Selbstzweifel kennen wohl alle Kreativen. Aber wann wird das zum Impostor-Syndrom? Und wie kommt man da wieder heraus?
Habe ich dieses Lob oder diese Auszeichnung wirklich verdient? Werde ich dem Auftrag gerecht? Was, wenn jemand herausfindet, dass ich eigentlich gar nicht weiß, was ich tue? Selbstzweifel gehören für die meisten Kreativen genauso zum Alltag wie die Creative Suite. In diesem Zusammenhang ist das Impostor-Syndrom fast schon zu einem geflügelten Wort geworden. Dabei handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, bei dem Betroffene massiv an ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln und Erfolge nicht als verdient anerkennen können. Sie glauben, dass ihr Umfeld sie überschätzt, fühlen sich daher als Hochstapler, und leben in der ständigen Angst, jemand könnte sie entlarven.
Dieses Phänomen oder Selbstkonzept, wie es in der Psychologie genannt wird, scheint gerade in der Kreativbranche sehr ausgeprägt zu sein. Das hat unterschiedliche Gründe. Gestalterinnen und Gestalter stecken viel Herzblut in das, was sie tun, und nehmen Kritik oft sehr persönlich. Einerseits ist ihre Arbeit schwer zu vergleichen – besonders wenn es in den künstlerischen Bereich übergeht –, andererseits sind sie ständiger Bewertung und Vergleichen ausgesetzt – Instagram lässt grüßen. Besonders hoch ist die Unsicherheit oft, wenn man sich in neue Bereiche vorwagt – auch das ist in der Designbranche gang und gäbe. Und wenn sich ein Erfolg einstellt, folgt häufig die Angst, an diesen nicht anknüpfen zu können. Man könnte also sagen: Kreative sind prädestiniert für das Impostor-Syndrom.
Unsicherheit: Wo kommt das Gefühl her?
Ob Selbstzweifel zu einem echten Problem werden, hängt von ihrer Ausprägung und dem individuellen Leidensdruck ab. Ob und wie stark man selbst betroffen ist, lässt sich zum Beispiel mit dem Clance Impostor Phenomenon Test herausfinden – entwickelt von der Psychologin Pauline R. Clance, die den Begriff 1978 eingeführt hat. Begünstigt wird die Entstehung unter anderem von einem niedrigen Selbstwertgefühl, dessen Ursprung häufig in der Erziehung liegt. Wächst man etwa in dem Glauben auf, nur für Erfolge geliebt zu werden, lässt sich dieser Leistungszwang später nur schwer wieder ablegen.