Was tun, wenn ein öffentlicher Auftraggeber mit einem weiterhin zusammen arbeiten möchte, aber verlangt, mit der Kalkulation runterzugehen?
Sabine, 46:
Wir sind eine kleinere Agentur, die seit vier Jahren einen öffentlichen Auftraggeber betreut. Die Zusammenarbeit ist gut, und beide Seiten sind zufrieden. Die öffentliche Hand verlangt, dass bei neuen Projek ten Angebote von mindestens drei Dienstleistern vorge legt werden und dass das günstigste den Zuschlag erhält. Bei der Kalkulation eines neuen Auftrags lagen wir recht knapp über dem Angebot einer anderen Agentur und wurden gefragt, ob wir uns dem preislich nicht etwas annähern könnten. Man wolle gerne mit uns arbeiten. Wir haben aber schon sehr knapp kalkuliert und würden Verluste einfahren, wenn wir noch weiter runtergingen. Sollen wir dem Kunden trotzdem entgegenkommen?
Christian Büning:
Liebe Sabine, Bund, Länder und Gemeinden geben das Geld der Steuerzahler aus und sind daher nicht ohne Grund zur Sparsamkeit angehalten. Leider treibt die von Ihnen beschriebene Form des Korruptions- und Kartellschutzes mitunter seltsame Blüten und führt nicht immer zum besten Ergebnis. In der Summe scheint sich diese Praxis jedoch zu bewähren und hat nach wie vor Bestand. Wenn Sie mit Ihrem Angebot dem Auftraggeber so weit entgegenkommen, dass Sie nicht mehr kostendeckend arbeiten, befinden Sie sich mitten im Verdrängungswettbewerb. Sie wissen dabei nicht, wer am Ende verdrängt wird, und gehen ein hohes Risiko ein.
Zunächst sollten Sie Ihre Kalkulation dem Kunden noch einmal ökonomisch nachvollziehbar begründen. Denn auch wenn die Regeln für die öffentliche Auftragsvergabe strikt sind, gibt es nicht selten Spielräume. Wenn Ihr Auftraggeber diese Spielräume für Sie in Anspruch nimmt, hat er zwar mehr Begründungsaufwand, profitiert aber von einem zuverlässigen Partner und bewährt guten Ergebnissen. Verlangt er von Ihnen, ruinös zu arbeiten, sollten Sie überlegen, ob die weitere Zusammenarbeit für Sie überhaupt richtig ist. Die Bewegung abwärts ist meist eine Einbahnstraße, denn sonst müsste Ihr Auftraggeber beim nächsten seriös kalkulierten Projekt mit Ihnen eine noch größere Preisspanne begründen.
Auch wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihrem Auftraggeber der Begründungsaufwand für Ihr Angebot zu hoch ist, empfehle ich, gelassen abzuwarten. Nicht selten kommen Unternehmen oder Institutionen zu bewährten Partnern zurück. Kommt es dann zu einer Fortsetzung, haben Sie eine deutlich stabilere Basis für eine gute weitere Zusammenarbeit.
Christian Büning
Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Kommunikationsdesigner/
PAGE Kolumnist »Business Basics«
Christian Büning ist Inhaber des Büro Büning Informationsgestalter und Gründer des Werkstoff Verlags. Er ist Autor der BDG Gründerfibel und schreibt in der PAGE monatlich für Designunternehmer. Im BDG engagiert er sich für faire Märkte und professionelle Teilnehmer, seit 2011 in der Funktion als Präsident. Er ist leidenschaftlicher Fan von schematischen Zeichnungen und kann sich oft stundenlang nicht zwischen der Unit und der Droid Sans entscheiden. Christian Büning lebt und arbeitet in Münster – mit Fahrrad, natürlich.