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»Katastrophales Armutszeugnis für die Medienpolitiker«

Ein Statement des ADC-Präsidiumssprechers Jochen Rädeker zur ACTA-Ablehnung durch das Europäische Parlament.

Bild ADC Rädeker

Ein Statement des ADC-Präsidiumssprechers Jochen Rädeker zur ACTA-Ablehnung durch das Europäische Parlament.


ACTA ad acta: Das ist ein katastrophales Armutszeugnis für die europäischen Medienpolitiker. Selten ist es der Politik so nachhaltig gelungen, ein so wichtiges Thema wie den Schutz von Kunst, Kultur, Patenten und Marken so stümperhaft zu behandeln, dass das eigene Scheitern nur eine Frage der Zeit war. Dabei wäre es bitter nötig gewesen, durchdacht zu handeln.

Das gescheiterte ACTA ist ein Lehrstück für Politiker, die mit der Generation der Digital Natives nichts anfangen können und plötzlich erschrocken feststellen, dass diese Generation inzwischen wahlberechtigt ist.

Das gescheiterte ACTA ist aber auch – und das wiegt schwerer –  ein hirnloses Einknicken der Politik vor ein paar wenigen, radikalen Vertretern einer inakzeptablen Gratiskultur. In letzter Konsequenz bedeutet das Scheitern von ACTA das Ende von künstlerischem Schaffen, kulturellem Angebot, wissenschaftlicher und unternehmerischer Arbeit: Denn wer schreibt, komponiert oder gestaltet, forscht oder produziert noch, wenn die Ergebnisse im zentralen Medienkanal unserer Zeit nicht mehr geschützt und folgerichtig von niemandem mehr bezahlt werden?

Wer genauso populistisch wie blauäugig fordert, dass private Downloads geistigen Eigentums und kreativen Outputs kostenfrei möglich sein sollen, denkt zu kurz: Denn Schriftsteller werden nicht nur von Bibliotheken und Musiker nicht nur von Discotheken bezahlt – ihr Produkt ist vor allem eines für den privaten Markt. Genauso wenig werden Unternehmen noch in Forschung oder Design investieren, wenn das Erarbeitete sofort Allgemeingut wird. Das »Nein« zu ACTA kommt einem »Ja« zu Produktpiraterie, Ideenklau und illegaler Weiterverbreitung von Inhalten gleich: Ein Pyrrhussieg für die digitale Generation in den Industrieländern, die in ihrer eigenen Wertschöpfung immer mehr auf das Internet angewiesen sein wird.
Allerdings hat nicht sie ACTA zu Grabe getragen, sondern die Politik selbst: Viel zu lange hat die EU-Kommission die Proteste von Netzaktivisten, Verbänden und die Interessen der Schwellen- und Entwicklungsländer nicht ernst genommen und unsägliche Geheimniskrämerei betrieben. Die »Causa ACTA« zeigt, dass bei derart sensiblen und weichenstellenden Beschlüssen Transparenz und das Einbeziehen der Gesellschaft unbedingt erforderlich sind. Jetzt muss auf dem internationalen Parkett bei Verhandlungen zum Schutz vor Urheberrechtsverletzung und Produktpiraterie wieder bei Null angefangen werden – und es ist allerhöchste Zeit dafür. Denn die Nicht-Beachtung von Urheberrechten entzieht Kreativen die Existenzgrundlage.

In Deutschland wurde die Diskussion um ACTA vor allem auf der Ebene von illegalen Downloads und Gratis-Kultur im Internet geführt. Doch das sind Nebenkriegsschauplätze. Es geht um Marken und Patente, also um das wertvollste, was Unternehmen besitzen. Gerade auch in Deutschland. Dafür brauchen wir eine globale Lösung, für die sich der Art Directors Club Deutschland e.V. (ADC) mit Nachdruck engagiert. Der Wert kreativer Leistung ist von zentraler Bedeutung für unsere Gesellschaft. Statt ACTA müssen nun schnellstmöglich alternative Schutzmaßnahmen gegen Urheberrechtsverletzungen und Produktpiraterie gefunden werden – im Dialog mit der Öffentlichkeit und den Kreativen. Maßnahmen, die die Verbreitung von Inhalten über das Internet möglich machen, ohne dass Kunst und Kreation dauerhaft zum brotlosen Job werden.

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