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John Maeda: »Wer die Cloud nicht versteht, kann heute nichts mehr wirklich gut gestalten«

Der Design- und Tech-Spezialist John Maeda ist nicht zurückhaltend, wenn es um prophetische Aussagen zum Designberuf geht. Wir sprachen mit ihm über sein neues Buch »How to Speak Machine« und seine Position als Chief Experience Officer bei Publicis Sapient.

John Maeda (Foto: Publicis Sapient)

Die Verbindung von Design und Technologie ist so etwas wie die Lebensaufgabe von John Maeda. Schon in seiner Ausbildung verknüpfte er die beiden Disziplinen mit einem Bachelor und Master in Informatik am MIT und einem PhD in Design an der Universität Tsukuba in Japan. Er lehrte am MIT Media Lab und führte sechs Jahre lang die Rhode Island School of Design, bevor er sich 2013 aus der Hochschulwelt verabschiedete und ins Silicon Valley auswanderte. Dort arbeitete er zunächst als Designpartner bei der Venture-Capital-Gesellschaft Kleiner Perkins und zuletzt als Global Head of Computational Design and Inclusion bei Automattic, dem Unternehmen hinter WordPress.

Anfang 2019 legte John Maeda eine erneute Kehrtwende hin und heuert bei dem Werbekonzern Publicis an – genauer gesagt bei dessen Tochterfirma Publicis Sapient, einer Unternehmensberatung für Digital Business Transformation. Hier kümmert er sich als Chief Experience Officer um ganzheitliche Kundenerlebnisse. Customer Experience ist entsprechend sein neues großes Thema und er benennt seinen jährlich erscheinenden, viel beachteten »Design in Tech Report« ab 2020 in »CX Report« um. Außerdem hat er ein neues Buch veröffentlicht, in dem er für mehr Digitalkompetenz plädiert: »How to Speak Machine«.

Im Interview mit PAGE vergleicht er die Cloud mit der gruseligen Parallelwelt aus »Stranger Things«, liest Designuniversitäten die Leviten und erklärt, warum es so wichtig ist, ab und zu seine Komfortzone zu verlassen – zum Beispiel in Richtung China.

Was bedeutet »Customer Experience« eigentlich genau und was hat Design damit zu tun?

John Maeda: Der Begriff kommt aus dem Marketing und bezeichnet eine ganzheitliche Betrachtung des Kundenerlebnisses, die alle Berührungspunkte mit einem Produkt oder Service miteinschließt – also auch jene nach dem Kauf. An einer guten Customer Experience sind viele Disziplinen und Abteilungen beteiligt und sie müssen alle zusammenarbeiten. Design ist ein wichtiger Teil davon, aber nicht der einzige. Ganz wesentlich ist, dass heute alles auf einer digitalen Grundlage basiert. Ich nutze dafür die Formel: »CX = Customer Experience x Computational Experience«.

Wie hat Sie Ihr bisheriger Werdegang für die Position des Chief Experience Officer vorbereitet?

Ich spreche unterschiedliche Sprachen, zwischen denen ich ständig hin- und herspringe

In meiner jetzigen Rolle muss ich über alles Bescheid wissen, was ein Kundenerlebnis ausmacht – von der Produktentwicklung über die Codequalität bis hin zu Marketing und Customer Support. Dabei hilft es mir, dass ich in verschiedenen Bereichen gearbeitet habe und dass ich Design, Technologie und Business gleichermaßen verstehe und miteinander verknüpfen kann. Ich spreche sozusagen unterschiedliche Sprachen, zwischen denen ich ständig hin- und herspringe.

Sie erwähnten eben Codequalität. Wie tief tauchen Sie in die Details von Produkten und Services Ihrer Kunden ein?

Im Idealfall sehr tief, weil es immer um die Integration und Kombination aller Aspekte geht. Design wird von Business-Seite traditionell nicht sehr ernst genommen. Deshalb gebe ich mir besondere Mühe, das Geschäft des Kunden und seine Probleme zu verstehen, um dann eine Lösung mithilfe von Customer Experience Design vorzuschlagen. Sobald Manager merken, dass ich ihr Problem verstanden habe, fangen sie an, mir zuzuhören. Das Gleiche gilt für Entwickler.

Sie plädieren dafür, dass alle am CX-Prozess Beteiligten lernen, wie man »Maschine spricht«. So lautet auch der Titel Ihres neuen Buchs: »How to Speak Machine«. Was meinen Sie damit genau?

Ich ziehe mal eine Metapher heran: Als Grafikdesigner müssen Sie verstehen, wie sich Tinte und Papierfasern verhalten und wie der Druckprozess funktioniert. Und da wir in einer Welt leben, in der die Cloud allgegenwärtig ist, müssen wir ebenso verstehen, wie diese Maschine funktioniert und ihre Sprache beherrschen. Tun wir das nicht, können wir heute nichts mehr wirklich gut gestalten. Technologiekonzerne wie Google oder Airbnb sind so erfolgreich, weil sie diese Cloud-Sprache beherrschen. Haben Sie die Netflix-Serie »Stranger Things« gesehen?

Na klar.

Dann kennen Sie »The Upside Down«, diese seltsame, unheimliche Parallelwelt – das (k) ist die Cloud-Welt.

Dann ist die aber ganz schön gruselig!

Wenn Sie die Sprache der Computer und des Internets beherrschen, können Sie gefahrlos ins »Upside Down« eintauchen und sich dort zurechtfinden

Ja – aber auch faszinierend! Wenn Sie die Sprache der Computer und des Internets beherrschen, können Sie gefahrlos ins »Upside Down« eintauchen und sich dort zurechtfinden. Und Sie werden in der Lage sein, Dinge zu tun und zu gestalten, die übernatürlich erscheinen. Wenn End-ups – also ausgewachsene, traditionelle Unternehmen – diese Sprache nicht lernen, werden sie niemals mit Start-ups und dem Silicon Valley konkurrieren können.

Das gilt auch für Designer?

Unbedingt. Die alte Auffassung von Design funktioniert in der neuen Welt nicht mehr …

Das komplette Interview mit John Maeda lesen Sie in PAGE 02.20, die Sie hier in unserem Online-Shop bestellen oder gleich downloaden können.

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