Was war eigentlich in der West-Berliner Designszene zwischen 1950 und 1990 los?
Viele spannende Grafikdesigner gab es in Berlin schon, als die Stadt noch geteilt und quasi eine Insel mitten in der DDR war. Jens Müller vom Düsseldorfer Studio vista, vielleicht der aktivste Experte für die Geschichte des Grafik-Designs in Deutschland, gibt in einem schönen Büchlein Einblicke in die damalige Gestalterszene.
Die Stadt war nicht zuletzt deswegen ein kreativer Schmelztiegel, weil viele junge Männer dorthin zogen, um sich dem Militärdienst zu entziehen. Wer in Berlin lebte, musste bei der Bundeswehr nicht mitmachen – vor allem in Kreuzberg bildete sich eine linksalternative Szene. Kein Wunder, dass die »taz« 1979 in Berlin gegründet wurde. Das Tatzenlogo entwarf damals Roland Matticzk von der Agentur sehStern auf einem Bierdeckel.
Andere bekannte West-Berliner Gestalter, die man im Buch kennenlernt, sind Jürgen Spohn, der mit poppigen Kulturplakaten Aufsehen erregte (siehe oben), oder Christian Chruxin, unter anderem für diverse politische Buchverlage tätig. Die Rowohlt-Reihe »das neue Buch« wurde mit schwarzweißen Coverbildern in pinker Umrandung zur Design-Ikone.
Von den ebenfalls von Christian Chruxin gestalteten Doppelseiten aus dem Buch »Klau mich« der 68er-Rebellen Fritz Teufel und Rainer Langhans lässt schon die Punk-Ästhetik grüßen:
Als weiteres Highlight stellt Jens Müller in seinem Buch die Plakate für den SFB vor, den Sender Freies Berlin. Das Designpaar Sigrid von Baumgarten und Hans Förtsch entwirft über hundert Plakate für die Konzertreihe »Musik der Gegenwart«.
Und hier noch eine Auswahl West-Berliner Logos aus den 1960er Jahren. Die Gestalter sind in vielen Fällen leider nicht mehr bekannt …
Jens Müller: West-Berlin Grafik-Design – Gestaltung hinter dem Eisernen Vorhang (A5/09) Optik Books, Düsseldorf 2019 152 Seiten. 28 Euro 978-3-00-063546-5 Bestellungen über www.a5design.de
Das Buch ist gekauft! -1970 war meine Zeit der Meinungsentwicklung, damals 13 war ich in West-Berlin, eingesperrt, in Unruhe, neugierig und orientierungslos, weil mir die neuen Werte so gut gefielen, aber auf Ablehnung bei meiner Umwelt trafen. Schön, noch einmal mit alten Augen auf das damals so Neue schauen.
Das Buch ist gekauft! -1970 war meine Zeit der Meinungsentwicklung, damals 13 war ich in West-Berlin, eingesperrt, in Unruhe, neugierig und orientierungslos, weil mir die neuen Werte so gut gefielen, aber auf Ablehnung bei meiner Umwelt trafen. Schön, noch einmal mit alten Augen auf das damals so Neue schauen.