»Kinder, geht doch mal an die frische Luft zum Schießen« – von Spielzeugwaffen bis Raumkapsel …
Schräge Bildwelten, charmante Illustrationen und jede Menge Vintage-Schriften sind in dem Wälzer »Toys« zu bestaunen, der US-Spielzeugwerbung aus der Zeit 1900 bis 2000 zusammenträgt. Zu den vielen Skurrilitäten gehören Waffen unterm Weihnachtsbaum, laut Werbetext ideal, um Jungs UND Mädchen zu motivieren, mal nach draußen zu gehen.
Tatsächlich sieht man in den 1920er Jahren Kinder beiderlei Geschlechts zusammen auch noch mit Eisenbahn oder Autos spielen, bis sich dann die Wege von Jungs und Mädchen im Spielzeugmarketing endgültig trennen. Derweil die Boys für den Mondflug trainierten, übten die Girls schonmal mit funktionierenden kleinen Staubsaugern oder dem »Suzy Goose House Keeping Set« die Hausarbeit …
Dass die Welt der in dem Band gezeigten US-Spielzeugwerbung so besonders bunt und vielfältig ist, liegt natürlich auch an den legendären Cerealien-Packungen, die Kinder beim Frühstücken mit Werbeangeboten für Spielsachen und ulkige Must-have-Gadgets unterhielten (1947 zum Beispiel ein Atombombenring). Viele amerikanische Designer erlebten sie als erste Begegnung mit der Popkultur und ließen sich als Erwachsene bei Illustration und Schriftdesign von diesen Reminiszenzen inspirieren.
In den 1970er kamen dann die »Star Wars«-Lichtschwerter und Darth-Vader-Masken, Lego und Play-Doh-Knete, die ersten Atari-Computer, aber auch verrückte Eintagsfliegen wie die »Hamster Habitrails«, futuristische Konstruktionen zum Selberbauen, in denen die Hamster wie in einer Art Raumstation umherklettern und -rennen konnten.
Zum Ende des Jahrhunderts scheinen die Rollenbilder fester zementiert denn je: Für Jungs ab 5 gibt‘s die Spielfiguren des schwerstbewaffneten »G.I. Joe Extreme«, derweil die Mädchen mit kleinen Küchen und Barbie spielen – immerhin kommen die ersten schwarzen Püppchen auf den Markt. Und Mädchen dürfen Auto fahren: mit dem pinkfarbenen, batteriebetriebenen Barbie Corvette.
Hier noch einige Einblicke in den Band »Toys«, jüngst beim Kölner Taschen Verlag erschienen.
Jim Heimann, Steven Heller: Toys. 100 Years of All-American Toy Ads. 528 Seiten, Texte dt., engl., frz. 30 Euro 978-3-8365-6655-1. Köln, Taschen Verlag 2021 Direkt beim Verlag bestellen