Apples San Francisco jetzt auch im Web – das sagt die Community
Breiter und fetter erscheint auf Apples Webseite jetzt die Schrift. Kein Wunder, die San Francisco löst die Myriad ab.
2015 tauschte Apple in Mac OS X und iOS 9 die magersüchtige Helvetica Neue gegen die ursprünglich für die Apple Watch entwickelte, selbstgestaltete Schrift San Francisco aus. Jetzt geht das Unternehmen noch einen Schritt weiter und setzt San Francisco auch im Web ein. Dafür muss ein sehr dünner Schnitt der Myriad weichen, um den Kontrast noch mehr zu verstärken, setzt Apple auf die San Francisco in Fett. Wir fragten vier Typofreaks, was sie dazu meinen.
»Ich finde Apples Entschluss, die hauseigene San Francisco jetzt auch im Web einzusetzen, nur konsequent. Die San Francisco ist deutlicher, cleaner und zeitgemäßer. Die feine Myriad hat auf Apples Website nur in groß wirklich funktioniert, in klein war sie zu schmal und wirkte schwammig. Ich bin ohnehin kein Liebling der Myriad, diesem etwas leblose Frutiger-Klon. Dann lieber die strukturiertere San Francisco, die wieder stärker den technischen Aspekt betont, und auch in kleinen Schriftgrößen sehr gut lesbar ist.«
Ludwig Übele, Typedesigner, Berlin
»Endlich macht Apple das, was alle vernünftigen Gestalter schon lange gemacht hätten. Letztendlich ist die San Francisco nur eine begradigte Helvetica, quasi die Kreuzung aus DIN und Helvetica. Alle Details, über die die Kollegen schreiben, sind ganz normale Sachen – also größere Laufweite, hohe Mittellängen, kräftige Strichstärken etc. Hat jede moderne Schrift, aber Helvetica ist von 1957 und das merkt man.«
Erik Spiekermann, Schriftgestalter und Autor, Berlin
»Ich finde die San Francisco eine sehr gut produzierte Schriftfamilie, und dass sie jetzt endlich auch auf der Webseite und nicht nur in den Betriebssystemen verwendet wird, ist für mich längst überfällig. Vielleicht erscheint sie dem ein oder anderen als zu langweilig, aber ich finde sie passt gut zu Apples Markenwerten und Design und strahlt eine größere Zeitlosigkeit und Zeitgenössigkeit aus als die überstrapazierten geometrischen Serifenlosen, die überfreundlichen humanistischen, und vor allem die überdünnen Schnitte, die im Zuge des Aufkommens von high-res Bildschirmen so populär, und gar erst möglich wurden. Darüber hinaus spart sich Apple so das Laden von entfernten Webfonts und kann, wo vorhanden, die Systemschriften auch für die Webseite verwenden.
Vielleicht ist der verwendete Schnitt für die Headline nicht gerade der spannendste für Überschriften. Wirkt alles ein bisschen gleich gleich. Da sah die leichte Variante des Myriad »designter« aus. In jedem Fall aber ist die kräftigere Strichstärke sehr viel besser lesbar. Ich könnte mir da auch gut einen fetteren Schnitt mit mehr Bums vorstellen. Oder Condensed oder irgendwie eine andere Auszeichnung.«
Indra Kupferschmid, Typografin und Professorin für Typografie, Saarbrücken
»Die Grundsatzdiskussion, ob die statische und geschlossene San Francisco eine passende Interface-Schrift sei, ist ja bereits abgeschlossen. Ich persönlich bin nach wie vor der Meinung, dass die offenen Formen von Myriad und viel mehr noch die der Lucida Grande eine deutlich bessere Option gewesen sind.
Dass jetzt die in ohnehin in iOS und OS X schon eingeführte Schrift San Francisco die Marke nun auch im Web prägt, ist aus meiner Sicht ein konsequenter und richtiger Schritt. Zwar wird der feine und leichte Stil der dünnen Myriad durch eine etwas fette und klobig anmutende San Francisco ablöst, aber in Kombination mit Apples Produktfotografie bleibt das Markengefühl erhalten und die San Francisco wirkt – gute Interface-Schrift hin oder her – deutlich zeitgemäßer als das Schriftbild der Myriad oder Lucida.«
Jakob Runge (links, zusammen mit dem anderen TypeMate Nils Thomsen), Schriftgestalter und Mitgründer von TypeMates.com, München
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