PAGE online

Jobprofil: Science Communication

Was macht ein Creative Team Lead in einem Forschungsunternehmen? Tabea Rauscher nimmt uns mit in ihre Arbeit für das European Molecular Biology Laboratory

Innenansicht eines modernen biologischen Forschungszentrums mit mehreren Personen, die sich unterhalten und interaktive Displays nutzen
Im EMBL werden Besucher:innen mit einer Dauerausstellung zum Thema Molekularbiologie begrüßt

Tabea Rauscher fällt am EMBL (European Molecular Biology Laboratory) sofort auf – offene Ausstrahlung, voller Enthusiasmus, eine herzliche Begrüßung. Sobald sie beginnt von molekularbiologischer Grundlagenforschung, nachhaltigem Wissenstransfer und der Kraft des visuellen Storytelling und Branding zu erzählen, wird deutlich, dass sie genauso gut »Wissenschaft« spricht, wie »Design« und noch viel wichtiger: zwischen beiden Disziplinen vermitteln kann.

Alle Artikel im Impuls: Future Skills

Überblick: Future Skills – neue Jobs und Chancen für Kreative | Interview Designerdock: Chancen für Generalist:innen und Neugierige | Jobprofil: Wissenschaftskommunikation | Jobprofil: Inclusive User Experience Design | Jobprofil: AI Brand Strategy | Data: Die bestbezahlten Kreativjobs 2024 | Community-Umfrage: Eure Future Skills

Werdegang: Vom strategischen Design zur Wissenschaft

Rauscher hatte bereits eine Karriere im strategischen Design, samt Awards und namhaften Agenturen wie Ogilvy und Scholz&Friends im Lebenslauf, als sie 2016 beschloss, ihrer Arbeit eine neue Richtung zu geben. »Es ging darum, meine Fähigkeiten als visuelle Übersetzerin dafür einzusetzen, die faszinierende Welt der Wissenschaft und deren Erkenntnisse besser begreifbar zu machen«, so Rauscher.

Ihre Leidenschaft fand sie, als sie in ihrer damaligen Agentur, wob AG, das EMBL in einem kleinen Strategieprojekt betreute und so erfuhr, dass das Institut zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Stelle für Art Direktion ausschrieb. Die Aufgaben: alle sechs EMBL-Standorte in fünf Ländern unter einer gemeinsamen »one EMBL« Brand vereinen, Design Leadership im Unternehmen etablieren und vor allem: innovative Wege finden, Wissenschaft nachhaltig zu kommunizieren.

Welche Skills dazugehören, erfahrt ihr auf einen Blick am Ende des Artikels!

Porträt einer lächelnden Frau mit lockigem Haar, die ein weißes Oberteil trägt und auf Außentreppen sitzt

Was macht eine Designerin in der Wissenschaftskommunikation?

Die Aufgaben, die Rauscher und ihr mittlerweile sechsköpfiges Team übernehmen, sind vielfältig. Es gehören Scientific Illustrations und klassisches Grafikdesign für alle Medienkanäle genauso dazu wie die Leitung von Workshops, in denen Wissenschaftler:innen lernen, ihre eigenen Forschungsergebnisse zielgerichtet visuell für Präsentationen und Proposals aufzubereiten.

Zudem gibt es im EMBL-Kreativteam eine Publication Managerin, die EMBLs corporate Publikationen sowie das Digital Asset Managementbetreut und eine Expertin zur Erstellung von Marketing-Materialien der EMBL-Konferenzen.

Eine Lehrerin in einem Klassenzimmer steht vor einer Tafel und spricht zu den Studenten. Sie trägt ein gemustertes Kleid und gestikuliert während ihrer Präsentation

»Design hat die Kraft, einen aktiven Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern«

Tabea Rauscher, Creative Team Lead, EMBL, Heidelberg

Rauscher selbst behält als Creative Team Lead alle Fäden in der Hand und vermittelt zwischen verschiedenen Designdisziplinen und den Wissenschaftler:innen am EMBL. In letzter Zeit steht sie aber auch immer häufiger auf der Bühne, um von ihrer wegweisenden Arbeit zu erzählen und anderen Instituten aufzuzeigen, wie Design in der Wissenschaft zum Treiber werden kann.

»Design hat die Kraft, einen aktiven Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern«, sagt die Designerin. »Es ist ein bisschen so wie mit verstreuten Blumen auf einer großen Wiese – es gibt viele spannende Erkenntnisse, es braucht nur jemanden, der sie bündelt und verständlich arrangiert, damit sie besser sichtbar werden.«

Ein moderner Arbeitsplatz mit verschiedenen Geräten wie Laptops und Tablets, die geöffnete wissenschaftliche und bildungsbezogene Websites anzeigen
Vielfältige Ausgabemedien und Aufgaben: Als Designer:in in der Wissenschaftskommunikation kann man illustrieren, layouten oder auf der Bühne stehen.

Arbeitsumfeld: International und modern

Die Arbeit in der Wissenschaftskommunikation ist abwechslungsreich und bedarf in Tabea Rauschers Fall auch einiges an internationalen Reisen zu Konferenzen und EMBLs anderen Standorten in ganz Europa. Arbeitssprache ist Englisch, und der Umgangston etwas formeller, als oft unter Kreativen gewohnt.

Dafür überträgt sich die Internationalität auch auf Teams und Arbeitsplätze – an über sechs Standorten hinweg arbeiten über 90 verschiedene Nationalitäten am EMBL zusammen. Gehälter im Bereich Design und Creative orientieren sich an den Mittelwerten der Designbranche.

Luftaufnahme eines großen Forschungskomplexes, umgeben von Wäldern, mit verschiedenen Gebäuden und Einrichtungen
Im EMBL in Heidelberg arbeiten über 90 Nationalitäten jeden Tag zusammen. Das Gelände ist zwischennationales Gebiet – Tabea Rauscher verlässt also jeden Morgen die Bundesrepublik auf dem Weg zur Arbeit

Chancen für Quereinsteiger:innen

Tatsächlich bewerben sich laut Rauscher auf die Stellen in der Wissenschaftskommunikation meistens Wissenschaftler:innen selbst, die in den wachsenden neuen Zweig einsteigen möchten. Allerdings fehlt ihnen in der Regel der gestalterische Hintergrund und die Kompetenz im Storytelling, die es braucht, um Forschungsergebnisse nicht nur zu begreifen, sondern auch zielgerichtet in verschiedenen Medien umzusetzen.
Kreative bringen demgegenüber die transformative Kompetenz und die Gestaltungsexpertise mit, müssen sich aber oft intensiv in wissenschaftliche Methodiken und Abläufe einarbeiten.

Ein farbenfrohes, abstraktes Collage-Kunstwerk, das verschiedene Tier- und Pflanzenarten zeigt, überlagert mit geometrischen Mustern
Event Branding für die Science and Society Conference: One Health. Alexandra Krolik/EMBL

»In Zeiten globaler Pandemien und Umweltkrisen ist die Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse zu kommunizieren essenziell, um Menschen verschiedenster Hintergründe zum Dialog zu befähigen«

Tabea Rauscher, Creative Team Lead, EMBL, Heidelberg

Die Nachfrage ist groß, die Menge an dezidierten Designer:innen in der Wissenschaftskommunikation aber klein – denn die besondere Mischung aus Skills für visuelle Wissenschaftskommunikation kann man zumindest in Deutschland an nur wenigen Standorten als Schwerpunkt  studieren. Die meisten sind – wie Tabea Rauscher selbst auch – Quereinsteiger:innen mit einem hohen Interesse an der Wissenschaft.

»In Zeiten globaler Pandemien und Umweltkrisen ist die Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse zu kommunizieren essenziell, um Menschen verschiedenster Hintergründe zum Dialog zu befähigen«, sagt sie. Das sei gleichzeitig Potenzial, Verantwortung und Relevanz eines fundierten Wissenstransfers.

Wissenschaftskommunikation: Job Skills & Eigenschaften

  1. Design Innovation & Leadership: oftmals müssen Kreative in der Wissenschaftskommunikation Teams von Grund auf zusammenstellen, Prozesse etablieren und in Forschungseinrichtungen viel Aufklärungsarbeit leisten, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu befähigen. Dazu gehören auch ein regelmäßiger Austausch mit der Institutsleitung, transparente Kommunikation mit den Wissenschaftler:innen und der gesamten Belegschaft über die verschiedenen Standorte hinweg.
  2. Neugier: Für die Arbeit in der Wissenschaftskommunikation braucht es eine Begeisterung für Forschung und Offenheit, um neue Abläufe, Zusammenhänge und Felder zu erkunden. Die wichtigsten Fähigkeiten dabei: unbändiges Interesse komplexe Themen durchdringen zu wollen, zum richtigen Zeitpunkt gute Fragen an relevante Stakeholder stellen, ein offenes Mindset für co-creation auf Augenhöhe zu haben und kreative Lösungen zu ermöglichen.
  3. Internationale Mittlerfähigkeit: ein Interesse an anderen Arbeits- und Denkkulturen sind Grundvoraussetzung für die Arbeit in der Wissenschaft. In Forschungsteams ist die internationale Zusammenarbeit gang und gäbe. Damit das Design in diesem Gefüge einen Mehrwert liefern und vermitteln kann, brauchen Kreative nicht nur gutes Englisch, sondern auch ein Feingefühl für verschiedene kulturelle Eigenheiten.
  4. Prozessdesign: Noch vor der visuellen Komponente sind in der Wissenschaft Prozesse zu gestalten. Denn auch in der Forschung findet Kreation statt, die davon profitiert, neue Wege zu gehen. Die besondere Perspektive von Designer:innen kann dabei helfen, eingeschliffene Prozesse zu hinterfragen, effizienter zu machen und mit Designmethoden neue Impulse für Innovation zu geben.

Dieser Beitrag ist erstmals am 22. Mail 2024 erschienen. 

Produkt: Download PAGE - Infografiken als Content-Marketing-Instrument - kostenlos
Download PAGE - Infografiken als Content-Marketing-Instrument - kostenlos
Cases aus Corporate Design, Marken- kommunikation und Edutainment – animiert, interaktiv und SEO-optimiert. Plus wichtigen Web-Services & Templates im Überblick

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte dich auch interessieren