Design in Unternehmen gewinnt an Bedeutung. Doch wie organisiert man Designteams und integriert sie in bestehende Strukturen? Wir stellen interne Designabteilungen vor – und welche Perspektiven sie Kreativen bieten
Ob klein, mittel oder groß: Immer mehr Unternehmen erkennen den Wert von Design und erweitern ihr Verständnis davon, was es bedeutet. Neben der nach wie vor wichtigen Funktion von Brand Design im Marketing bringen Gestalter:innen ihre Kompetenzen zunehmend in die (digitale) Produktentwicklung, in die Unternehmensorganisation und die strategische Geschäftsführung mit ein. Wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist die Digitalisierung. Auch Firmen mit bislang rein analogem Produkt- und Serviceangebot müssen interne wie externe digitale Strukturen aufbauen, durch die die User sowie die ganzheitliche Customer Experience immer wichtiger werden – und diejenigen, die sie gestalten. So sagt Michael Bütow, Leiter Markenführung, Corporate Identity & Design bei der Deutschen Bahn: »Das Topmanagement weiß, dass sich die Zukunft im Digitalbereich abspielt. Themen wie UX und Digital Design gelten mittlerweile als wesentlich für den Unternehmenserfolg. Die Usability unserer Navigator-App entscheidet mit darüber, ob jemand ein Zugticket kauft oder doch lieber das Auto nimmt.«
Bütow leitet ein sechsköpfiges Kernteam von Designer:innen, das auf der übergeordneten Holdingebene der Deutschen Bahn angesiedelt ist. Dieses steuert den globalen Unternehmensauftritt und ist verantwortlich für Kommunikations-, Produkt-, Service-, UX- und Digital Design – vorrangig im Designmanagement. Für die konkrete Ausführung arbeitet es mit den operativ tätigen Designer:innen der jeweiligen Geschäftsfelder sowie mit externen Agenturen und Dienstleistern zusammen. Entsprechend besteht das Designteam hauptsächlich aus Seniors mit viel Erfahrung.
Rolle definieren und Strukturen anpassen
Rein digital ausgerichtete Unternehmen haben oft die Nase vorn, was den Stellenwert und die Integration von Design angeht. Beim Hamburger Start-up Coyo etwa, das eine Art firmeninternes Social-Media-Netzwerk anbietet, bilden Designer:innen die Schnittstelle zwischen Product Management und Engineering. »Wir übersetzen die Business Requirements in umsetzbare Anforderungen für die Entwickler:innen«, erklärt Product Designer Dennis Schmidt. So könne er auch die Businessziele mit beeinflussen. »Dafür muss man natürlich auch seine Hausaufgaben machen, zum Beispiel in Form von fundierter UX Research.«
In anderen Unternehmen haben Designer:innen aber noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten. Denn die Integration und Aufwertung von Design bedeutet für viele eine große Veränderung. »Daher muss vorab eindeutig geklärt werden, welche Wirkung mit dem Design erzielt werden und welche Rolle es in der Organisation einnehmen soll«, sagt Designer und Strategieberater Philipp Thesen. Der Beitrag von Design könne etwa in der Formgebung von Produkten und Services bestehen, in der Entwicklung von Innovationen oder in der strategischen Ausrichtung und Transformation von Organisationen. Je nachdem, was das Design leisten soll, müsse es auch dazu befähigt und bemächtigt werden, so Thesen: »Das setzt eine klare Entscheidung und eine entschlossene Umsetzung voraus. Sonst entsteht Frust auf beiden Seiten: bei den Designern, weil sie sich mit Belanglosigkeiten herumschlagen müssen oder überfordert sind, und bei den Unternehmenslenkern, die falsche Erwartungen an die Disziplin haben.« Als Berater unterstützt Thesen Unternehmen wie Viessmann oder EnBW dabei, diese Erwartungen realistisch einzuschätzen, zu moderieren und Design in der Organisation zu verankern.