Podcasts sind angesagt, und immer mehr Unternehmen wünschen sich Eigen- oder Fremdformate, in die sie Werbung einbinden können. Hier entsteht ein spannender Markt für Kreative: ob bei der Konzeption, der Entwicklung von Vermarktungsstrategien oder der visuellen Komponente des Mediums
Freiheit. Das ist für viele Podcaster die Eigenschaft, die sie an ihrem Medium am meisten schätzen. Das Equipment ist erschwinglich, thematisch gibt es keinerlei Grenzen, zeitlich oder formal auch nicht – und das eigene Wohnzimmer geht als Studio durch. »Man muss sich zudem nicht nach Marktforschungsergebnissen oder Einschaltquoten richten und kann sehr nischig bleiben«, sagt Maria Lorenz, die mit ihrer Podcast-Produktionsfirma Pool Artists in Berlin Podcasts konzipiert und umsetzt, für Auftraggeber wie zum Beispiel ZEIT Online.
Diese Leichtigkeit hat zu einer enormen Podcast-Vielfalt beigetragen – sogar auf dem verhältnismäßig kleinen deutschsprachigen Markt gibt es Hörstoff von Ayurveda über Fundraising bis zu Gehirnfunktionen. Neben hobbymäßigen, privaten »Laber-Podcasts« sowie Nachrichten- und Interviewformaten von Medienhäusern entstehen auch aufwendige Features, in denen Storytelling und Reportage einander abwechseln, etwa von Viertausendhertz in Berlin. Das Podcast-Unternehmen wurde 2016 von drei Radioautoren gegründet, die an dem On-Demand-Medium unter anderem schätzen, dass sie ihm einen ganz eigenen Ton verleihen können, unabhängig von den Vorgaben eines Senders oder einer Redaktion. Auch eine Vermarktungsexpertin gehört zu dem Gründerteam.
Von knisternd bis hochprofessionell
Die große Podcast-Auswahl – von nischig bis Mainstream, von knisternd bis hochprofessionell aufgenommen – führt wiederum dazu, dass immer mehr Menschen einen Lieblingspodcast finden: 22 Prozent der Deutschen hören nach einer Bitkom-Studie regelmäßig Podcasts (2016 waren es noch 14 Prozent). Laut einer Befragung des Podcast-Vermarktungsnetzwerks Podstars ist das Medium besonders beliebt bei 21- bis 35-Jährigen. Zudem kam heraus, dass Podcast-Hörer ein hohes Bildungsniveau haben. Auch wegen solcher Zahlen und Fakten möchten immer mehr Firmen Podcasts für Werbezwecke nutzen. Erst recht, wenn sie erfahren, dass die Akzeptanz so hoch ist wie bei keinem anderen Medium: 81,3 Prozent der Teilnehmer der Podstars-Studie gaben an, dass sie vom Host eingesprochene Reklame nicht stört. Fast ein Drittel der Befragten hat schon mal eine Website aufgrund von Podcast-Werbung besucht und 12,9 Prozent haben einen Kauf getätigt. Neben Spots kommen verstärkt Branded Podcasts auf: Content Marketing zum Hören. Viertausendhertz produzierte gerade eine Audioreihe zum Thema Elektromobilität für Audi, Maria Lorenz setzte mit Pool Artists ein Format für Sony um.
(Branded) Podcasts konzipieren
Nele Heise ist Medienforscherin und beobachtet die deutschsprachige Podcast-Landschaft seit über fünf Jahren. Ihre Erkenntnisse gibt sie etwa an Podcast-Einsteiger und Medienhäuser weiter. Sie empfiehlt, vor der Konzeption neuer Formate – ob Branded oder nicht – erst mal ganz viele Podcasts zu hören, um ein Gefühl für das Medium zu entwickeln. Zudem sollte man recherchieren, ob es etwas thematisch Ähnliches auf dem deutschen Audiomarkt gibt. »Es geht auch immer darum, die Identitätsfrage zu klären und festzulegen, welche Haltung der Podcast hat«, sagt Nele Heise. Dafür kann man überlegen, ob es ein Gesprächsformat werden soll, ob es Experteninterviews geben wird oder ob ein Thema eher mit journalistischen Berichten beleuchtet wird, die vor Ort statt im Studio aufgenommen werden.
»Man muss generell darauf achten, dass die Hörer Interesse entwickeln – es ist also wichtig, etwas zu erzählen, auf das sie Lust haben. Etwas, das ihr Informationsbedürfnis stillt oder Unterhaltung bietet«, sagt Viertausendhertz-Mitgründer Nicolas Semak. Unternehmen rät Nele Heise, zunächst eine Reihe mit 10 bis 15 Folgen zu starten, um das Format zu testen. »Interviewreihen sind besonders gut planbar, da man sich zuerst hauptsächlich überlegen muss, mit wem man sprechen möchte«, sagt sie.
So geht's weiter
Podcast-Identity: Das Auge hört mit
Podcast-Cover: Klarheit vor Optik
Podcast-Tools: Aufnahme läuft!
Podcast: Hörer finden, Reichweite aufbauen
Monetarisierung: Geld verdienen mit Podcasts
Podcast-Macher: Interview mit Bureau Bordeaux
»Wir haben nach neuen Wegen gesucht, uns über Gestaltung auszutauschen – und dafür mit einem auditiven Medium experimentiert«