Die Berliner Entwickler von Sourcefabric veröffentlichen sowohl Open Source CMS für Newsredaktionen als auch Tools für die eBook-Branche und digitale Radiostationen. Ein Interview mit Chief Operating Officer Fabienne Riener zu Open Source.
Die Berliner Entwickler von Sourcefabric veröffentlichen sowohl Open Source CMS für Newsredaktionen als auch Tools für die eBook-Branche und digitale Radiostationen. Ein Interview mit Chief Operating Officer Fabienne Riener zu Open Source.
Der Schwerpunkt von Sourcefabric liegt auf Online- und Print-Publishing. Die Berliner entwickeln Content Management Systeme für Newsredaktionen, ihr Steckenpferd ist das Open-Source-CMS Newscoop. Aber auch für den eBook-Bereich gibt es ein browserbasiertes Tool für einzelne Autoren oder auch Gruppen, die gemeinschaftlich an einem Buch arbeiten und es veröffentlichen wollen: Booktype. Und für Radiomacher gibt es Airtime, ein Tool zur Verwaltung einer Radiostation allein über das Internet. Das Besondere der Entwickler von Sourcefabric: Jede Software wird open source veröffentlicht, ist also kostenfrei herunterladbar. Fabienne Riener ist Chief Operating Officer bei der Entwicklerfirma mit Sitz in Berlin. Für PAGE Online erklärt sie die Vorteile der Open-Source-Tools:
PAGE: Warum hat sich Sourcefabric dem Entwickeln von Open Source-Tools verschrieben?
Fabienne Riener: Open Source hat eine Menge Vorteile gegenüber den proprietären Nachbarn. Seit Jahren arbeiten wir mit Journalisten in verschiedenen Ländern, von der Schweiz bis nach Georgien und Afrika, und sind Teil eines unglaublich spannenden Netzwerkes von innovativen, cleveren und mutigen Menschen. Seit Anfang 2012 entwickeln wir auch ein Tool für die Buch- und eBook-Branche, Booktype, und da gibt es sehr spannende Überschneidungen mit Journalismus. Im Grunde geht es bei all unseren Tools darum, die zentrale Herstellung von Qualitätsinhalten zu ermöglichen und über verschiedene Kanäle zu publishen – unabhängig von Geräten und Plattformen.
Was sind die Vorteile bei der Entwicklung?
Durch den Open Source Ansatz fallen keine Lizenzgebühren an, was natürlich gut für die Nutzer ist. Die Möglichkeit eine globale Community von Entwicklern, Kunden, Partnern und anderen Gleichgesinnten aufzubauen, ist von unschätzbarem Wert, da Entwicklungen dadurch sehr schnell und innovativ passieren können. Und da jeder auf den Source Code zugreifen kann, sind unsere Tools auch zukunftsträchtig für den Fall, dass es Sourcefabric irgendwann nicht mehr geben sollte.
Wieso haben Sie sich gerade auf den Publishing Bereich spezialisiert? Bei der aktuellen Lage der Printzeitungen sind ja auch neue Modelle dringend nötig …
Der Journalismus muss sich schon seit längerer Zeit neuen Herausforderungen stellen, in der Buchbranche ist das erst seit dem Aufkommen der eBooks wirklich deutlich geworden. Beide Branchen müssen neue Wege finden, ihre online und offline Produkte besser zu produzieren und zu vermarkten. Und wir können Lösungen anbieten, zum Teil durch unsere Tools, aber auch durch unsere Erfahrungen. Technologien können eine Menge ermöglichen, können Arbeitsabläufe optimieren und Zugang zu Distributionskanälen bieten. Aber jeder Ansatz muss analysiert und geprüft werden – was für eine Zeitung funktioniert, führt bei einer anderen nicht zwangsläufig zum Erfolg. Da muss man sich zum Beispiel auch die Redaktionen, die Menschen hinter den Produkten, anschauen und verstehen, was ihre Motivationen sind, ihre Stärken, Schwächen und ihre Ideen.
Booktype Pro ist nicht nur ein Open-Source-Tool zum kollaborativen Publishen von Büchern, es ist auch eine Plattform mit integriertem Chat System. Was sind die Vorteile?
Booktype ist ein browserbasiertes Tool, um Bücher und eBooks zu erstellen. Es ermöglicht das kollaborative Schreiben mit sofortiger Aktualisierung und dem Arbeiten mit verschiedenen Versionen. Durch die eingebaute Chat-Funktionen können sich die Autoren während des Schreibprozesses austauschen. Autor, Lektor und Übersetzer können so gleichzeitig an einem Buch arbeiten. Lizenzen können individuell eingestellt werden.
Kann man das schon Crowdsourcing nennen – und könnte das Tool in Zukunft in diese Richtung erweitert werden?
Booktype ermöglicht verschiedene Art und Weisen, Bücher zu produzieren. Viele bevorzugen es, alleine und privat zu schreiben. Andere machen ihr Buch völlig offen und transparent und laden Mitstreiter ein, sich daran zu beteiligen. Da gibt es schon einige Plattformen und Communities, die Booktype genau dafür nutzen und wir sehen sehr viel Potential für zukünftige Entwicklungen in diese Richtung, zum Beispiel beim Herstellen von Lehrmaterialien. Da muss es aber auch nicht unbedingt um das klassische Schreiben von Büchern gehen. Jedes größere Unternehmen muss permanent eine Vielzahl von Handbüchern und Trainingsmaterialien produzieren, an welchen unter Umständen mehrere Kollegen mitschreiben. Diese Projekte zentral verwalten zu können und nicht mehr über Email-Attachments, ist ein großes Plus, das den Prozess verbessert und beschleunigt.
Wie ist das bei zehn Mitwirkenden: Wer hat da die Rechte an dem Werk und wie werden die Tantiemen dabei verwaltet?
Das hängt ganz von den Mitwirkenden ab, wie und wo die Bücher und eBooks letztendlich veröffentlicht und verkauft werden. Die Rechte können komplett abgetreten werden oder von einem verwaltet werden. Booktype gibt da keine Standards vor. Von ‘Creative Commons’ bis zu ‘All Rights Reserved’ ist alles möglich, sogar das Erstellen eigener Lizenzen.
Welche Softwareerweiterungen sind von Ihren Tools im Moment geplant?
Bei Newscoop steht demnächst die Verbesserung der Such-Funktionalitäten im Backend und Frontend an, sowie eine API, was super spannend ist! Airtime wird es demnächst in mehreren Sprachen geben und bei Booktype sind wir gerade dabei, ein neues Schreibinterface zu bauen, womit man direkt im Layout des Buches schreiben kann.
Wir bedanken uns für das Gespräch!
Fabienne Riener von Sourcefabric
Das Produkt ist hochinnovativ. Die Kreativität flexibel und zukunftsorientiert und offen für jede denkbare Alternative zur individuellen oder extrem teamorientierten Arbeit. Super!