Die Kreativen von LIT aus Berlin haben Fuego Fonts gelauncht, eine Foundry, die wie eine Branding-Agentur denkt und gestaltet und in Zeiten von KI auf Craft und Langlebigkeit setzt – und auf einen uniquen Style. Wir haben den Foundern einige Fragen gestellt.
Schrift hat schon immer eine zentrale Rolle in ihrer Gestaltung eingenommen und so haben sie jetzt Fuego Fonts gelauncht, eine Foundry, die in Zeiten generativer Fonts und unsicherer Lizenzmodelle auf Handwerk und Langlebigkeit setzt.
Wie ist die Idee zu Fuego Fonts entstanden? Christopher Leidinger: Type Design war eigentlich immer Teil unserer DNA. Livius, einer unserer Mitgründer zum Beispiel, ist ursprünglich Type-Designer und kam darüber zum Branding. In der Vergangenheit haben wir Schriften für große Unternehmen wie Volkswagen, Hyundai oder Eon mitgestaltet, die deren Identitäten stark geprägt haben. In unseren Branding-Projekten spielt Typografie immer eine sehr große Rolle, da wir davon überzeugt sind, dass Schrift eines der wichtigsten Assets ist, um Marken einzigartig zu machen und klar zu positionieren. Irgendwann lag es auf der Hand, dass wir unsere Branding- und Type-Erfahrung noch stärker bündeln wollen: mit einer eigenen Brand Type Foundry.
Und was bringt das Feuer von Fuego Fonts zum lodern?
Das ist vor allem die Kombination aus Leuten, die hier bei uns an der Foundry arbeiten und alle wirklich on fire sind. (lacht)
Angefangen bei den markenstrategischen und visuellen Konzepten, über das detaillierte Feilen an einzelnen Characters, dem technischen Ausbau, dem Testing, Motion Design, Webshop und Social Media und das Gestalten der Brand-Cases, aber auch Management und Kommunikation. Am Ende sind es sehr viele Disziplinen, die hier zusammenlaufen und Fuego ausmachen. Wir haben natürlich den großen Bonus, dass wir durch unsere Agenturarbeit bei LIT ohnehin ein eingespieltes Team sind.
»Wir konzipieren eine Schrift wie ein komplettes Branding-Projekt«
Ihr sagt, dass Fuego Fonts wie eine Branding-Agentur denkt und handelt. Und auch auf der Website sieht man, wie sehr Marken im Mittelpunkt stehen.
Wir sind als Branding-Agentur ja quasi immer direkt an der Quelle, wenn es im Design-Prozess um die Auswahl der Schriften geht. Wir sehen dabei immer wiederkehrende Probleme auf Kundenseite: Fehlende Transparenz oder Verständnisprobleme beim Kauf von Schriften, sowie Lizenzmodelle, die für Unternehmen nicht sehr praktikabel sind.
Für viele ist dabei ein hoher Grad an Flexibilität wichtig: Von der Beratung beim einfachen Schriftkauf im Webstore mit dem passenden Lizenzmodell, über punktuell individualisierte Versionen von existierenden Schriften mit angepasstem Schriftnamen, bis hin zu ganzheitlichen Custom-Type Projekten. Dabei stellt sich zunehmend heraus, dass ein Custom-Font für sehr viele, immer mehr auch mittelständische Unternehmen, die bessere Lösung ist. Als Agentur sehen wir all diese Themen und als Foundry versuchen wir dann bestmöglich zu beraten, zu unterstützen und die beste Typo-Lösung für jede Marke zu finden.
Was genau sind die Aspekte aus dem Aufbau von Markenidentitäten, den ihr auf die Foundry übertragt?
Tatsächlich eigentlich fast alle. (lacht) Wir konzipieren eine Schrift wie ein komplettes Branding-Projekt. Von Strategie über Naming, Explorationsphase, systematische Ausarbeitung, bis hin zu Produktion und Kommunikation gleicht eine Schriftentwicklung sehr stark einem Markenentwicklungsprozess. Das hilft natürlich später den Unternehmen in der Anwendung, Auswahl und Integration der Schriften in ihre eigene Markenwelt.
»Craft wins!«
Was kann Schrift, was andere Brand Assets nicht können?
Schrift ist ein sehr faszinierendes Brand-Asset, weil sie zwar subtiler wahrgenommen wird als zum Beispiel ein Logo oder grelle Markenfarben, dennoch aber eine sehr intensive und nachhaltige Wirkung hat und dabei starke Wiedererkennbarkeit schafft.
Als Träger von Markenbotschaften, Claims und Headlines sind Schriften untrennbar mit dem Messaging von Marken verbunden. Die Art und Weise wie eine Marke spricht, welche Tone of Voice sie hat, kann durch eine eigene Schrift optimal unterstrichen und hervorgehoben werden. Die Schrift ist quasi das Gesicht zu der Stimme. Im Gegensatz zu Bildwelten, Illustrationen oder anderen Keyvisuals ist die Schrift in fast allen Kommunikationsmitteln enthalten und kann im besten Fall ohne andere Markenelemente funktionieren. Und das ist gerade heute wichtig. Denn in einer Welt, in der digitale Experiences sich immer mehr angleichen und gleichzeitig reduzieren, so wie wir es in den ganzen neuen KI-Tools sehen, bleibt Typografie eine der wenigen echten Markenassets, um Differenzierung und Einzigartigkeit herzustellen.
Warum genau ist sie in Zeiten von KI ein wichtiges Werkzeug zur Marken-Unterscheidung?
KI kann sicherlich auch genutzt werden um Neues und Ungesehenes zu schaffen, aber das bedarf eben auch wieder der gezielten Steuerung durch Menschen. Dass am Ende alles ganz einfach wird und alles von alleine passiert, ist ein Trugschluss. Wenn man KI einfach laufen lässt, entsteht dieser immer gleiche und qualitativ minderwertige Slop.
Das Zusammenspiel einzelner Markenelemente entscheidet über den Impact einer Marke. Und diese Kernelemente können nur sehr schwer durch KI generiert werden, da sie zu stark auf einer einzigartigen Idee oder einem strategischen Grundsatz basieren. Schrift ist eines davon, und genau deswegen hat sie das Potenzial besonders viel Markenidentität zu transportieren.
Handgemachte Fonts gegen generische?
Craft wins! Gerade im Font-Design bewahrheitet sich das einmal mehr. Natürlich gibt es auch hier einen gewissen Grad an Automatisierung der helfen kann. Am Ende ist hier der qualitative Anspruch auch zu hoch, als dass wir nicht am Ende in jedem Detail selbst Hand anlegen müssen. Das erleben wir im Brand Design aber tatsächlich genauso. Alle essentiellen Brand-Assets, ob Schrift, Logo, Illustrationen, Naming, Brand-Stories sind nicht einfach generierbar – auf dem qualitativen Level, das unsere Kunden und wir benötigen. KI spielt im Prozess oft eine Rolle, am Ende ist aber vor allem menschliches Urteilsvermögen, Erfahrung, Intuition und die finale Kuration das Wichtigste.
Monopolisierung und undurchsichtige Modelle
Ihr fahrt zweigleisig, bietet Custom Fonts, aber startet auch mit sieben eigenen Schriftfamilien mit selbstbewussten Namen wie »Unique, »Futurist« oder »Culture«. Wie kam die Auswahl der Schriften zustande?
Bei den Retail Fonts, die wir anbieten, haben wir vor allem aus unserer langjährigen Arbeit mit Brands geschöpft und daraus Needs für Marken abgeleitet. Dabei gibt es natürlich bestimmte Industrien oder Kategorien, die immer wieder auftauchen. Von Packaging- und Produkt-orientierten Fonts wie Picobello oder Getaway, über techy Fonts wie Roboter und Futurist, bis hin zu sehr minimalistisch-funktionalen Fonts wie der Culture. Hier sind wir aber erst ganz am Anfang. Ziel ist es, möglichst viele Bereiche abzudecken und Inspiration für Marken quer durch alle Märkte zu schaffen.
Ihr sagt, dass ihr mit einem transparenten und unkomplizierten Webshop-Lizenzmodell arbeitet. Was zeichnet es aus?
Wir sehen momentan eine umfassende Monopolisierung des Schriften-Marktes. Immer mehr unabhängige Foundries werden gekauft und Unternehmen sind abhängig von den teilweise sehr undurchsichtigen Lizensierungsmodellen. Wir erleben da eine sehr große Unzufriedenheit auf Seite der Unternehmen. Deshalb legen wir bei uns einen starken Fokus auf die Custom-Fonts und die Customisierung bestehender Fonts, die Brands dann uneingeschränkt nutzen können. Die Vision ist, dass in Zukunft jede Marke ihre Schrift uneingeschränkt nutzen kann und im besten Fall einen eigenen Custom-Font hat. Um unsere Schriften aber auch kleineren Brands und allen DesignerInnen zugänglich zu machen, bieten wir die Fonts aus unserem Katalog auch über einen herkömmlichen Shop an. Hier haben wir unser Bestes getan, monatelang entwickelt und gefeilt, um unser Lizenzmodell und Pricing so einfach und klar wie möglich aufzusetzen.