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Was bedeutet »Leadership by Design« für euch?

Fuenfwerken setzt auf konsequente Co-Creation mit ihren Kunden. Wir sprachen mit Executive Director Strategy & Transformation Jeremias Schmitt und Managing Partner und Chief Design Officer Rolf Mehnert über ihren Ansatz.

Connect Leadership by Design Interview
»Sowohl die sichtbaren als auch die unsichtbaren Aspekte der Unternehmensführung zu verstehen und positiv zu beeinflussen«: Ein Interview mit Jeremias Schmitt (links) und Rolf Mehnert (mit Smartphone) –  hier im Workshop mit Lucky Bike.

»Leadership by Design« – dieses Credo mag vollmundig klingen, beschreibt aber etwas, was Designer:innen ohnehin schon lange tun: Sie beeinflussen Geschäftsmodelle, Organisationsformen und die Kultur von Unternehmen. Wir sprachen mit Rolf Mehnert und Jeremias Schmitt darüber, wie man als Designagentur Kun­d:in­nen befähigt, welche Kompetenzen es dafür braucht – und wie man es schafft, dass Unternehmen sich darauf einlassen.

Was bedeutet »Leadership by Design« für euch?
Jeremias Schmitt: In der Lage zu sein, sowohl die äußerlich sichtbaren als auch die abstrakteren, unsichtbaren Aspekte stra­te­gischer Unternehmensführung zu verstehen und positiv zu beeinflussen. Das ist un­serer Meinung nach notwendig, um unsere Auftraggeber und Auftraggeberinnen in ei­ne erfolgrei­che Zukunft zu begleiten. Wir haben bei Fuenf­werken dafür fünf essenzielle Handlungsfelder definiert.

Welche sind das?
Schmitt: Das erste Feld ist Purpose: Was ist der Sinn des Unternehmens? Mit welcher Vision ist es unterwegs in die Zukunft und welche Werte sind dafür notwendig? Eng damit verknüpft sind Kultur und Or­gani­­sa­tionsentwicklung: Wir haben schon oft erlebt, dass wir starke Visionen und Zu­­­kunftsbil­der ent­wi­­ckelt haben, Unternehmen diese aber intern nicht wirklich nutzen, um ihr volles Po­tenzial zu entfalten und ihre Organi­sa­tion weiterzuentwickeln. Aus die­­sem Grund sollte man sich immer auch überlegen, was der Sinn und die Vi­sion für die Menschen und Strukturen innerhalb eines Unternehmens bedeuten – und wie man die Herausforderungen und Chan­cen neuer Zukunftsbilder ganzheitlich angehen kann.

Rolf Mehnert: Es geht dabei sowohl um Organisationsformen als auch um Unternehmenskultur. Wie sind Teams organisiert? Wer spricht wie mit wem? Wird über Themen wie Sinnhaftigkeit offen gesprochen oder werden sie blockiert? Ein wichtiger Teil unserer Arbeit besteht darin, erst mal die Bereitschaft in der Belegschaft zu entwickeln, sich auf einen Veränderungsprozess einzulassen. Aufbauend auf dem Sinn und den daraus abgeleiteten Werten entwickeln wir dann gemeinsam mit un­se­ren Part­ne­r:innen Programme für die kre­ative Zusam­menarbeit in einer zukunfts­fähigen Organisation.

»Wir haben immer sowohl das große Ganze als auch die Umsetzbarkeit im Detail im Blick. Dieses parallele Denken ist eine Kernkompetenz von Design«

Rolf Mehnert

 

Was ist das nächste Handlungsfeld?
Schmitt: Das neue Wachstumsmodell. Da­bei richtet sich der Blick darauf, womit ein Unternehmen in Zukunft erfolgreich am Markt operiert. Es geht quasi darum, den Purpose mit dem Geschäftsmodell zu vereinen. Daraus können dann neue Services oder Produkte entstehen oder auch ganz neue Erlösquellen.

Mehnert: Dafür brauchen wir gar nicht un­bedingt etwas Neues zu erfinden. Oftmals sind Dinge und Ideen schon da, bleiben aber unerkannt oder werden als selbstverständlich erachtet. Da hilft der ganzheitliche Blick von Designer:innen von außen, um Potenziale für neue Services und Produkte freizulegen.

Schmitt: Daraus resultieren neue Optio­nen für das nächste Handlungsfeld: die Identität. Hier geht es darum, dem Unternehmen eine kohärente Persönlichkeit zu geben – sowohl strategisch als auch visuell. Dabei geht es auch darum, wie man Menschen erreicht, anspricht und mitnimmt. Da die Lebenswelten der Menschen sich durch wechselnde Trends und immer neue Heraus­for­derungen andauernd verändern, muss auch die (visuelle) Identität des Unternehmens ein Stück weit anpassungs­fä­hig sein. Natürlich immer nur so weit, dass sie weiterhin dem Sinn und den Werten des Unternehmens entspricht. Sinn und Kultur bilden also die Konstante, während die visuelle Gestaltung dynamisch und anpassungsfähig sein muss. Noch deutli­cher wird das im Handlungsfeld der Interak­tion zwischen Unternehmen und dessen Umwelt: Kommuni­ka­tions­­kanäle und -möglichkeiten verändern sich kontinuierlich, und als Unternehmen muss ich in der Lage sein, diese Entwicklungen zu antizipieren und sie strategisch sinnvoll zu nutzen.

Arbeitet ihr immer diese fünf Handlungsfelder ab?
Schmitt: Nein, die Zusammenarbeit verläuft selten so linear. Zu Beginn geht es stets darum, herauszufinden, an welchen die­ser Herausforderungen wir mit unse­ren Pro­jektpartner:innen (zuerst) arbeiten dürfen. Manchmal fangen wir bei der Identität an und entdecken dabei das Potenzial für ein neues Produkt. Verändert sich daraufhin das Geschäftsmodell, kann das wiederum Auswirkungen auf den Sinn des Unternehmens haben. Leadership by Design bedeu­tet, innerhalb von Projekten den Zu­sam­men­hang unter den einzelnen Handlungsfeldern zu erkennen und mitzudenken.

Mehnert: Im Grunde ist jeder Auftrag eine Entdeckungs­reise. Wenn wir zum Beispiel eine neue Kommunikationsstrategie entwi­ckeln sol­len und dabei sehen, dass das Pro­blem nicht in der Kommunikation, sondern in einer unübersichtlichen Angebots­­palet­te liegt, setzen wir parallel einen Work­stream auf, in dem wir erar­bei­ten, wie das Portfolio den Unter­neh­mens­­­­wer­ten und der strategischen Vision besser ent­spre­­­chen könn­te – und machen das Un­ter­nehmen dann auf Chancen und Ri­si­ken auf­merksam. Da­bei haben wir immer sowohl das große Ganze im Blick als auch die Umsetzbarkeit im Detail. Dieses paral­lele Denken ist eine Kernkompetenz von Design.

Schmitt: Wir gehen durchaus auch in Vorleistung und machen Dinge, für die wir ursprünglich nicht beauftragt waren. Da muss man als Designunternehmen auch mal etwas wagen.

Mit eurem Leadership-Anspruch tretet ihr in Konkurrenz zu Unter­nehmensberatungen. Was können Designer besser als Manager?
Schmitt: Es geht nicht darum, besser zu sein, sondern darum, was wir gemeinsam erreichen können. Eine unserer Kern­kom­petenzen liegt darin, Stakeholder zu vernetzen und eine wissensbasierte Zusam­menarbeit aufzusetzen. Dazu gehört auch, externe Dienstleister miteinzubeziehen – wie Unternehmensberatungen. Wir können ja nicht alles! Gemäß einem modernen Führungsverständnis sehen wir un­se­re Rolle darin, andere zu befähigen und zu vernetzen. Deshalb öffnen wir uns ra­di­­kal für Kollaboration – gegenüber unse­ren Auf­­­traggeber:innen genauso wie gegen­über an­­deren Dienstleister:innen.

Mehnert: Wir unterscheiden uns von Unternehmensberatungen vor allem dadurch, wie wir arbeiten: kollaborativ, visuell und mithilfe von Storytelling. So schaffen wir Erlebnisse und machen abstrakte Themen wie Geschäftsmodelle und Organisations­strukturen greifbar. Für Führungskräfte ist das oft eine bessere Entscheidungsgrundlage als theoretische Konzeptpapiere.

Offene Co-Creation-Prozesse erfordern großes Commitment von Auftraggebenden: Sie müssen selbst mitmachen und gleichzeitig ins Risiko gehen, weil unklar ist, was am Ende herauskommt. Wie überzeugt ihr Unter­nehmen, sich darauf einzulassen?
Mehnert: Durch die gemeinsame Ausein­andersetzung und die dabei gemachten Er­fahrungen. Wir starten immer damit, die Herausforderungen zusammen zu beleuch­ten und zu verstehen. Daraus ergibt sich dann das weitere Vorgehen.

Schmitt: Die meisten Kund:innen wollen gar keine heroische Designagentur mehr, die ihnen eine fertige Lösung präsentiert. Sie wollen mitgenommen werden und Teil der Lösungsfindung sein. Je größer die Or­ganisation, desto größer ist meist die Bereitschaft, sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Unternehmen brauchen heute einen überzeugenden Sinn, eine passende In­novationskultur und eine neue Form von Führung, um Mitarbeitende und Kun­d:in­nen zu überzeugen. In unseren Projek­ten übergeben wir ihnen nicht nur am Ende ein Ergebnis, sondern wir nehmen sie mit und helfen ihnen, den Weg in eine neue Arbeitswelt zu finden, die durch Koll­ab­o­ra­tion, Visualisierung und Kommunika­ti­on geprägt ist. Auf diese Weise entwickeln sie sich selbst kulturell weiter.

Das erfordert ein neues Rollen­verständnis von Design.
Mehnert: Wir verstehen uns immer stärker als Übersetzer:innen und Vermitt­le­r:in­nen. Bei unseren Projekten raten wir stets dazu, Leute aus verschiedenen Fachbereichen zu involvieren, wie Vertrieb, Produktion oder Personalwesen. So sorgen wir dafür, dass die Leute nicht mehr übereinander reden, sondern miteinander. Wenn zum Beispiel das Marketing die Limitierungen der Produktion versteht, können beide Abteilun­gen viel besser gemeinsam über mögliche Innovationen nachdenken. So entstehen si­loübergreifende Teams. Der nächs­­te Schritt wäre dann, diese Arbeitsweise von ei­nem Leuchtturmteam auf die gesam­te Organisation zu übertragen. Dadurch verändert sich auch unsere Beziehung zu Kun­d:in­nen: Sie werden von Auftraggeben­den zu Partner:innen.

Schmitt: Als Designer:in befindet man sich immer wieder in unterschiedlichen Rollen. Mal ist man handwerklicher Experte, mal strategische Begleiterin, mal Moderator, mal Beraterin. Das muss natürlich nicht immer alles in einer Person verkörpert werden. Wir sind ja keine Da Vincis. Leadership by Design ist eine Teamleistung.

»Gemäß einem modernen Führungs­ver­ständnis sehen wir unsere Rolle darin, andere zu befähigen und zu vernetzen. Aus diesem Grund öffnen wir uns radikal für Kollaboration«

Jeremias Schmitt

 

Dafür braucht es neue Kompetenzen. Welche Fachleute habt ihr heute, die ihr vor ein paar Jahren nicht hattet?
Mehnert: Fuenfwerken kommt ursprünglich aus dem klassischen Designbereich. Unser Gründungspartner Holger Schmid­huber hat aber mit seiner künstlerischen Tä­tigkeit von Anfang an eine disruptive Pers­pektive in unser Unternehmen gebracht. Hinzu kam Carl Frech als weiterer Partner, der sich sehr früh mit systemischer Inno­vation in der Designbranche beschäftigt hat. Ich persönlich habe 2006 einen MBA an der Zollverein School of Management and Design gemacht. Mein Ge­schäfts­part­­ner Helmut Ness war in den USA an der Stanford d.school. Kollegen wie Jeremias haben uns dabei unterstützt, die oft eher intuiti­ve Arbeitsweise von Designerinnen und Designern zu sys­te­matisieren und zu zeigen, welche Prozes­se und kulturellen Prinzipien dahinterstecken.

Schmitt: Zu den neuen notwendigen Kom­peten­zen gehören zum Beispiel die Mode­ration krea­tiver Gespräche, die Begleitung von Trans­­formationsprozessen sowie das Coaching von Projektteams. Wir suchen Menschen mit kreativen und analytischen Fähigkeiten ebenso wie Leute mit Einfühlungsvermögen und unternehmerischem Denken. Das können beispielsweise auch Sozialforscher:innen, Psycholog:innen und Betriebswirt:innen sein.

Mehnert: Als Designer:in muss man sich bewusst machen, dass man nicht nur umsetzt, sondern eben auch forscht, analysiert, übersetzt und vermittelt. Viele dieser Tätigkeiten haben wir jahrelang nebenbei gemacht, ohne dafür ausdrücklich beauftragt, geschweige denn dafür bezahlt zu werden. Es liegt an uns, diese Leistungen sichtbar zu machen und zu zeigen, worin der wahre Wert von Design besteht: nicht nur im visuellen Endergebnis, sondern auch im inhaltlichen Prozess an sich, den Ideen, die auf dem Weg entstehen, und in den Veränderungen, die wir anstoßen. »Leadership by Design« bringt dieses Selbstbewusstsein auf den Punkt.

Das komplette Booklet zum Thema zum Download oder als Print:

PDF-Download: Connect Booklet »Leadership by Design mit Fuenfwerken«

Lesen Sie in unserem 36-seitigen Booklet, warum »Leadership by Design« für eine erfolgreiche Unternehmensführung unabdinglich ist, welche Aspekte es dabei zu beachten gilt und was das für Gestalter:innen in der Praxis bedeutet.

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