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Hätte ich das mal früher gewusst! Teil 3

Einige Fehler hätte man sich im Rückblick doch lieber gespart. Wir haben Kreative gefragt, welche Tipps sie ihrem jüngeren Ich geben würden.

Astrid Wunsch

47, Strategic Design Manager bei SAP AppHaus Berlin

Mit 20   . . . dass man nie kostenlos arbeiten sollte. Als Grafikdesigner wird man immer wieder gefragt, ob man nicht schnell mal was gestalten kann. Obwohl jeder Designarbeit schätzt, scheint sie keiner zu würdigen, denn oft bekommt man höchstens ein warmes Dankeschön. Das macht nicht nur die Preise der anderen Designer kaputt, sondern nimmt Design auch jeglichen Wert. Ich habe all diese Gefälligkeiten später oft bereut. Meine Erklärung dafür ist, dass zumindest in mei­nem Studium Geld und Verdienst in Vorlesungen nie eine Rolle gespielt haben. Leider wurde uns nicht beigebracht, wie man als selbstständiger Designer wirtschaftlich arbeitet und wie viel Gewinnmarge man braucht, um weniger gute Tage zu über­stehen. Viele meiner Designerfreunde krebsen heute mehr oder weniger am Existenzminimum herum.

Mit 30   . . . dass der Wurm dem Fisch schmecken muss und nicht dem Angler. Als junge Gestalterin ist man oft in die ei­genen Designs verliebt und hört Kritik und Feedback nicht so gerne. Meine Dreißiger waren bereits stark von den digitalen Me­dien geprägt. Zum Teil war es für mich schockierend, welche Designs im Internet funktionierten und welche nicht. Durch Klickraten, Multivariate Tests, A/B-Testing, Eyetracking et cetera war es plötzlich möglich, genau zu sehen, wer wann wo und wie lange verweilt und auf welche interaktiven Elemente klickt. User-Tests haben mir die Augen geöffnet – und mich desillusioniert. Mir wurde auf die harte Tour bewusst, dass Design keine Kunst ist, sondern einen Zweck erfüllen muss. Einfach nur »schön« ist nicht. Wenn ein Nutzer es nicht intuitiv versteht, ist es einfach ein Scheißdesign. Da helfen auch noch so viele Photoshop-Filter nicht. 😉

Mit 40   . . . dass Design in den Chefetagen ankommen wird. Durch die Innovationsmethode Design Thinking hat in den Unternehmen ein Pa­ra­digmenwechsel stattgefunden: Design wird nicht mehr nur als ästhetische und funktionale Ge­staltung verstanden, sondern hat eine größere, holistische ­Be­deutung bekommen. Ich wünschte, der Siegeszug von Design Thinking hätte schon früher stattgefunden. Empathie, Co-Creation, heterogene Teams, das Involvieren von Nutzern und Rapid Prototyping waren alle schon irgendwann mal in ­Mode, aber immer fragmentiert und nicht in einem übergreifenden Prozess vereint.

Hier finden Sie alle Beiträge aus dieser Serie.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler….

    Danke für diesen Satz! Er beschreibt das Problem einfach wunderbar

  2. Hallo Monika! Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Tipps!

  3. Danke Nina für diesen Artikel, als langjährige Designerin kann ich dem Gesagten nur zustimmen. Im Bereich Design sind sehr viele Frauen beschäftigt, die gerade was finanzielle Dinge angeht, sich oft viel zu gering bezahlen lassen und ihre Zahlen nicht kennen. Jede junge Designerin hat große Träume und Visionen von dem Traumberuf Designer, wenn sie anfängt. Doch die Kehrseite kommt meistens erst nach Jahren, nicht zuletzt weil man plötzlich mit 40 merkt, daß man nur noch am Rechner sitzt, um die laufenden Rechnungen zu bezahlen, man kaum über die Runden kommt, Ausgebrannt ist und man am Existezminimum rumkrebst. Als Kreative halten wir selbst ein Bild von Kreativen hoch, das in der Realität ganz anders aussieht und auch oft zu wenig wertgeschätzt ist. Mir hat es enorm geholfen, meine kreative Arbeit als Business zu sehen, bei dem es um Inspiration, Wertschätzung und Austausch von Ressourcen geht. Wenn das im Gleichgewicht ist, dann wird Kreativität auch wieder zum Traumberuf.

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