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Erfolgreiche Membership-Finanzierung: »Hauptsache, das Produkt ist nützlich«

Membership-Plattformen wie Patreon oder Steady helfen Kreativen, sich über ihre Communitys zu finanzieren. Wir sprachen mit Armin Unruh, Designer und Developer aus Berlin darüber, wie er mit seinem Portfolio-Template für Designer dauerhaft Gewinn erzielt und damit auch anderen Kreativen zu einem Zusatzeinkommen verhilft.

Armin Unruh

Hätte Armin Unruh, Designer und Developer aus Berlin, 2015 schon geahnt, wie erfolgreich sich Lay Theme – sein WordPress-Template für Portfolio-­Sites – entwickeln würde, hätte er wohl schon früher aufgehört, fancy Web­sites für Kunden zu programmieren, und sich ausschließlich auf sein Herzensprojekt konzentriert. Dieses entstand durch Mut, Hartnäckigkeit und seine Community, die ihm durch Feedback zum Produkt und Empfehlungen zum Durchbruch verhalf. Inzwi­schen hat Armin Unruh seine Leidenschaft mit der Gründung von 100k Studio zum Hauptberuf gemacht.

Du hast in einem Interview gesagt, dass sich digitale Produkte im Schlaf verkaufen, während kleine, individuelle Websites zu programmieren kein so gutes Geschäftsmodell sei. Lay Theme hat dich aber auch erst mal viel Schlaf gekostet, oder?
Armin Unruh: Stimmt. Ich habe mit dem Projekt zweimal neu angefangen, weil ich nicht zufrieden war. Und während der Entwicklung bin ich jeden Tag um fünf oder sechs Uhr früh aufgestanden, ohne mir einen Wecker stellen zu müssen. Ich bin förmlich aus dem Bett gesprungen – und wenn jemand anrief, hab ich mich beschwert, dass ich ge­rade arbeite und nicht gestört werden will. Das lag einfach an meiner Motivation. Ich habe so sehr für das Projekt gebrannt, dass es mir fast egal war, ob es als Business funktionieren würde, ich wollte es unbedingt umsetzen. Ich hab mir gesagt: Ich mach das jetzt! Und falls es nicht klappt, kann ich mir immer noch einen normalen Job als Angestellter suchen.

 

Aber es hat super funktioniert, und besonders dein Netzwerk hat zum Erfolg beigetragen.
Ja, von Anfang an eine Community zu haben war wirklich ein entscheidender Faktor. Ein paar Freun­de und ich hatten die Facebook-Gruppe »Crazy Cool Websites« gegründet, die ziemlich schnell auf über 5000 Mitglieder anwuchs. Lay Theme ist ein Mix aus meiner Expertise und den vielen Ideen anderer Leute. Besonders als es noch nicht so viele Features und Optionen gab, habe ich auf die Wünsche der User ge­hört, und bevor das Template herauskam, hatte ich mich schon mit anderen Designern hingesetzt und sie es ausprobieren lassen. Da habe ich ganz schnell gemerkt, was ich noch optimieren musste, und habe wirklich guten Input bekommen.

Lay Theme ist ein WordPress-Theme für responsive Portfolio-Sites. Neben dem zeilen- und spaltenbasierten Layouttool LayGridder gibt es über 250 Optionen, mit denen sich das eigene Portfolio indivi­duell anpassen lässt. Mittlerweile ist es bei rund 11 500 Kunden weltweit im Einsatz. Wer zur Lay-Theme-Community gehört, wird mit seinem Portfolio auf Instagram gefeaturt.

Wie hast du das Template dann vermarktet?
Lay Theme war zunächst ein Jahr lang kostenlos, da ich zuerst einmal schauen wollte, wie es ankommt und was ich verbessern muss. Ich habe den Link in unsere Grup­pe gepostet und alle möglichen anderen Desig­ner mit großen Netzwerken gefragt, ob sie ihn teilen. Das sorgte für einen derartigen Ansturm auf meinen Server, dass ich den Webhoster wechseln musste. Die Leute haben sich Lay Theme unter­ein­ander empfohlen, ich brauchte keine bezahlte Werbung zu schalten. Hauptsache, das Produkt ist nützlich und die Leute sind zufrieden, dann empfeh­len sie es ein­an­der, und schon hat man eine Community für das Produkt.

Dennoch behandelst du Lay Theme nicht als Selbstläufer, der dir schlafend zu Reichtum verhilft, sondern du entwickelst das Angebot ständig weiter. Wie skalierst und planst du?
Ich wusste von Anfang an, dass es ein nie endendes Projekt ist. Also zumindest so lange, wie die Leute Lay Theme verwenden, und es gab immer so vieles, was ich noch verbessern wollte. Es war superwichtig, dass ich mir irgendwann Hilfe für den Support geholt habe. Ich würde es zeitlich auch gar nicht schaffen, den Support zu machen und gleichzeitig Lay Theme wei­terzuentwickeln. Aber auch da­bei ha­ben andere geholfen: Felix Albert hat eine Zeit lang den Gridder neu programmiert und Oskar Stahl­berg ein kleines Selectbox-Feature. Doch wenn man einen Programmierer fair bezahlt, wird das auf Dauer teuer, und ich finde es gut, dass ich nach wie vor die volle Kontrolle habe. Außerdem kommt man nicht unbedingt schnel­ler voran, wenn man immer mehr Developer an ein Projekt setzt. »Neun Frauen können kein Baby in einem Monat haben«, hat der Informatiker Fred Brooks gesagt.

Also geht es eher darum, sich einerseits lang­fristig etwas vorzunehmen und andererseits eine Beziehung zu den Nutzern aufzubauen?
Genau, viele Leute sind sehr beharrlich und diszipliniert und schaffen dann nice Sachen, obwohl sie nicht einmal besonders begabt sind. Im Informatik­unterricht in der Schule war ich einer der Schlech­testen, aber wenn man etwas lange genug jeden Tag tut, kommt man auch weiter. Und bei der Bindung der Nutzer hilft es, wenn sie merken, dass du nicht nur ihr Geld willst. Das Image-Hover-Add-on hab ich kostenlos herausgebracht für alle, die eine Pro- oder Studio-Lizenz hatten, und demnächst wird das neue Shop-Update ohne Aufpreis gelauncht. Es geht mir darum, etwas zu entwickeln, womit andere Krea­ti­ve etwas anfangen können.

Und es gibt das Affiliate-Modell für Lay Theme.
Genau. Wer Lay Theme gut findet und etwas Geld verdienen möchte, erhält einen Affiliate-Link, den er in seine Website einbetten kann, wo dann steht: »Made with Lay Theme«. Klickt jemand diesen Link und entscheidet sich einige Tage später, Lay Theme zu kaufen, bekommt der Affiliate 20 Prozent Pro­vi­sion. Ich realisiere das über Gumroad, das auch fürs internationale Rechnungswesen und die diversen Steuersätze eine praktische Plattform ist. Gumroad handelt das und lässt sich außerdem super mit der Schnittstellenintegration Zapier kombinieren. Die Automatisierungsplattform habe ich angebunden, um über meinen Server Lizenzen zu erstellen und sie dann per E-Mail an Kunden zu verschicken.

Was ist dein Fazit nach mehr als fünf Jahren mit Lay Theme?
Ich bin sehr zufrieden damit, dass ich nur noch daran arbeite. Ich wollte nie irgendwo angestellt und fremdbestimmt sein. Ein Online-Business zu betrei­ben ist für mich die beste Lösung. Ich kann unter nor­malen Umständen wirklich viel und lange verreisen und brauche mir keinen Wecker zu stellen.

Geschäftsmodell Lay Theme

Eine einfache Lay-Theme-Lizenz für eine WordPress-Website kostet rund 60 Euro und enthält ein Add-on – Carousel, Image Hover, Fullscreen Slider oder Lightbox – sowie Support und kostenlose Updates. Eine Pro-Lizenz für bis zu drei Sites und mit allen Add-ons gibt’s für rund 110 Euro, die Studio-Lizenz (bis zu zehn Sites) für circa 210 Euro. Zudem ist eine Stand-alone-Version des WordPress-Plug-ins LayGridder erhältlich. Das einfach bedienbare Layouttool für responsive Websites bildet das Herzstück von Lay Theme und ist preislich identisch gestaffelt wie Lay Theme.

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Dieser Artikel ist in PAGE 04.2021 erschienen, die Sie mit Ihrem Abonnement hier komplett runterladen können.

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