Geschäftsberichte bieten immer häufiger einen Mix aus Microsite und interaktivem PDF. Eine gute Möglichkeit, den verschiedenen Zielgruppen gerecht zu werden – man gewinnt auch Spielraum für Interaktion und Storytelling.
Analysten und Investoren, Banken und Lieferanten, Menschen, die sich auf der Suche nach einem Job über ein Unternehmen informieren wollen, oder recherchierende Journalisten – die Zielgruppe eines Geschäftsberichts ist äußerst heterogen. Früher begegnete man dieser Herausforderung mit gedruckten Reports – oft hervorragend gestaltet und aufwendigst veredelt und produziert –, die im vorderen Part, dem Imageteil, Geschichten zum Unternehmen und seinen Mitarbeitern erzählten und im hinteren Abschnitt die Zahlen präsentierten. Das führte jedoch dazu, dass viele Analysten einfach die Seiten mit den Finanzinformationen herausrissen und den Rest in den Müll warfen. Was für eine Verschwendung!
Inzwischen fängt man die unterschiedlichen Zielgruppen mit sogenannten hybriden Geschäftsberichten ein, die aus einem PDF – bestenfalls interaktiv mit Verlinkungen und Möglichkeiten zur Navigation – und einer Microsite bestehen. Waren es 2017 und 2018 nur 27 Prozent der DAX-30-Unternehmen, die neben dem PDF einen One-Pager oder eine etwas umfangreichere HTML-Umsetzung hatten, stieg die Zahl 2019 auf 35 Prozent. Full-HTML-Lösungen, bei denen der gesamte Report fürs Web aufbereitet ist, liegen seit 2017 konstant bei rund 25 Prozent. Das besagt die »Analyse Geschäftsberichte 2019« der Agentur HGB Hamburger Geschäftsberichte, die sich unter www.hgb.de anfordern lässt.
Hybride Berichte: Stärken klug kombinieren
Bei dem Hybrid-Konzept ersetzt die Microsite vor allem den Imageteil des gedruckten Berichts und nutzt mit Bildergalerien, Animationen und Videos die vielfältigen Möglichkeiten des digitalen Storytellings. Das PDF wiederum präsentiert übersichtlich die Zahlen und ist perfekt für Analysten und Investoren. »Wichtig für den hybriden Geschäftsbericht ist es, tolles Design mit guter User Experience zu verbinden«, meint Peter Poppe, Geschäftsführer von HGB. »Es geht um die kluge Kombination der Stärken der jeweiligen Formate. Eine HTML-Version des Zahlenteils etwa, der bei großen Unternehmen auch schon mal 100 Seiten haben kann, bietet keinen Mehrwert. Da ist das PDF ein gelerntes, ausgezeichnetes Tool, das hohes Vertrauen genießt.«
Bei der Frage, ob die HTML-Umsetzung des Berichts besser auf einer Microsite stattfindet oder als Teil der Gesamt-Website, bietet Ersteres einige Vorteile. »Es ist zu erwarten, dass die mobile Nutzung von Reports – sei es auf dem Tablet oder auch auf dem Smartphone – zunimmt«, so Peter Poppe. Daher muss die HTML-Version natürlich responsiv sein. »Es ist einfacher, mit einer kleinen, schlanken Microsite alle Anforderungen an Responsivität zu erfüllen«, erklärt Poppe. Auch Dirk Habenschaden, Senior Design Director Digital bei hw.design in München, sieht die Microsite im Vorteil: »Bei der Corporate Website weiß man oft nicht, was aktuell ist und was schon älter, und sie fokussiert sich nicht auf den Geschäftsbericht.«
Geschäftsberichte: Zahlen im Kontext
Den Geschäftsbericht für BMW Group gestaltet hw.design bereits seit 2001, seit 2011 mit eigener Microsite – 2019 allerdings erstmals »Online first«. »Intelligent Reporting« nennt die Agentur ihren Ansatz, die Zahlen und Fakten in ein ganzheitliches Storytelling einzubinden. Praktisch sieht das so aus, dass https://geschaeftsbericht.bmwgroup.com/2019/ das Geschäftsjahr in dreizehn Kapiteln mit schönen grafischen Zahlenvisualisierungen präsentiert. »Wir wollten die wichtigsten Kennzahlen nicht nur darstellen, sondern in einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang setzen, um so auf das Informationsbedürfnis und die Interessen der heterogenen Zielgruppen einzugehen«, sagt Dirk Habenschaden.
So kann man sich zu den meisten der Kapitel einen Fünfjahresvergleich, eine kurze textliche Zusammenfassung sowie einen ›Kontext‹ anzeigen lassen, bei den Forschungs- und Entwicklungsleistungen etwa einen Bericht über die Erfolge bei der Elektromobilität. »Das macht natürlich deutlich mehr Arbeit, denn wir wollten ja keine Pressemitteilungen benutzen, sondern verständliche, redaktionelle Texte.« Am ehesten dem klassischen Imageteil entsprechen die drei aufwendig vor Ort gedrehten Videoreportagen, in denen Rob, Faith und Sachiko aus den Niederlanden, Südafrika und Japan als Testimonials von ihren Erlebnissen mit ihrem Fahrzeug erzählen.
Relevante Inhalte des Geschäftsberichts bereitete hw.design auch für Social Media auf – in der Finanzkommunikation werden diese zwar verhaltener genutzt als anderswo, ihre Bedeutung nimmt aber zu. »Komplexe Finanzthemen für alle Stakeholder zugänglich zu machen bedeutet für uns auch, die Inhalte zielgruppenorientiert in den jeweiligen Social-Media-Kanälen zu teilen«, sagt Dirk Habenschaden. »Die Kennzahlen publizieren wir eher auf LinkedIn und Twitter, die Reportagen finden auf Instagram ihren Platz.«
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