Serifenlose West: Prägnanz und Pragmatismus
In der neusten Schrift der Foundry Fontwerk interpretiert Daniel Perraudin das Konzept der geometrischen Serifenlosen auf zeitgemäße und eigenständige Weise neu.
Regelmäßig üben die geometrischen Formen Quadrat, Kreis und Dreieck eine Faszination auf Kreative aus, nicht zuletzt auch auf jene, die Schriften gestalten. Da überrascht es wenig, dass unter Verwendung dieser klassischen Formen wiederholt ähnlich anmutende Fonts entstehen. Obwohl die West eine solch konstruierte Schrift ist, erlangt sie dennoch Eigenständigkeit. Ihre einfache wie ebenso anspruchsvolle Formel: optisch ähnliche Formen wiederholen sich nicht.
Mit einer spannungsreichen Mischung aus Prägnanz und Pragmatismus präsentiert sie sich zeitlos-modern, obwohl (oder gerade weil) sie erkennbar auf der Sachlichkeit und Funktionalität der klassischen Moderne basiert. West gelingt es, das Konzept der geometrischen Serifenlosen auf originelle Weise neu zu interpretieren. Hinter dieser scheinbaren Leichtigkeit stecken eine Vielzahl unterschiedlicher Designentscheidungen ihres Gestalters Daniel Perraudin.
Um einen harmonischen Formenkanon zu bewahren und dem Konzept der Konstruktion und Symmetrie gerecht zu werden, variierte Daniel Perraudin zunächst einzelne Buchstabenbreiten (zum Beispiel schmale a und s im Kontrast zu breiten b, n und J). Den hierdurch erzielten eigenständigen Charakter verstärkt er noch durch ungewöhnliche Glyphen wie W, t, f oder 2, die Alternativformen des kursiven Q, die diagonalen Abschlüsse oder eckigen Punkte.
Dabei changieren die Zeichen gekonnt zwischen Art-Deco-Einflüssen (M, N, V, 3) und technoiden, monospacigen Einflüssen der Neunziger (f, alternatives r) sowie der klassischen Wirkung maximal reduzierter geometrischer Grotesks (t, d, g, C, G, 9). Zusammen ergeben diese gestalterischen Eigenheiten einen aufregenden, zeitgemäßen Mix.
Für Flexibilität sorgen neun Schriftschnitte von Hairline bis Black, passende Kursive und die im Komplettpaket enthaltenen Variable-Fonts.
Dank der außergewöhnlich offenen, wenig unkompakten Zurichtung empfiehlt sich die West nicht nur für den Displaygebrauch, sondern auch für geringe Text- oder Anwendungen bei Leit- und Orientierungssystemen. Das beweist auch der Einsatz einer Vorversion für das Leitsystem der Gemäldegalerie Alte Meister im Dresdner Zwinger. Hierfür gestaltete Daniel Perraudin individuelle Wayfinding-Icons, die er in die vorliegenden Fonts übernahmn und an die jeweiligen Strichstärke anpasste.
Ein Einzelschnitt kostet 50 Euro, alle 18 Fonts, inklusive Variable Font 350 Euro. Wie alle Fontwerk-Schriften kann man auch die West kostenlos und zeitlich unbegrenzt als Trial-Version testen.
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Ich gebe euch recht. Freier sollte die wickelnde Person sein. Aber eine Frage hätte ich doch: Wer einen Rock trägt ist eine Frau?
Das ist ja so richtig typisch, dass Sie ein Kleid sehen und sofort eine Frau vermuten. Diversität zeigt diese Schrift doch vielmehr indem Sie ein offensichtlich viel zu schmales Minuskel a mit einfügt. Das erfreut doch. Endlich mal ein bisschen Charakter mit Mut zur Unausgeglichenheit.
Das Icon zum „Babywickeln“ ist wieder so richtig typisch:
Wer wickelt ? Natürlich eine Frau !!
Hab ich gerade „natürlich“ geschrieben ? Klar, ich bin ja auch keine …