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Was ist eigentlich Designmanagement?

Designmanagement koordiniert die Gestaltungsarbeit verschiedener Unternehmensbereiche so, dass sich für Kunden ein einheitliches 
Erlebnis einstellt.

PAGE Connect Design Management

Inzwischen ist den meisten Unternehmen klar, dass sie Design einsetzen müssen, wenn sie sich im Marktwettbewerb be­haupten wollen. Ohne Gestaltung gibt es keine Differenzierung von Mitbewerbern im Markt und kein ganzheit­liches und stim­miges Kundenerlebnis – es reicht nicht länger aus, der Billigste, der Schnells­­te oder der Klügste zu sein: Kunden kaufen dort ein, wo sie sich am besten auf­gehoben füh­len, dort, wo sie ein für sie ­relevantes und stimmiges Erlebnis erfahren. Und diese Ansprüche stellen Kunden nicht nur bei Konsumprodukten – auch bei anderen Produkten und Services legen sie die­sen Maßstab an. Ein Unternehmen, dem es nicht gelingt, für eine mo­tivierte und möglichst loyale Kundschaft zu sorgen – also quasi ein Kundenbündnis zu erzeugen –, wird bei der nächsten (Kunden-)Wahl übergangen.

Deshalb kann es sich heute keine Or­ganisa­tion erlauben, die Gestaltung dem Zufall zu über­lassen. Unternehmen müssen immer wieder sicherstellen, dass sie das Richtige tun – und das auch richtig tun. Dabei ist die Erfassung sämtlicher Aspekte, die einer Gestaltung unterliegen (und das sind mehr, als man glaubt!), der Beginn einer Kette von Maßnahmen, die es zu planen und auszuführen gilt.

Von der Gestaltung der Corporate Identity über das Design von Angeboten und Leistungen, von Vertriebs- und Kommunikations­materialien sowie von Verkaufs- und Serviceflächen bis hin zur Gestaltung von Interaktionen zwischen Mitarbeitenden und Kunden und so weiter: Alle diese Touchpoints müssen im Sinne der passenden Unternehmenspositionierung und -stra­tegie konzipiert und gestaltet werden und dabei wie aus einem Guss zusammen­wir­ken, damit ein konsistentes und ko­hären­tes Gesamtbild entsteht.

Wo wird was gestaltet?

Diese Gestaltungsarbeit findet auf unterschiedlichen Ebenen in der Organisation statt und bindet eine Vielzahl von Spezialisten mit ein. Auf der strategischen Ebene gilt es, die Grundlagen für eine »geführte« Gestaltung festzulegen, sodass sich sämtliche Designaktivitäten einem gemeinsa­men Motto fügen. So entsteht eine »Unternehmenspartitur«, die dafür sorgt, dass alle gemeinsam an einem einheitlichen Kundenerlebnis arbeiten. Dies ist die Domäne der Markengestalter, der Business Designer und Designstrategen.

Auf der Prozessebene werden die unterschiedlichen Abteilungen und Gewerke mit­­einander verbunden und zusammen­geführt. Hier werden Pläne und Vorgaben erarbeitet, die das Angebot einer Orga­ni­sation erst möglich machen. Auch in die­se Prozesse muss sich Gestaltung optimal einfügen können, und Design muss autorisiert sein, seinen Beitrag dazu zu leisten. (Leider sind in vielen Unternehmen Design­spezifikationen nach wie vor nur Empfehlungen und keine verbindlichen Vorgaben!) Auf dieser Ebene des Design Thinking agieren Business- und Service Designer – oder auch Designmanager.

Auf der Umsetzungsebene werden die Touchpoints gestaltet und realisiert. Von einer Creative Direction geführt, können sie in der Zusammenwirkung eine Kohärenz erzeugen, die für ein einheitliches Kundenerlebnis sorgt. Hier tummeln sich sämtliche Designer, die mit dem »Design Doing«, also der Umsetzung, beauftragt sind. Je nach Touchpoint sind hier interne Designer, externe Agenturen oder Free­lancer am Werk und gestalten Services, Produkte, Interfaces, Kommunika­tions­in­halte und -mittel sowie Verpackungen, Verkaufsräume und vieles mehr.

Diese drei Ebenen der Designaktivi­tä­ten sind auch als »Designleiter« bekannt. Sie erhielt ihren Namen in einer Studie des Dansk Design Center von 2001, in der erhoben wurde, in welchem Maße Design in Unternehmen eingesetzt wird. Das dort ge­zogene Resümee verwundert nicht: Die meis­ten Unternehmen setzen Design nur als Funktion ein, als nachgelagertes Formgeben. Jedoch konnte die Studie auch zeigen, dass jene Unternehmen, die Gestaltung auf allen drei Ebenen der Designleiter eta­bliert haben, am profi­ta­bels­ten arbeiten.

Mittlerweile hat eine vergleichbare Stu­die der Unternehmensberatung McKinsey von 2018 dieses Ergebnis bestätigt. Mit ihrer Aussage, dass Unternehmen den optimalen »Business Value of Design« nur erreichen, wenn sie Gestaltung umfassend etablieren, bestätigt sie die Notwendigkeit von Designmanage­ment.

Wie entstand Designmanagement?

Um in der Komplexität aller designrelevan­ten Maßnahmen über die drei genannten Unternehmensebenen hinweg den Überblick zu behalten, bildete sich nach und nach das Tätigkeitsfeld des Designmanage­ments he­raus. Bereits in den 1960er Jahren begannen Unternehmen, ihre gesamte Ge­staltungsarbeit zu koordinieren – einige sogar wesentlich früher. Entweder war ­dies eine Aufgabe des Markenmanagements, das vornehmlich auf die Einhaltung von Corporate-Identity-Richtlinien achtete und dort eine koordinierende Rolle wahrnahm, oder es waren Industriedesigner, die sich zu Projektleitern weiterentwickelten und so koordinierende Aufgaben in den Produktionsprozessen übernahmen.

Der Schwerpunkt dieser Tätigkeiten lag in der Abstimmung und prozessualen Füh­rung von Designaktivitäten, die sich stark an den Erfordernissen der jeweiligen Organisationsstruktur orientierten. So ent­wi­ckelte sich das Designmanagement ab­hän­gig vom jeweiligen Unternehmenssilo, in dem es tätig war: Brandmanagement ­in der Unternehmensführung, Design­ma­nage­ment in der Produktentwicklung.

Seit den 1980er Jahren dann konkretisierte sich das Berufsbild des vornehmlich organisatorisch in der Forschung und Ent­wicklung tätigen Designmana­gers. Zu die­ser Zeit entstanden vermehrt Designabteilungen und prägten die Anerkennung von Design als eine klar abzugrenzende Unternehmensfunktion. Designmanagement ist seitdem hauptsächlich mit der Koordination und Abstimmung von Produkt- und Interface Designs betraut, was über die Jahre hinweg zur Funktion des CDO (Chief Design Officer) führte.

Designmanagement wird daher in erster Linie von Produktdesignern ausgeübt, die sich in ihrer Karriere weiterentwickelten und sich so die nötigen Kompetenzen aneigneten. Hierzu gehören neben dem inhaltlichen Verständnis von Design­aktivitäten auch praktisches Know-how in den Bereichen Pro­jekt­management, Budgetierung und Prozessmanagement.

In vielen Organisationen ist dieses »produktdesigngetriebene« Design­management ein Teilaspekt eines (umfassenderen) »Design Ma­nagements«, das sich um die Design­ak­­tivitäten in sämtlichen Unternehmens­aspekten kümmert: um die Definition der Design­strategie als Bestandteil der Unternehmensstrategie, um die Festlegung von Designprinzipien als Teil der Corporate Iden­tity und um den Designprozess als Teil des Geschäftsprozesses. Auf diese Weise hat die Wirkungs­­tie­­fe von Designmanagement fort­wäh­rend zugenommen, weshalb immer häufiger die englische Schreib­weise »Design Management« verwendet wird, die ein umfassenderes Verständnis der Disziplin ausdrückt.

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36-seitiges PAGE-Connect-Booklet zu den neuen Anforderungen an das Designmanagement

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Die Rolle des Designs
Design kann innerhalb von Unternehmen unterschiedliche Rollen einnehmen. Angelehnt an die sogenannte Designleiter des Dansk Design Center von 2001 sind dies: Design als reine Formgebung, Design als Prozess und Design als Strategie. Mit jeder dieser Stufen sind verschiedene Tätigkeiten und Berufsbilder verknüpft. Designermanager sind vornehmlich auf der zweithöchsten Stufe im Einsatz.

Designmanagement heute

Durch die Globalisierung der Märkte und den gewachsenen Anteil von Dienstleis­tun­­gen in der Wertschöpfungskette von Produkten sind wir heute in der Situation, dass Design nicht länger eine alleinige Aktivität der Produktentwicklung ist, sondern eine Tätigkeit der gesamten Organisation. Denn im Rahmen der digitalen Transformation wird klar, dass Unternehmen integriert und kun­denzentriert handeln müssen: Kunden be­merken sofort, wenn die unterschiedli­chen Touchpoints ihrer User Journey nicht markenkonsistent sind – ge­schweige denn nicht lückenlos funktionie­ren –, und wenden sich ab.

Designmanagement hat nun die Rolle, die Gestaltungsarbeit der verschiedenen Unternehmensbereiche so zu koordinieren, dass sich für Kunden ein einheitliches Erlebnis einstellt. Für Designmanager bedeutet dies, dass sie die unterschiedlichen Aspekte von Design verstehen und zusam­menbringen müssen: Produkt-, Grafik, Interaktions- und Mediengestaltung entstehen in Konzernsilos, müssen aber in der Führung zusammen gedacht und -gebracht werden. Da die Konzernsilos jedoch auch Machtgebilde sind, ist es oft ein Kraftakt, ein übergreifendes Design Management zu etablieren und auszuüben.

Dies ist auch der Grund, warum viele Unternehmen das Potenzial von Design Management zwar erkennen, aber sich schwertun, es auch zu etablieren. Doch dort, wo es sukzessive gelingt (wie im Falle der Schweizerischen Post), entsteht riesiges Potenzial.

Wie wird man Designmanager?

Da die Aufgaben des Designmanagements von Koordination und Steuerung bestimmt werden, braucht es auch Verhandlungsge­schick und die Gabe, Konflikte zu lösen: Man muss zwischen den Wünschen von De­signern, Managern und Vertrieblern na­­vigieren können und in der Lage sein, Ziel­konflik­te zwischen diesen Bereichen und Silos auszugleichen. Dies entspricht ei­nem Anforderungs­profil, das sich nicht für jeden Designer anbietet und in der Regel auch nicht einfach zu besetzen ist.

Diese Mischung aus Gestaltungs- und Verwaltungskompetenz ist selten, und ob­wohl das Berufsbild des Designmanagers sich immer mehr konkretisiert und nachgefragt wird, findet die berufliche Ausbildung meist on the Job statt. Lange gab es nur wenige Studiengänge, die sich dem Design­management widmen, die meisten davon im englischsprachigen Raum.

Doch in­zwi­schen finden sich auch an deutsch­sprachi­gen Hoch­schu­len zu­neh­mend Designmanagement-Studiengänge, etwa an der Hochschule Macromedia, an der Hoch­schule Luzern, an der Mediadesign Hoch­schu­le in Berlin, Düsseldorf und München, an der Hochschule Rhein-Main sowie an den Fachhochschulen Soest und Salzburg. Dabei handelt es sich meist um Masterstudiengänge, die im Anschluss an ein Bachelorstudium im Bereich Design absolviert werden. An anderen Hochschulen ist Designmanagement kein eigen­ständiger Studiengang, sondern ein Schwer­punkt, wie an der Fachhochschule Münster oder der HAWK Hildesheim.

Speziell für Berufstätige gibt es einige Weiterbildungsangebote, wie an der Hochschule Luzern. Noch wird das Stu­dium von Gestaltungshochschulen angeboten, zunehmend jedoch entdecken auch die Wirtschaftsfakultäten dieses Feld für sich. In Ös­terreich gibt es etwa einen BWL-Stu­dien­­gang mit Schwerpunkt De­sign an der New Design University in St. Pölten. Es ist zu erwarten, dass weitere Angebote im deutschsprachi­gen Raum hinzukommen.

Derzeit läuft das Ausbildungsangebot der Nachfrage hinterher, denn die Indus­trie wird sich der Notwendigkeit dieser elementar wichtigen Funktion immer mehr bewusst. Trotz struktureller Hürden bei dem Versuch, Design umfassend zu eta­blieren, werden Marke und De­sign zunehmend zusammengefasst und auf strate­gischer Ebene integriert gedacht und gemacht.

Nicht nur Big Player wie Apple, Por­sche oder Sam­sung begreifen Design eher als strategische Maß­nahme denn als nachgelagerte Form des »Aufhübschens«. Auch Banken, Telekommunikations- und Softwareanbieter, Versicherungen und Handelsketten beginnen, Gestaltung ernst zu nehmen und so zu managen, dass sie sie optimal und strategisch für ihre Belange einsetzen können. Sie greifen das Potenzial umfassender Gestaltung auf und priorisieren sie in ihren Unternehmen. Damit dies wirklich und nachhaltig gelingt, benötigen sie Design Management!

Autor: Professor Jan-Erik Baars leitet den Studiengang Design Management an der Hochschule für Wirtschaft Luzern und ist Mitgründer der Strategieberatung Prenew sowie Autor des Buchs »Leading Design. Design strategisch einsetzen: Wie Unternehmen das volle Potenzial entfalten!« (erhältlich beim Vahlen Verlag, München, ISBN 978-3800656394).

Dieser Text entstand im Rahmen von Connect Creative Competence, der Initiative von PAGE zur Förderung neuer Kompetenzen in Agentur, Hochschule und Unternehmen.

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