raquo;Sehr lehrreich und sehr beängstigend«: Julian Assange und Jacob Appelbaum beim Symposium der Lead Awards 2013.
Eine interessante Entwicklung bei den Lead Awards – zumindest was das Symposium angeht, das der Preisverleihung am Freitag vorausging.
Neben einer spannenden Diskussion, die Adriano Sack (»I Like My Style«) mit den Machern von eigensinnigen Magazinen wie The Outpost, apartamento und The Gourmand und Tissue führte, einem Blick nach Ägypten, einem abwesenden David Carson, der sein Flugzeug verpasst hatte und einem souveränen Luke Hayman von Pentagram New York, der ein Best-of seiner Magazingestaltung präsentierte (der Mitarbeit am Relaunch des Sterns inklusive), stand die Politik im Mittelpunkt.
Mit der Einladung von Wikileaks-Gründer Julian Assange ist der Lead Academy ein Coup gelungen. »Wir wurden im Vorfeld immer wieder gefragt, ob Julian Assange persönlich hier sein wird« erzählte der Moderator. Doch das war natürlich unmöglich. Statt dessen wurde er aus der ecuadorianischen Botschaft in London, wo er im Juni 2012 Zuflucht gesucht hatte, zugeschaltet.
Aus seinem »Gefängnis« zugeschaltet wie Jacob Appelbaum sagte, amerikanischer Internet-Aktivist, Wikileaks-Unterstützer und Mit-Autor des Buches »Cypherpunks«. Aus Angst vor der Verfolgung amerikanischer Behörden lebt er derzeit in Berlin und konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen, dass es doch wirklich bemerkenswert sei, dass ein amerikanische Jude heute aus Angst vor seiner Regierung nach Deutschland, bzw. nach Berlin, flüchte.
Appelbaum war in den Deichtorhallen live vor Ort und was dann begann war eine Lehrstunde in Sachen NSA und Internetüberwachung, die Andrian Kreye, Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung, souverän moderierte und sich am Ende für eine Gesprächsrunde bedankte, die »sehr lehrreich und sehr beängstigend war«.
Appelbaum beschwor die Gefahr der modernen Uuml;berwachungsgesellschaft, in der Menschen mit Hilfe ihrer Mobiltelefone aufgespürt, ausspioniert und auch getötet werden, so wie es in Afghanistan, in Pakistan und im Jemen bereits geschehen sei.
Wie die Architektur der Überwachung durch die NSA funktioniert, das hat Edward Snowden in diesem »Summer of Snowden« nach und nach enthüllt, sagte Appelbaum – und wie wichtig es sei, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass das Tracking von sms-Nachrichten, von Mobiltelefonen und anderen Gadges in direktem Zusammenhang mit Drohnenangriffen steht, wie die amerikanische Regierung sie ausführt.
Was Snowden aufgedeckt hat sagte Julian Assange, der bei seiner Zuschaltung aus London mit großem Beifall begrüßt wurde und gewohnt gesprächig war, haben Experten schon lange vermutet. Snowdens Enthüllungen hätten jedoch entscheidende Puzzlestücke zum Ausmaß der NSA-Spionage hinzugefügt und die komplexen Vorgänge allgemein verständlich gemacht.
Assange und Appelbaum sprachen über den Verlust von Menschenrechten, über bedrohte Privatsphäre und gefährdete Meinungs- und Pressefreiheit, über Merkels Mitschuld und Obamas überaus harter Verfolgung von Whistleblowern.
Und während Assange am Ende lächelnd feststellte, dass die Aktivisten heute die neuen Konservativen sein, weil sie versuchten, die Werte der Verfassung zu schützen, hielt Appelbaum, wie er es nannte, ein besonderes Präsent bereit: Er habe heute extra sein Handy mitgebracht, sagte er, denn da die NSA jeden in seinem näheren Umkreis erfasst, wären wir jetzt auch beim US-Geheimdienst registriert.
Hier: Die Verleihung der Lead Awards – und die Sieger.