Wir sprachen mit den Geschäftsführern der Peter Schmidt Group, Lukas Cottrell und Ruediger Goetz, darüber, wie sich konkrete Maßnahmen entwickeln und umsetzen lassen, über die wachsende Bedeutung sozialer Aspekte und welche Farbe Sustainable Design haben kann.
Marken- und Designarbeit bietet vielfältige Ansatzpunkte für nachhaltige Lösungen. Von Brand Codes, die die Botschaft einer Marke stützen, über den Einsatz von ressourcenschonenden Materialien im Packaging oder die Minimierung von Datenlasten digitaler Gestaltung bis hin zu den positiven ökonomischen Effekten des Sustainable Designs – bei der Peter Schmidt Group ist Nachhaltigkeit fest in den Agenturalltag integriert. Dort entstehen Projekte, die sowohl ökologische als auch gesellschaftliche Impulse setzen.
Worum genau geht es beim Sustainable Design?
Lukas Cottrell: Sustainable Design bedeutet, durch den verantwortungsvollen Umgang mit ökonomischen, sozialen und natürlichen Ressourcen einen positiven Beitrag für Gesellschaft und Umwelt zu leisten. Die Kunden, die in Bezug auf Sustainability in den vergangenen Jahren ihre strategische Grundrichtung festgelegt haben, wollen jetzt wissen, wie man ganz konkret nachhaltige Botschaften sendet. Es geht weniger um die Frage, ob ich etwas tun oder nicht tun soll, sondern um das Wie.
Und wie findet man das heraus?
Cottrell: Indem man Wirkungszusammenhänge versteht und das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich betrachtet. Natürlich ist es gut, den Plastikanteil in Verpackungen zu reduzieren oder Websites so umzustellen, dass sie die richtigen, barrierefreien Kontrastverhältnisse anbieten. Vor allem geht es jetzt aber darum, zu schauen, wie man in den großen Prozessen der Unternehmen wirksam aktiv werden kann. Denn schon kleine Optimierungen summieren sich bei hohen Produktauflagen zu massiven Einsparungen.
Da ist es sicher vorteilhaft, wenn das Thema in der eigenen Agentur schon fest verankert ist.
Ruediger Goetz: Auf jeden Fall, und es geht auch kein Weg daran vorbei. Vor allem unsere jungen Mitarbeiter:innen sind hier eine treibende Kraft. Durch viele persönliche Initiativen sorgen sie dafür, dass wir uns als Arbeitgeber substanziell mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und Standards nicht nur einhalten, sondern einen Schritt vorausgehen. Dass wir dafür sorgen, dass Nachhaltigkeit kein Luxus mehr ist, sondern zum Alltag gehört.
»Nachhaltigkeit ist kein Schlechtes-Gewissen-Thema mehr, sondern ein Lebensfreudethema«
Lukas Cottrell
Wie geht ihr bei der Beratung der Kunden vor?
Cottrell: Wir haben einen Handlungskatalog entwickelt, der uns dabei hilft, Nachhaltigkeitspotenziale im Design offenzulegen. In fünf Handlungsfeldern analysieren wir, wo unsere Kund:innen stehen, und entwickeln dann Actionpacks, die zu messbaren Erfolgen führen. Längst ist Sustainability nicht nur ein Label, sondern ein Wachstumstreiber – auch für den ökonomischen Erfolg unserer Kund:innen.
Wie sehen diese Handlungsfelder konkret aus?
Cottrell: Im Sustainable Mindset analysieren wir, wofür die Marke steht und welche Anknüpfungspunkte für nachhaltiges Design sich daraus ergeben. Mit dem Design Footprint schauen wir, was sich hinsichtlich des Materialeinsatzes optimieren lässt, und mit Sustainability Codes, wie man mit einer klaren Designsprache alle Zielgruppen erreicht, und zwar nicht nur die Mehrheit, sondern auch Minderheiten. Im Handlungsfeld Digital Sustainability geht es um ressourcensparende Maßnahmen im digitalen Markenauftritt, und Sustainable Ecosystem schließlich untersucht, wie das alles zusammenspielt, wie man ganzheitliche Wirkungszusammenhänge sichtbar machen kann. Anhand dieser fünf Felder können wir Designstrategien im Kontext der Nachhaltigkeit evaluieren und konkrete Verbesserungen vorschlagen (siehe Grafik unten).
Connect Booklet »Sustainable Design bei der Peter Schmidt Group«
Um Unternehmen dabei zu beraten, wie sie nachhaltiges Design etablieren und gewinnbringend einsetzen können, hat die Peter Schmidt Group fünf Handlungsfelder identifiziert. Auf ihnen aufsetzend entwickelt die Agentur maßgeschneiderte »Actionpacks« für Marken. Nachzulesen ist dies auch in einem Whitepaper, das Sie hier herunterladen können.
Das heißt, Barrierefreiheit ist auch ein Aspekt der Nachhaltigkeit?
Cottrell: Informationen zugänglich zu machen, ist eine ganz wichtige Aufgabe. Beispiel Lesbarkeit: Welche Schriften wählt man in welcher Größe aus? Was sind optimale Kontrastverhältnisse? Das alles muss man nicht nur für die große Mehrheit bedenken, sondern auch für Zielgruppen mit anderen Sinneswahrnehmungen.
Ist die Bedeutung der sozialen Säule der Nachhaltigkeit durch die Pandemie gestiegen?
Cottrell: Ja, das belegt auch unsere Studie »Better Brands«. Unter den Top-5-Themen nannten die Befragten neben Umwelt- und Klimaschutz die Achtung der Menschenrechte. Gleichbehandlung stand sogar auf Platz eins. Weil ökologische Themen eine starke mediale Aufmerksamkeit genießen, vergessen wir oft, dass es darum geht, die drei Säulen Ökologie, Soziales und Ökonomie in Balance zu bringen. Wir müssen auch bedenken, dass das, was wir etwa an ökologischen Verbesserungen einführen, Auswirkungen auf Arbeitsplätze haben kann.
Das klingt nicht nach der typischen Jobbeschreibung eines Designers oder einer Designerin.
Goetz: Ich finde schon. Designer:innen sollten den Anspruch haben, einen Beitrag zu gesellschaftlichen Diskussionen zu leisten und Probleme zu lösen. Schaut man auf die Awards der letzten Jahre, sieht man immer öfter Arbeiten, die das Thema Nachhaltigkeit intelligent und substanziell visualisieren. Designer:innen sind in diesem Umfeld gut platziert und können und sollen ihre Multiplikatorfunktion nutzen. Cottrell: Wir reduzieren Gestaltung zu oft aufs Handwerk. Das Berufsbild verändert sich hin zu gesellschaftlichen Aspekten, und das muss auch in der Ausbildung eine zentrale Rolle spielen. Die Studierenden haben einen unglaublich starken sozialen Gestaltungswillen. Man darf aber nicht vergessen: Designer:innen sind keine Missionar:innen. Wir arbeiten im Auftrag. Natürlich darf und muss man eine eigene Haltung haben, aber nicht ideologisch agieren.
Nachhaltigkeit ist ein sehr komplexes Thema. Wie eignet man sich das notwendige Wissen dafür an?
Cottrell: Es ist ein Lernprozess. Und es gibt Expert:innen, die helfen, Dinge richtig einzuschätzen. Wie etwa Barrierefreiheit im digitalen Raum funktioniert. Man muss erkennen, dass man nicht alles wissen kann, und auch andere zu Wort kommen lassen. Daraus kann sogar eine neue Markenhaltung entstehen. Plötzlich ist man vielleicht nicht mehr die Marke, die herausposaunt, was sie alles Tolles kann, sondern wird zum Multiplikator anderer Botschaften. Goetz: Eigene Erfahrung hilft beim Kompetenzerwerb ungemein. Dazu gehört auch, eigene Produkte zu entwickeln. Zum Beispiel die Seifen aus Kaffeesatz für unsere Grace-of-Waste-Kollektion. Oder die Korkprodukte, die wir unter dem Label N ÜBER C realisiert haben. Hier lernen wir hautnah, was es bedeutet, nachhaltige Wertschöpfung auf die Beine zu stellen – so, dass sie nachher auch im Regal liegt und bezahlbar ist. Die Erfahrungen, die wir da in kreativer Hinsicht, aber auch in Bezug auf Sourcing, Logistik und Vertrieb machen, liefern wertvolle Erkenntnisse für Kundenprojekte und sind zugleich ein Kompliment an die Ernsthaftigkeit, mit der die Peter Schmidt Group Nachhaltigkeit versteht. Nicht als Claqueur und Pseudokritiker am Rand zu stehen, sondern seriös zu versuchen, nachhaltig kommerziell erfolgreich zu sein.
In der Studie »Better Brands« gaben über die Hälfte der Befragten an, dass bunte, knallige Farben gut zum Thema Sustainability passen. Hat Grün als visuelles Markenzeichen ausgedient? Und wie unterscheiden sich nachhaltige Produkte und Marken dann visuell?
Goetz: Nachhaltigkeit hat ganz viele Facetten und sieht ganz unterschiedlich aus. Die nächste Evolutionsstufe in der Kultur nachhaltiger Codes zeigt zum Glück sehr gut erkennbar, dass wir oberflächliche Signale hinter uns gelassen haben. Sustainability lässt sich nicht durch das gockelhafte Übernehmen von irgendwelchen bildhaften Elementen, von Semantik oder Semiotik, die irgendwie gelernt ist, beweisen. Ganz im Gegenteil macht dies Verbraucher:innen eher misstrauisch, weil sie erfahren haben, dass dies die leichteste Art ist, Nachhaltigkeit zu behaupten. Es geht eher um Haltungsfragen, um Stimmigkeiten zwischen Eigenbild und Fremdbild, zwischen Leistungsfähigkeit und Signal. Die Konsument:innen haben hier mittlerweile eine deutlich höhere Mündigkeit. Cottrell: Nachhaltigkeit ist kein Schlechtes-Gewissen-Thema mehr, sondern ein Lebensfreudethema, und das wirkt sich auf das Design aus, das grell, knallig, laut und lustig sein darf. Es geht nicht mehr um ein grünes Label auf Verpackungen. Wir müssen uns in der Gestaltung davon lösen, diesen Schlüsselreiz zu bedienen, weil man damit auch Plattitüden bedient und die Ernsthaftigkeit des Themas Nachhaltigkeit in Frage stellt. Das bedeutet nicht, Grün komplett zu meiden – es heißt vor allem, dass wir ernsthaft kommunizieren sollten. Goetz: Nehmen wir das Beispiel Patagonia. Wüsste ich nichts über Patagonia, sähe ich die Marke, den Namen, die Kleidungsstücke, das Design das erste Mal im Laden – ich würde niemals auf die Idee kommen, wie konsequent die Marke sich mit nachhaltigen Werten positioniert und möglicherweise auf Profit verzichtet, um eine nachhaltige Wertschöpfung zu bieten.
Oder die Marke Nudie Jeans aus Schweden, die einen lebenslangen kostenlosen Reparaturservice bietet. Ich weiß nicht, wie viele Menschen das wahrnehmen, ich tue es auf jeden Fall. Damit bekommt die Jeans, die ja eine grandios schlechte Ökobilanz aufweist, eine ganz andere Form von Nachhaltigkeit. Die Jeans, die man so lange trägt, bis sie nicht mehr zu reparieren ist, ist die nachhaltigste, die man haben kann. Das siehst du der Marke Nudie aber nicht an. Sie bedient alle relevanten Codes einer urbanen Jeansmarke, das Thema Sustainability ist in keiner Weise in ihrer Signalwirkung vorhanden. Ein gutes Beispiel dafür, dass sich die wirklich starken Marken auf das Freudvolle, das gute Darstellen einer Leistung konzentrieren und nicht auf den effekthascherischen Nutzen misstrauisch machender, verbrauchter Codes.
»Bringt man Ästhetik und das Erzählen von Geschichten geschickt zusammen, kann sich Nachhaltigkeit immer neu erfinden«
Ruediger Goetz
Marken sollten also nachhaltige Werte schaffen, bevor sie ans Kommunizieren denken?
Goetz: Und sich darauf besinnen, dass sie ausgesprochen mächtig sein können. Mit Markentechnik generieren wir Besitzverantwortung: Eine wirklich starke Brand, gerade bei Gebrauchsgütern, wird besser und sorgfältiger behandelt, weil sie eine starke Markenkennung hat – ein Wert, den wir mit den Kund:innen gemeinsam erzeugen. Ich gehe mit einem technisch wahrscheinlich identischen Apple-Produkt viel sorgfältiger und somit nachhaltiger um als mit einem vergleichbaren Produkt aus asiatischer Herstellung. Insofern sind Marken Instrumente zur Steuerung von Anwender:innen und Kund:innen zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und Objekten. Designer:innen können da wirklich einen großen Beitrag leisten.
Ein Produkt, in dem Kreativität, Ästhetik, Lifestyle und smarte Nachhaltigkeit toll zusammenkommen, ist zum Beispiel auch unser Furoshiki-Tuch aus Ocean Plastic. Eigentlich ist es klassisches Upcycling – zugleich aber auch die Einführung des japanischen Rituals, Geschenke in einem wiederverwendbaren Tuch zu verpacken, in die westliche Kultur. Es ist ungemein faszinierend, wie sich Nachhaltigkeit immer neu erfinden lässt, wenn man Ästhetik und das Erzählen von Geschichten geschickt zusammenbringt. Cottrell: Kulturelle Rituale zu berücksichtigen ist auch eine Form der Nachhaltigkeit, über die in einem nächsten Schritt Identität entsteht. Und mit nachhaltigem Design identitätsstiftend wirksam zu werden, ist nicht nur eine tolle gestalterische Aufgabe, sondern zugleich der zentrale Aspekt unserer Designarbeit.
Was ist eigentlich Sustainable Design?
Sustainable Design eröffnet vielfältige Chancen für die Intensivierung und Verstetigung der Kundenbindung. Erfahren Sie, was sich hinter dem Begriff Sustainable Design verbirgt und laden Sie sich jetzt unser kostenloses Booklet herunter:
Connect Booklet »Sustainable Design bei der Peter Schmidt Group«
Vielen Dank für den Hinweis. Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten. Wir haben den Link ersetzt
Der Link zur Studie »Better Brands« führt zu einer 404 Seite (Stand 9.11. 11:34 Uhr). Da stimmt wohl etwas nicht