin flexible und leistungsstarke Rechner nutzen? Wird der User erst recht hyperpersonalisierte Streams aus atomisierten Inhalten verlangen, so wie es Martin Langeveld prognostiziert? Werden sich Nachrichten, Social Media und Markenbotschaften vollends vermischen? Müssen wir uns komplett neu erfinden, neu koalieren?
Die Antwort fällt noch schwer. Mit dem iPad betritt schließlich nicht nur ein weiteres Endgerät die Multichannel-Bühne. Nein, wir stehen einer neuen Geräteklasse gegenüber. Und Hardware verändert den Inhalt, Werkzeuge das Denken. Die Auswirkungen auf die Kauf- und Kommunikationsgewohnheiten, aufs Kreativbusiness und auf Medienschaffende sind unvorhersehbar.
Gleichwohl, jetzt gilt es, sich integriert aufzustellen und die Kommunikation zu orchestrieren (siehe Titelgeschichte Teil 1, Seite 22 ff.); die Workflows auf das medienübergreifende Publizieren abzustimmen, Tools und Serviceunternehmen zu sondieren und die neuen Potenziale auszuloten (siehe Titelgeschichte Teil 2, Seite 88 ff.).
Ja, das alles ist unsere Hochzeit! Wie sonst sollten wir uns schließlich die Medien- und damit Beratungskompetenz bewahren – und nicht nur nach jedermanns Geige tanzen.
Gabriele Günder,
Chefredakteurin/Publisher
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Schlagwörter:
Kreativbranche
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