Vegan drucken: So geht’s!
Papier, Kleber und Druckfarben können tierische Bestandteile enthalten. Wer das vermeiden will, hat heute die Möglichkeit, fast alles auch vegan zu drucken – ohne Abstriche bei der Qualität
Inhaltsstoffe: Mühsames Sammeln von Herstellernachweisen
Die auf Nachhaltigkeit spezialisierte Druckerei oeding print aus Braunschweig hat sich die Arbeit gemacht, bei Herstellern und Lieferanten die Inhaltsstoffe und Produktionsbedingungen ganz genau zu recherchieren, um so vegane Farben und Toner für Digitaldruckmaschinen anbieten zu können.
Vor zwei, drei Jahren tauchten immer mal wieder Kundenanfragen nach veganem Druck auf, und wir fingen an, uns mit dem Thema zu beschäftigen
berichtet Roland Makulla, Nachhaltigkeitsmanager bei oeding print. »Es dauerte allerdings, bis wir alle notwendigen Nachweise zusammenhatten, zumal einige Hersteller das Thema zunächst merkwürdig fanden.«
Bild: Katharina Hadem
Angelehnt an die Herangehensweise bewährter Zertifizierungsprozesse wie etwa des Blauen Engels für Druckprodukte (DE-UZ 195) oder des Umweltmanagements (ISO 14001) und mit fachlicher Unterstützung der vegetarisch-veganen Ernährungsorganisation ProVeg e. V., entwickelte oeding print klare Vorgaben und Fragen, die sie an Lieferanten und Produzenten schickten und bestätigen ließen. Die Herstellernachweise beziehen sich nicht nur auf Farben, Toner und Lacke, sondern auch auf Papiere und Klebstoffe. »Wir verwenden mit dem Blauen Engel zertifizierte PUR-Klebstoffe, die sind synthetisch hergestellt, enthalten nichts Tierisches und lassen sich im Recyclingprozess entfernen«, so Makulla. Aufpassen muss man in der Buchproduktion, denn gerade bei der industriellen Aufbringung der Bezugsstoffe auf den Buchdeckel kommen häufig Kleber zum Einsatz, die auf tierischen Inhaltsstoffen basieren.
Vegan drucken: Qualität der Druckerzeugnisse
Kann oeding print also einen rein veganen Druck anbieten? Roland Makulla antwortet mit einem klaren Ja für all die Stoffe, die direkt mit dem Endprodukt zu tun haben. Die Qualität der Druckerzeugnisse ist dabei 100-prozentig mit traditionell hergestellten vergleichbar. »Schwieriger wird es, wenn man den Druckprozess noch weiter aufbohrt und beispielsweise Feuchtmittelzusätze oder Gummierungen für die empfindlichen Druckplatten betrachtet. Hersteller müssen in ihrer Produktkette sehr viele Schritte zurückverfolgen, um herauszufinden, wo die Inhaltsstoffe herkommen. Bei den vielen verworrenen Wegen, die diese Rohstoffe im internationalen Markt nehmen, ist das oft nicht einfach«, erklärt Roland Makulla. Oeding print ist gerade dabei, diese nächste Ebene anzugehen.
Aufkleber & Etiketten: Label sorgt für Sicherheit
Manch einer mag veganen Druck albern finden oder sagen: Wenn Tiere schon geschlachtet werden, ist es doch sinnvoll, sie ganz aufzubrauchen, sei es für Farben oder Papier. Es geht aber nicht nur um tierische Bestandteile, sondern auch um fragwürdige Tierversuche. Und dann gibt es Projekte, bei denen eine vegane Produktion quasi ein Muss ist. Ein veganes Kochbuch sollte auch so gedruckt werden, vegane Lebensmittel sollten in solchen Verpackungen stecken und mit veganen Labels versehen sein.
Herkömmliche Aufkleber und Etikettenmaterialien verwenden häufig Horn- oder Knochenreste von Tieren im Trägermaterial, um es weißer erscheinen zu lassen. Die meisten dabei eingesetzten Klebstoffe enthalten zudem Kaseine. Schon 2015 nahm die Berliner Onlinedruckerei DeineStadtKlebt.de vegane Aufkleber ins Programm. Dabei ist es dem Gründer Paul Kündiger wichtig, dass ProVeg seine Aufkleber 2019 auch mit dem V-Label zertifiziert hat: »Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass vegan oder vegetarisch beworbene Produkte tatsächlich frei von tierischen Bestandteilen sind, denn die Deklarierung Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs ist in Deutschland keine Pflicht. Das V-Label schafft da Sicherheit und Transparenz für die Kunden.«
Die veganen Aufkleber von DeineStadtKlebt bestehen aus phthalatfreier Polyolefinfolie, werden mit kaseinfreien Klebstoffen sowie ohne Fette, Bienenwachse und Gelatine hergestellt und mit ökologischen Farben bedruckt. Bei deren Herstellung kommen ausschließlich synthetische Grundstoffe mineralölfreier oder pflanzlicher Herkunft zum Einsatz. Die vegane Folie weist eine gute UV- und Temperaturbeständigkeit auf und ist biologisch deutlich besser abbaubar als PVC-Folien. Auch diverse Onlinedruckereien, etwa Flyeralarm, Laserline oder WirMachenDruck, bieten mittlerweile vegane Aufkleber an, allerdings noch ohne V-Label. Mit diesem zertifiziert sind dagegen die veganen Aufkleber von diedruckerei.de.
Das V-Label – darum geht’s
Das Gütesiegel der Europäischen Vegetarier-Union dient der Kennzeichnung von vegetarischen und veganen Produkten. In Deutschland übernimmt die Interessenvertretung ProVeg e.V. die Vergabe des V-Labels. Staatlich anerkannt ist es nicht. Unternehmen, die Produkte damit zertifizieren lassen möchten, müssen deren Zusammensetzung sowie sämtliche Verarbeitungshilfsstoffe vollständig offenlegen. Außerdem dürfen für Produkte mit dem V-Label keine Tierversuche durchgeführt worden sein. Auf Grundlage dieser Selbstauskunft und nach einer Prüfung durch das V-Label-Team stuft dieses die Erzeugnisse und Lebensmittel als vegan beziehungsweise vegetarisch ein.
Veränderungen der Rezeptur oder im Produktionsprozess bei Lebensmitteln und Non-Food-Artikeln müssen die Hersteller umgehend melden. Anschließend wird eine erneute Prüfung durchgeführt. Was das Packaging angeht: Das V-Label schließt Produkte, deren Verpackung Bestandteile von tierischen Stoffen enthalten, nicht aus. Es empfiehlt aber, freiwillig darauf zu verzichten. Weitere Informationen gibt es unter www.v-label.eu/de.
Vegan ist nicht gleich umweltfreundlich
Zwischen dem Blauen Engel als höchstem Standard für umweltfreundliche Druckprodukte und den Vorgaben für veganes Drucken gibt es Schnittmengen, Deckungsgleichheit besteht aber nicht. So sind etwa vegane UV-Lacke erhältlich, die unter Umweltgesichtspunkten fragwürdig sind.
Und dann sind da noch die Recyclingpapiere. Der mehrstufige Aufbereitungsprozess, in dem diese entstehen, verarbeitet unterschiedlichste Papiere zu einem Faserbrei und entfernt dabei Farben, Lacke und Klebstoffe. Anders als bei Frischfasersorten kann man nicht vollständig ausschließen, dass über den Faserbrei nicht vegane Reststoffe ins Papier gelangen. »Die Hersteller bestätigen deshalb lediglich, dass im eigentlichen Produktionsprozess des Recyclingpapiers keine Stoffe tierischen Ursprungs zum Einsatz kommen«, erklärt Roland Makulla. »Aufgrund der vielen ökologischen Vorteile haben wir uns – in Abstimmung mit ProVeg – trotzdem dazu entschlossen, Recyclingpapier in unsere veganen Produktserien aufzunehmen.«
Im letzten Jahr hat die Nachfrage nach veganem Druck richtig Fahrt aufgenommen. Schön wäre es, wenn es in absehbarer Zeit ein Label geben würde, dass nicht nur einzelne Komponenten, sondern den gesamten Druckprozess als vegan zertifiziert. Zusammen mit Partnern arbeitet oeding print an diesem Thema und nutzt in der Zwischenzeit ein Eigenlabel – mit allen Stärken und Schwächen, die das mit sich bringt.
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Nicht das ich etwas gegen neue Wege und Technologien habe, im Gegenteil. Entwicklung benötigt neue Möglichkeiten zu erschliessen. Aber diese “Veganargumente” sind doch m.M. nach deplatziert und vordergründig.
Pflanzen sind genauso Lebeswesen wie Tiere und letztlich ziehen wir aus allem was lebendig ist einen Nutzwert für unser kulturelles Leben und das, was wir dafür als notwendig erachten..
Die Frage ist m.M. nach nicht ob das eine Leben gegen das andere Schützenswerter ist, sondern wie wir ethisch und moralisch mit dem was uns nutzt verantwortungsvoll umgehen.
Letztlich leben wir nur von anderen Lebensformen.