Unter dem Motto »United in Strangeness« laden drei Kreative aus Basel Geflüchtete und Migranten zur Zusammenarbeit in ihrem temporären Studio Clash ein.
Studio Clash heißt die Idee von Jan Knopp, der als Designer und Dozent in Basel lebt: Gemeinsam mit dem Fotografen Hans-Jörg Walter und dem Texter David Herrmann lädt er Geflüchtete und Migranten aus allen kreativen Branchen im November zu einem Monat der Zusammenarbeit an einem freien Projekt in der Stadtwerkstatt Basel ein. Das ehrenamtliche Experiment mit offenem Ausgang soll zu neuen Verbindungen und kreativen Impulsen führen – und den Einstieg in die Kreativwirtschaft vor Ort erleichtern.
Im Interview berichtet Jan Knopp von seinen Erwartungen und erklärt, warum man ab und an einfach loslegen sollte, ohne lange zu überlegen. Die Studio-Clash-Ausschreibung gibt’s hier.
Wie seid ihr auf die Idee für Studio Clash gekommen? Jan Knopp: Ich war in Basel im Taxi unterwegs und habe mich mit dem Fahrer unterhalten. Er stammt aus Teheran, wo er eine Werbeagentur geführt hat. Doch er musste emigrieren und arbeitet seither als Taxifahrer. Auch bei Projekten an der Hochschule für Gestaltung und Kunst habe ich mit Migranten aus der Kreativwirtschaft gearbeitet, die ihre alte Heimat verlassen mussten und in der hiesigen Branche nicht Fuß fassen konnten. Man kommt nicht richtig rein, wenn die Kontakte vor Ort fehlen und man die Sprache nicht beherrscht. Die Idee, Brücken zu bauen, reifte mit der Zeit. Ich habe ein paar Mitstreiter gefunden, und nun hat sich die Möglichkeit ergeben, mal einen Monat freizunehmen und sie wirklich umzusetzen. Wir haben beschlossen, vorher nicht lange zu recherchieren, da wir wussten, dass wir sonst auf Hürden stoßen, die uns abhalten könnten. Die ersten Probleme sind mittlerweile natürlich tatsächlich aufgetaucht – aber wir haben losgelegt!
Steht euch die Bürokratie im Weg, oder mit welchen Schwierigkeiten habt ihr zu kämpfen?
Das Hauptproblem ist die rechtliche Situation der Migranten und Geflüchteten, die keinen Asylstatus haben. Sie dürfen hier nicht arbeiten. Zum Teil dürfen sie auch ihre Stadt oder ihren Kanton nicht verlassen. Vielleicht werden wir deshalb in Gruppen aus Basel zu den jeweiligen Leuten reisen. Weil sie kein Geld verdienen dürfen, haben wir bewusst von privatwirtschaftlichen Auftraggebern Abstand genommen und einen ehrenamtlichen Verein gegründet, in den Spenden fließen. Wir werden uns und den neuen Kollegen aber nichts auszahlen – auch denen nicht, die Geld verdienen dürfen, um keine Ungleichheiten zu erzeugen. Eventuell können wir allen eine kleine Aufwandsentschädigung in Form von Gutscheinen anbieten. Das klären wir gegenwärtig noch ab, damit den Personen auf keinen Fall Nachteile entstehen. Wir werden etwas Vertragsähnliches aufsetzen und Arbeitszeugnisse ausstellen. Das ist als Nachweis hilfreich für alle, die in die Schweizer Kreativindustrie eintauchen möchten.
Was erwartet ihr von dem Projekt?
Was uns sehr interessiert, sind die unterschiedlichen Arbeits- und Herangehensweisen der verschiedenen Nationalitäten, Kreativwirtschaften und Kulturen. In vielen Ländern gibt es keine Designhochschulen, die Gestaltung ist längst nicht so akademisiert wie hier, sondern wird eher als Handwerk und als Ausbildungsberuf betrachtet. Wir würden uns sehr freuen, wenn sich eine Mischung aus IT und Handwerk ergibt. Und: Es ist seit Langem mal wieder ein Projekt, bei dem alles komplett offen ist – außer dass es stattfinden wird. Diesen Luxus hat man selten.
Erste Bewerber gibt es schon – und bis Ende September kann man euch noch kontaktieren. Dann entscheidet ein Gremium, welche zwölf Kreativen teilnehmen. Nach welchen Kriterien?
Besonders wichtig ist uns das Motivationsschreiben. Wir möchten erfahren, warum die Bewerber an unserem Projekt teilnehmen möchten, was sie erwarten, was sie einbringen können und wie viel Zeit sie investieren können. Wer nur einen Tag Zeit hat, ist herzlich eingeladen, vorbeizuschauen, doch für den Prozess wäre eine etwas längere Zusammenarbeit schön. Wir wünschen uns außerdem einen wilderen Mix aus Herkunftsländern als den europäischen, der durch das Schengener Abkommen und die Personenfreizügigkeit sowieso gegeben ist.
Vor Sprachbarrieren habt ihr keine Angst?
Das wird bestimmt lustig! Ein bisschen Französisch oder Englisch kriegen die meisten hin. Auf irgendeine Art werden wir kommunizieren können – und sei es über Bilder. Zudem haben wir ein Netzwerk, in dem es Dolmetscher gibt, falls es doch nötig ist.
Wie soll es nach November weitergehen?
Wenn das Bedürfnis da ist, würden wir gern ein lokales Netzwerk mit den Teilnehmern aufbauen, so eine Art Open Agency. Wir möchten einen Ort schaffen, an dem man sich versuchen kann und mit ganz verschiedenen Agenturen und Gestaltern in Berührung kommt – wo man kreativ zusammenarbeitet, ohne dass sofort etwas gelöst werden muss.
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