Corporate Design in Zeiten schnellen Wandels
Ab sofort im Handel: PAGE 09.2013
Editorial: Status – unstet
Was hat ein Chamäleon mit Corporate Design gemein? Nichts? »Don’t touch the logo?« – Hoffentlich haben auch Sie diesen Satz im vergangenen Jahrhundert zuletzt gehört. Da stopfte man nämlich noch alle Werte eines Unternehmens in ein einziges Zeichen, stellte strenge Richtlinien für dessen Anwendung auf und trieb dieses Vorgehen so lange auf die Spitze, bis die Erscheinungsbilder einander immer ähnlicher wurden und letztlich nur noch Starrheit, Sturheit und Trägheit vermittelten. – Chamäleon Design in höchster Perfektion: der Umgebung angepasst, in der augenblicklichen Stellung verharrend. Bitte nicht anfassen!
Nein, das hat nichts mit zukunftstauglicher Corporate Identity zu tun. Wandelbarkeit und Bewegung sind angesichts der neuen Technologien nicht nur möglich, sie sind Teil der Überlebensstrategie. Nicht zuletzt wegen Facebook und Co müssen sich Unternehmen als zugängliche Marken präsentieren, sprich mit einem wandlungsfähigen Erscheinungsbild, das Dialogbereitschaft und Community-Geist verkörpert. Und da können Designer dann eben doch vom Chamäleon lernen: Ihr Farbwechsel dient nämlich in erster Linie nicht der Tarnung, sondern der Kommunikation mit ihresgleichen. Die Bereitschaft zur Balz beispielsweise signalisieren sie mit auffälligeren Farben und Mustern.
Und es gibt noch ein Merkmal, das ein Chamäleon mit smartem Corporate Design verbindet: Es blickt gleichzeitig nach hinten, zur Seite und nach vorn; es vereint Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ja, angesichts agiler Geschäftsmodelle gewinnt die Beweglichkeit der Formensprache noch einmal mehr an Bedeutung. Sie muss Prozesse visualisieren und die jeweilige Identität erfahrbar machen.
Gleichwohl, im Volksmund steht das Chamäleon für Personen, die es verstehen, sich jeder Situation anzupassen, im positiven wie im negativen Sinne. Intelligente Adaption und Identitätsverlust liegen nur einen Schritt voneinander entfernt. Erscheinungsbilder und Kommunikationsstrategien, denen genau dieser Balanceakt gelingt – vom sich assimilierenden Logo bis hin zum Signet, das sichtbar wird, indem es sich versteckt –, siehe Titelgeschichte ab Seite 22.
Gabriele Günder,
Chefredakteurin/Publisher
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