Die MOONOVA ist in vollem Gange und begrüßt Gäste aus allen Bereichen des Marketings und Digital Commerce. Am Dienstag teilte Marco Spies von think moto seine Expertise in Sachen Branded Chatbots und Conversational Commerce.
Bild: Marco Spies und think moto
Chatbots sind keine Seltenheit mehr, aber trotzdem gibt es bei dem Begriff »Conversational Commerce« noch viele Unklarheiten. Während viele von uns bei Chatbots (noch) an wenig hilfreiche Pop-up Fenster in einer Ecke des Interface denken, handle es sich dabei vielmehr um »die direkte Interaktion zwischen Kund:in und Unternehmen, die zum Verkauf im Onlinehandel beiträgt«, erklärte Moderatorin und »WuV«-Chefredakteurin Verena Gündel in ihrer Einleitung. Gleich darauf räumte MOONOVA-Referent Marco Spies von think moto mit weiteren Missverständnissen auf und legte das Potential von Chatbots im E-Commerce dar.
Conversational Experience im E-Commerce
Die Berliner Design- und Innovationsagentur think moto will unsere Erfahrungen mit Conversational Commerce verbessern und spricht deshalb nicht von Chatbots, sondern lieber von Conversational Experience – also einem ganzheitlichen Ansatz für Interaktionen zwischen Bot und User.
Im klassischen UX Design wird – besonders im E-Commerce – viel Wert auf eine markengerechte, flüssige User Experience gelegt. Allerdings, sagt Marco Spies, steigen die Kosten im E-Commerce schneller als die Umsätze. Zwar nutzen immer mehr Menschen den Online-Handel, aber für die Anbieter:innen wird das zunehmend teurer.
Chatbots können hier laut think moto entgegenwirken: Sie sorgen für eine höhere Conversionrate, geringere Kosten und oft einen erhöhten Shop Cart Value, da sie Kund:innen direkt beraten können. Conversational Commerce via Bot leistet Support an genau der Stelle im Shopping-Erlebnis, an der er gebraucht wird – und das 24/7. In einem hybriden Modell mit zusätzlichen Live Agents, also menschlichen Berater:innen, könnten Unternehmen so eine »nahtlose Shopper Journey« mit ganzheitlichem Markenerlebnis ermöglichen.
How to build a Bot
Und wie setzt man das um? Als Grundlage für die Entwicklung einer Conversational Experience müssen Entwickler:innen zuerst herausfinden, was der Bot können muss. Das leitet sich aus den Business Goals des Unternehmens ab. Was er dann in der Interaktion tut, hängt von den Customer Needs ab. Und schließlich kommt die Brand Personality ins Spiel: Sie bestimmt, wie der Bot sich verhält, klingt und aussieht.
Bild: Marco Spies und think moto
Think motos Prozess beginnt meistens mit der Suche nach dem relevanten Use Case. An welchem Punkt ist das Produkt erklärungsbedürftig? Wo ist das Produktportfolio so komplex, dass Beratung sinnvoll wird? Die Einsatzmöglichkeiten von Chatbots sind vielseitig: Im Marketing helfen Conversational Ads bei der Erhöhung der Brand Awareness oder bei der Leadgenerierung. Im E-Commerce unterstützen sie Sales und Post Sales bei der Beratung und Buchung bis hin zu Sendungsverfolgung und Upselling. Conversational Service kann sowohl eingesetzt werden, um Customer Accounts zu betreuen, als auch für Live-Support und Retention.
Wie »denkt« ein ChatBot?
Ein Bot wird durch bestimmte Abläufe definiert. Wichtig ist dabei der User Intent – also das, was die Nutzer:innen vom Bot wollen. Für unterschiedliche User Intents werden zuvor von Conversational Designer:innen entworfene Antworten und Lösungen hinterlegt. Im Bot ist eine KI integriert, die aus dem Input der User eine antrainierte Phrase erkennen kann und dem jeweiligen Intent zuordnet. So kann der Chatbot die richtige Antwort anzeigen.
Die meisten gängigen Bots sind mit 150 bis 200 Intents programmiert, think moto hat aber auch schon Modelle mit bis zu 1000 Intents designt. Hierbei ist dann laut Marco Spies vor allem wichtig, die Intents klar voneinander abzugrenzen. Außerdem sei es hilfreich, wenn der Bot zu Beginn der Konversation kommuniziert, was er genau leisten kann.
Bots brauchen Persönlichkeit
Conversational Experiences sind markenrelevant. Was, und vor allem wie ein Bot kommuniziert, wird immer mit der Marke assoziiert, für die er kommuniziert. Deshalb sollten Tonalität, Bot-Avatar, Animationen, Interface und UX-Integration gut durchdacht sein. Die wichtigste Stellschraube ist laut Spies dabei die Sprache. Meistens kämen Impulse für Prozessoptimierung durch Chatbots aus der IT-Abteilung, die Chance zur Markenkommunikation werde dabei oft vernachlässigt.
Als Beispiel für die Persönlichkeitsentwicklung eines Bots zeigt Spies seine Arbeit an Audis In-Car Voice Assistant. In mehreren Workshops erarbeitete das think moto Team die Identität des Bots und seine definierenden Parameter. Schon früh im Prozess hat das Team, in dem auch erfahrene Autor:innen sitzen, einen externen Drehbuchautoren mit ins Boot geholt, der es mit seinen Storytelling-Fähigkeiten unterstützte. Er brachte den Bot-Prototyp in eine existenzielle Krisensituation: Sein Nutzer wollte ihn während der Fahrt abschalten. Durch die fiktive Kommunikation wurde dem think moto Team schnell klar, dass der Voice Assistant zwei Sprachmodi brauchte: Einen emotionaleren Tonfall, um den Fahrer zu überzeugen, ihn nicht abzuschalten, aber auch eine seriösere Stimme für essenzielle Fahrthinweise.
Gutes UX Design führt die User zum Ziel
Conversational Expierences sollten einem definierten Flow folgen. Spies‘ Erfahrungen hätten ihm gezeigt, dass komplett freie Bots selten zum Ziel führen. Wichtig sei dabei der Dialog, der zwischen Bot und User entstehen soll. Für eine gelungene Konversation braucht es ein gewisses Maß an Storytelling und beidseitigem Interesse, das Thema voranzutreiben.
Think motos Bots folgen deshalb den vier Maximen des Cooperative Principle:Qualität, Quantität, Relevanz und Modalität. Sie sollten also informativ und glaubwürdig sein, sich kurz fassen und beim Thema bleiben. Eine elegante Lösung, um den Nutzer:innen die Möglichkeit zu geben, die Konversation effizient voran zu treiben, sind Quick Replies, aus denen gewählt werden kann. Die Option, eigene Fragen zu stellen oder Antworten zu formulieren bleibt natürlich immer offen, aber durch Quick Replies können Frustsituationen und Unverständnis zwischen Bot und User vermieden werden.
Case Study: Lex Office
Einer der frühesten Chat Bots von think moto entstand für LexOffice. Der Online-Buchhaltungsservice kam mit dem Wunsch nach einer Black Friday Kampagne auf die Designagentur zu. Das Team kreierte daraufhin den Chatbot Lui, der von Lex Office bis heute als Sales-Kanal genutzt wird. Marco Spies rät dazu, bereits für die erste Nutzungszeit eine Analysestrategie aufzusetzen und eine Optimierungsphase einzuplanen. Kein Bot sei zum Launch »fertig«. Lui zum Beispiel konnte nach erster Analyse circa 3 Prozent der an ihn gesendeten Nachrichten nicht verstehen.
ChatBots können also nicht alles leisten, aber eben doch ganz schön viel. Fürs Design bedeuten sie neue Jobchancen und den Austausch mit anderen Branchen – denn eine sympathische und effiziente Conversational Experience braucht interdisziplinäre Teams. Wer heute schon mit dem Austausch beginnen will, sollte sich die Moonova mal ansehen. Die Tickets sind kostenlos und wir hören bis 25. Februar täglich spannende Vorträge aus Marketing und Digital Commerce.