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Gehaltsverhandlungen: »Es ist nie verkehrt, ehrlich zu sein«

Daniel Wellschmiedt, erfahrener Kreativer und Gründer der Personalvermittlung Where’s Mitch?, gibt Tipps für die Gehaltsverhandlung.

© Foto: Reimar von Wienskowski

Daniel Wellschmiedt arbeitete 20 Jahre lang in Agenturen, bevor er sich im Sommer mit der Personalvermittlung Where’s Mitch? selbstständig gemacht hat. Sein Ziel: die besten Leute zusammenbringen – zu den besten Konditionen.

Geld – für Kreative oft ein schwieriges Thema. Wie gehe ich dennoch souverän in eine Gehaltsverhandlung?
Daniel Wellschmiedt: Es darf nie als Erstes ums Geld gehen, sondern immer um die Inhalte. Wer seinem Gegenüber vermittelt, dass er sich den Job mit gutem Grund ausgesucht und wirklich Lust darauf hat, der wird auch beim Gehalt mit seinem Arbeitgeber zusammenkommen.

Trotzdem muss man über Geld reden. Sei es im Bewerbungs- oder im Feedbackgespräch. Wie hole ich dann das Beste für mich heraus?
Natürlich arbeitet niemand umsonst. Am besten informiert man sich vorab über übliche Gehälter – in der Fachpresse und Social Media, bei Verbänden wie dem GWA, beim ehemaligen Mentor oder Tutor, bei Kommilitonen und Kollegen. Aber auch dann gilt: Erst über Aufgaben, Fähigkeiten und Ziele sprechen und zum Schluss übers Geld. Übrigens: Es ist nie verkehrt, ehrlich zu sein. Wenn man in seinen ersten Job startet, darf man ruhig zugeben, dass man ein angemessenes Gehalt noch nicht einschätzen kann.

Ist es sinnvoll, sich in Seminaren im Verhandeln zu üben?
Absolut! Coaches sind natürlich nicht billig, bieten aber manchmal Schnupperstunden an. Ansonsten einfach vor den Spiegel stellen oder mit Freunden und Familie üben.

Was genau kann man denn üben? Welche Verhandlungsstrategien kommen bei Personalern und Geschäftsführern an, und was mögen sie überhaupt nicht?

Sprich über Inhalte!

Ein absolutes No-Go sind Vergleiche mit anderen Kollegen oder der Versuch, ein höheres Gehalt mit den privaten Lebenshaltungskosten zu rechtfertigen. Sprich über Inhalte! Erkläre deinem Chef präzise, was du kannst und was du für die Firma leistest, dann kannst du im nächsten Schritt auch argumentieren, warum du dafür Summe x bekommen solltest.

Welche Argumente ziehen besonders?
Der Wert eines Mitarbeiters entsteht durch eine Mischung aus Faktoren wie Abschluss, Praktika und Berufserfahrung. Manche Agenturen – auch wenn das weniger wird, honorieren es zudem, wenn Kreative Awards gewonnen haben.

Was, wenn beide Parteien finanziell zu weit auseinanderliegen?
Dann lässt sich die Differenz eventuell über alternative Modelle überbrücken. Das können mehr Urlaubstage, Zuschüsse zu Tickets für öffentliche Verkehrsmittel, Festival- und Kongresseintritte oder die Finanzierung von Weiterbildungen sein.

Natürlich muss das Klima stimmen.

Agenturen brüsten sich ja gerne mit lockerer Arbeitsatmosphäre und freien Getränken zum Feierabend. Muss ich das von meiner Gehaltsvorstellung abziehen?
Natürlich muss das Klima stimmen. Aber als ich mit dem Studium fertig war, reichten ein Tischkicker und ein Kasten Bier und alle haben Juhu gerufen. Das ist heute nicht mehr so.

Wie ist es denn heute?
Die Bedürfnisse sind individueller. Jemand, der zum Beispiel einen Job unbedingt machen möchte, dem man aber nicht so viel zahlen kann wie gewünscht, wird vielleicht mit einem Staffelgehalt glücklich. Mit der Chance also, sich in der Probezeit zu beweisen und danach garantiert mehr zu verdienen. Üblicherweise kommt so ein Vorschlag aber eher vom Arbeitgeber als vom Bewerber. Dieser sollte dann aber unbedingt darauf achten, dass eine solche Vereinbarung im Vertrag festgehalten wird. Genauso wie die gerade angesprochenen Alternativmodelle. Pocht darauf und nervt im Zweifel die Personalabteilung!

Welche Rolle spielen Boni in Gehaltsverhandlungen?
Auch eine super Möglichkeit, um Differenzen zu überbrücken! Wer sich auf Bonuszahlungen einlässt oder sie vorschlägt, signalisiert dem Chef, dass er die Firma wirklich vorwärtsbringen will und Lust hat auf erfolgsabhängige Vergütung.

Welche Tipps hast du noch für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen?
Keiner kommt unaufgefordert auf dich zu und fragt, ob du mehr Geld haben willst! Wenn du der Meinung bist, du hast eine Gehaltserhöhung verdient, dann musst du – mit Feingefühl und ohne herumzupoltern – den richtigen Zeitpunkt ausloten, deinen Chef darauf anzusprechen. Also nicht gerade nach einem Etatverlust oder schlechter Presse.

Wie Kreative sich am besten auf Gehaltsverhandlungen vorbereiten und welche Argumente beim Arbeitgeber tatsächlich ziehen, lesen Sie in PAGE 11.2018. Außerdem finden Sie dort einen Überblick über die neusten Gehaltszahlen für die verschiedenen Berufe in der Kreativbranche.

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