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Fremdschämen auf der Fahrbahn – die Autobahn GmbH

PAGE-Leser Stephan Arnold schrieb uns einen Leserbrief, in dem er das Logo der Autobahn GmbH auseinander nimmt.

 

Logo Autobahn GmbH des Bundes

Wir freuen uns über Post von unseren Leser:innen! Besonders über eure Meinung zu zeitgenössischem Kommunikationsdesign. Designer Stephan Arnold aus Halle an der Saale schrieb uns diesen Text, in dem er das Logo der Autobahn GmbH kritisch und fundiert beurteilt. Für ihn ist es »geschmacklos und Inbegriff der Peinlichkeit«. Was meint ihr dazu? Schreibt uns gerne in den Kommentaren unter dem Text!

Aushängeschild zum Fremdschämen!

Unfassbar – nun gibt es tatsächlich so eine Art eine Deutschland-GmbH! Offiziell benannt als »GmbH des Bundes« verwaltet sie alle Autobahnen Deutschlands, ist also unmittelbar verantwortlich für das gefühlte Herz des Landes, Puls und »Lebensader«. Ein Projekt ganz nach dem Geschmack von Minister Scheuer: Die Privatisierung gemeinschaftlichen Eigentums und hoheitlicher Aufgaben kennt bei ihm keine Schamgrenzen.

Geschmacklos und Inbegriff der Peinlichkeit: das Logo der Gesellschaft.

Die beschränkte Haftung scheint schon hier zu greifen. Handwerklich ein Aushängeschild zum Fremdschämen! Wäre es ein Straßenbaubetrieb, was würde es kümmern? Ein Putzigkeit unter vielen. Und auch so manche Marke aus eigener Feder hätte Kritik verdient. Aber als »Die Autobahn GmbH des Bundes« ist dieses hier von staatstragender Dimension, wird von uns allen getragen. Und der Verdacht liegt nahe: Da hat man aus Steuermitteln ordentlich was springen lassen! Oder selbst gebastelt. Die Staatskasse muss haften, unbeschränkt.

Zu den harten Fakten! Ins Auge springt schon die Herkunft der Idee – StVO-Schild Nr. 330: Autobahn. Aber wie schön ist das Piktogramm im Verkehrszeichen: Ausgewogen sind Flächen und Kontraste, die Anmutung der Ferne perspektivisch überzeugend stark vermittelt, die Brücke ist eine Brücke, der Weg führt hindurch. Das GmbH-Logo dagegen macht die Beine breit, zwischen den Fahrspürchen prangt einen Grünsteifen in Ackerbreite. Wer den Blick zum Horizont nicht scheut, muss erkennen:

Dieser Weg hier lohnt sich so was von gar nicht!

Er führt in die Irre und über eine Wendeschleife zurück, von wo man kam. Was soll das? Positiv gedeutet vielleicht Inbegriff für Baustellen, Umleitungen, Überraschungen. Hier steht und dreht man schon seit Stunden Runden über Runden.

Aber es kommt schlimmer: Gar nicht zimperlich dann der schwarz-rot-goldene Balken! Direkt aus dem hoheitlichen Logo der Bundesregierung wurde er kopiert und einfach um- und flachgelegt – als Rohr quer über die Straße! Es scheint, als wären beim Gestalten alle Promille-Grenzen und Bedenken gefallen. Bahn frei für die Deutschland-Pipeline!

Dann der Gipfel der Einfallslosigkeit: Outlines.

Als Outline kommt daher, was beim Entwerfen schon traurig wirkte. Das Nichts wurde gewaltig aufgeblasen und in eine fragile Hülle gesteckt. Mit dem Ergebnis, dass aus dem schier endlosen Asphaltband optisch Hackstückwerk wurde und es nun überall ein Ende findet. Vor den Füßen beginnend endet es schon Meter später an der Pipeline-Trasse. Die immerhin nehmen die Outlines ordentlich in die Mangel und zerquetschen das Rohr, so dass ungehindert gelb das Gas auszuströmen scheint.

Schließlich die Typografie. Stiehlt brutaltsmöglich dem Signet jede letzte Show.

Der Artikel fällt seinem Substantiv gehörig wuchtig auf die Decke und setzt energisch an, äußerst links zu überholen. Schließlich müsste die Strichstärke der Buchstaben das Signet mit seinen Umrisslinchen vor Neid erplatzen lassen. Das Logo ist und bleibt ein Elend – oder Witz? Das Lachen über Deutschlands Dauerbaustellen auf den Autobahnen hat damit immerhin nun eine Krone bekommen. Als Gipfel und nicht in Würde. Echt bescheuert!

Anmerkung der Redaktion: Die Autobahn GmbH des Bundes wurde am 13. September 2018 gegründet und ist seit dem 1. Januar 2021 zuständig für die Autobahnen in Deutschland. Der Gründung der GmbH waren kontroverse Debatten über die Gefahr einer schleichenden Privatisierung der deutschen Autobahnen vorausgegangen bevor sie am 1. Juni 2017 vom Deutschen Bundestag im Rahmen der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern beschlossen wurde. Bisher befindet sie sich vollständig im Eigentum des Bundes und ist unverkäuflich. Eine mittelbare oder unmittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft sowie eine Privatisierung der Autobahnen sind gesetzlich ausgeschlossen.

Zudem bestehen offenbar vergaberechtliche Bedenken des Bundesrechnungshofes, so dass die seit 1991 bestehende Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) den Großteil der Bauprojekte weiterführen wird. Die Autobahn GmbH steuert also wenn überhaupt, dann – vorerst – nur einen sehr kleinen Anteil der Autobahnprojekte.

Produkt: PAGE 3.2018
PAGE 3.2018
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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Liebe Maren,
    der Text ist bewusst polemisch und scharf geschrieben – das hat dieses Logo verdient.
    Die Kritikpunkte sehe ich aber dennoch treffend argumentiert.
    Die Formulierung, dass das Signet „die Beine breit“ mache, wurde genau deshalb verwendet: Weil es schmerzhaft verdeutlicht, dass das so gar nicht geht. Frauenfeindlich ist das mitnichten.

    Lieber Jens,
    „immer die gleiche Leier“: Warum nörgelst du herum, ohne Argumente zu liefern? Was ist gut und wertig an dem Logo. Würde mich ernsthaft interessieren. Eine Reihe von kritisierten Punkten liegt ja vor. Und nein: Es gibt argumentativ gutes und schlechtes Design. Sonst wäre ein Magazin wie die PAGE ein Witz. Und das ist es nicht.

  2. Der aufgeregte Ton erstaunt, oder auch nicht: Schließlich geht es um die deutsche Autobahn und wer sich dort ab und zu bewegen muss, weiß, wie aufgeregt, aggressiv und rücksichtlos es dort zugeht.
    Zudem überdeckt die unsachliche Sprache die Argumentation,. Und letztlich geht es ohne frauenfeindliche Anspielungen offenbar auch 2021 noch nicht in von Männern verfassten Texten “Das GmbH-Logo dagegen macht die Beine breit ….”. Logo wie Kritik überzeugen nicht.

  3. Immer wieder die gleiche Leier. Sobald ein größeres Unternehmen / Behörde ein neues Logo präsentiert, kommen die Ungefragten aus ihrer Deckung und bemängeln sämtliche (in ihren Augen) Fehler des Designs.
    Die entsprechenden Logos wurden von (vermutlich) qualifizierten Designern entworfen, weshalb andere (vermutlich) qualifizierte Designer sich genötigt fühlen, die angeblich handwerklichen Fehlleistungen der unqualifizierteren Konkurrenz offenzulegen.
    Hat es eigentlich schon mal den Fall gegeben, dass ein neues Logo anerkennend gelobt wurde? Wohl kaum. Widerspricht es doch der deutschen Nörgelmentalität (und außerdem ist man ja besser als die Konkurrenz – auch wenn das keiner merkt).
    Was bei all diesen unnötigen Diskussionen gerne vergessen wird: Design ist kein Naturgesetzt! Ein eindeutiges Richtig oder Falsch gibt es nicht – allenfalls ein Gefällt oder Gefällt nicht.

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