Jetzt im Kino – und natürlich muss man den Film auf der großen Leinwand sehen: Wes Andersons Wüstenfantasie in leuchtenden Farben und mit umwerfenden Designs, jeder Menge Stars, Aliens und Atompilzen.
Mitte der Fünfziger Jahre findet in »Asteroid City«, einem Wüstenkaff, das neben einem Meteoritenkrater angesiedelt ist, der Sterngucker-Kongess für den Nachwuchs statt. Und in Begleitung der jungen Tüftler:innen und Junior-Astrolog:innen landet gleiche eine ganze Familien-Schar skurriler Gestalten im Nirgendwo.
Und die wird von den Wes-Anderson typischen Stars gespielt, zu der diesmal Scarlett Johansson, Tom Hanks, Steve Carell und Matt Dillon gehören, Margot Robbie, Liev Schreiber, Tilda Swinton, Edward Norton, Adrien Brody, Jarvis Cocker – und Jeff Goldblum als Alien.
Melancholie flirrt durch die heiße Wüstenluft, Sehnsucht nach Anerkennung, nach Liebe und Erfüllung, nach der jüngst verstorbenen Mutter, danach anzukommen oder aufzubrechen.
Erstmal aber stecken alle dort fest, weil das Gebiet nach einer UFO-Landung abgesperrt wurde und sie in Quarantäne sind.
Trockner Witz, Cowboy-Songs und zarte Liebeleien ziehen einen durch kurzweilige 104 Minuten. Vor allem aber ein Design, in das man sich voller Glück hinein lehnen möchte.
Denn unter einem überirdisch leuchtenden blauem Himmel changiert nicht nur die Geschichte, die gleichzeitig ein Theaterstück in einem Film ist, zwischen Realität und Fiktion und stellt infrage, was denn jetzt »echt« sei. Auch die Kulissen balancieren auf dem schmalen Grat zwischen perfekter Illusion und Pappaufbau.
Sieht die Kaktee da vorne nicht wie ausgeschnitten aus? Und auch der regelmäßig aufsteigende Atompilz im Hintergrund macht aus seiner Künstlichkeit kein Hehl.
Für jeden Film würde Wes Anderson ein animatic herstellen, hat sein langjähriger Kameramann Robert Yeoman der Filmproduktion Focus Feature erzählt. Das ist wie ein Storyboard, das Wes Anderson zeichnet, ein Comic, den er animieren lässt und mit seiner Stimme unterlegt und der dann die Grundlage für das Location-Scouting, das Set-Design und die Kostüme ist.
Stehen die Locations, machen sie gemeinsam jede Menge Tests. Die Kostümbildnerin Milena Canonero bringt Stoffmuster mit, die Setdesigner streichen Wände in unterschiedlichen Farben und dann filmen sie die Stoffe davor und so entsteht nach und nach das Farbkonzept.
Natürlich hatte Wes Anderson von Anfang an im Sinn, dass »Asteroid City« in diesen strahlenden Hellbau und Wüstensand-Beige spielen muss. Aber auch, dass Steve Carell als Motelbesitzer ganz in Mintgrün gekleidet ist? Dazu hat Milena Canonero einen kunstvollen Fifties-Style kreiert, lässt Röcke schwingen und versieht Cowboy-Jacken mit schönsten Illustrationen.
Für das das Grafikdesign war nach »Isle of Dogs« und »French Dispatch« erneut die Londonerin Erica Dorn zuständig, die für den Titel einen Custom Font zeichnete.
Gedreht wurde »Asteroid City« auf 35mm Film, einen Sommer lang in Spanien und ausschließlich mit natürlichem Licht – und spielt beständig mit der Frage, was eigentlich Realität ist. Und das in Bildern, die immer wieder in der Zentralperspektive ausgerichtet sind, dem Stilmittel, das die dreidimensionale räumliche Illusion in 2D ermöglicht.
Um dieses Spannungsfeld zu kreieren, braucht Wes Anderson keine KI zu bemühen. Vor der würde er sich sowieso fernhalten, hatte er in einem Interview vor dem Filmstart gesagt, denn er wolle sich seine eigene Fantasie auf keinen Fall verderben lassen. Da können noch so viele KI-Anderson-Spielereien in Internet kursieren, die seinen Stil zur Massenware verwässern. Auch dieses Setting ist wieder unique.
Asteroid City, USA 2023, Regie: Wes Anderson, 104 Min., Mit Scarlett Johansson, Tom Hanks, Steve Carell, Matt Dillon, Tilda Swinton uvm. Jetzt im Kino.