Magazine sind ein tolles Tool, um bestehende Kund:innen an die Marke zu binden und neue zu gewinnen. Vorausgesetzt, die Publikationen überzeugen inhaltlich und visuell
Es klingt ein bisschen wie aus einer anderen Zeit: Kundenmagazine. Braucht man so etwas heute überhaupt noch? Ein großer Teil der Markenkommunikation läuft zweifellos über Instagram, Snapchat, TikTok und Co, es gibt aber nach wie vor viele Unternehmen, die Zeit, Geld und Kompetenz in ihre Magazine stecken. »Social Media ist gut für die Reichweite und um schnell Aufmerksamkeit zu bekommen«, sagt Oliver Griep, mit Jan Spading Gründer des Grafik- und Editorial-Design-Büros zmyk in Hamburg. »Für ein längerfristiges Engagement aber braucht es zusätzliche Tools, zum Beispiel ein gut gemachtes Magazin. Für eine gelungene Customer Journey ist der Mix entscheidend.«
Für Gestalter:innen sind Kundenzeitschriften ein spannendes Projekt – oder ein Job zum Verzweifeln. »Häufig bleiben sie an der Oberfläche, weil der Mut fehlt. Jedes erfolgreiche Business hat etwas zu sagen, aber man muss sich das auch trauen«, so Oliver Griep. »Oder die Verantwortlichen bekommen kalte Füße, wenn ihnen klar wird, dass Texte, Fotos und Illustrationen Geld kosten – und nehmen dann doch lieber Bilder aus dem Fundus der PR-Abteilung und lassen die bei der Gelegenheit auch gleich ein paar Texte schreiben«, ergänzt Jan Spading. Für ein Kundenmagazin sei es immens wichtig, die Leserinnen und Leser ernst zu nehmen. »Schließlich schenken sie der Marke etwas von ihrer Lebenszeit, und dafür wollen sie kein PR-Geschwätz lesen, sondern wirklich Interessantes.«
Kundenmagazine: Blick über den Tellerrand
Glücklicherweise gibt es mutige Brands, etwa das Berliner Ingenieurbüro für Brandschutzkonzepte hhpberlin. Geschäftsführer Stefan Truthän wollte ein ernst zu nehmendes, gesellschaftlich relevantes Magazin. Gemeinsam mit dem Dummy Verlag in Berlin erstellte zmyk das journalistische Konzept für eine Publikation, der sie den Titel »Realitäten« gaben. Der Kunde gab Input, welche Themen wichtig sind, ließ den Kreativen ansonsten aber viel freie Hand. »Natürlich sollten die Beiträge im Heft irgendwie mit Brandschutz zu tun haben, der Blick über den Tellerrand war aber nicht nur erlaubt, sondern gewünscht«, berichtet Jan Spading.
Jedes der acht erschienenen Magazine hatte einen eigenen Charakter. Kam das erste unter der Überschrift »Menschenmassen« als lesbares Magazinposter daher, war das zweite zum Thema Hitze auf Boulevardzeitung – allerdings sehr edel – gemacht. Den Abschluss bildete ein klassisches Zeitungsformat zum Thema Fake News. So viel Vertrauen von Kundenseite erlebt man eher selten. »Aber ein Magazin mit Flughöhe bekommt man nur mit gutem, fundiertem Journalismus, der dann in eine ebensolche Gestaltung mündet«, erklärt Spading. Einig sind sich die zmyk-Gründer auch darin, dass eine Kundenzeitschrift extern entwickelt werden sollte – man brauche einen gesunden Abstand zur Marke. »Kataloge kann man gerne inhouse produzieren, aber keine Inhalte, die die Leser:innen wirklich interessieren und emotional treffen.«
Mehr zu den Realitäten-Magazinen finden Sie hier.
Magazinproduktion: Von innen oder außen?
Dem widersprechen Jana Neff und Laura Reinke. Die Artdirektorin und die Team-Leaderin Content Management beim Modelabel Closed konzipieren und gestalten das Kundenmagazin »Hard Copy«. »Wir leben mit der Marke und sind ein Teil davon«, so Jana Neff. »Deshalb fällt es uns leicht, eine Publikation zu entwickeln, die diese und die Menschen, die für sie arbeiten, repräsentiert.« Die Bildstrecken in den vier im Jahr – jeweils zu den Modesaisons – erscheinenden Ausgaben zeigen zwar die Closed-Kampagnen und Fotos aus den Lookbooks, der Inhalt geht aber darüber hinaus. »Jede Ausgabe hat ein übergreifendes Thema, und wir konzipieren dann passende Artikel dazu, vor allem aus Kunst, Kultur, Lifestyle, Gesellschaft und manchmal auch Food«, sagt Laura Reinke. »Auf keinen Fall sollen die Leser:innen den Eindruck haben, etwas verkauft zu bekommen.«
Ein Riesenvorteil eines inhouse produzierten Magazins sei die Freiheit hinsichtlich Texten und Gestaltung. Da man selbst der Kunde sei, entfielen zähe Abstimmungen. »Im Vergleich mit kommerziellen Magazinen, die ja oft an ein recht strenges Raster gebunden sind, toben wir uns gestalterisch auch mal aus. Beim Rhythmus, den wir dem Heft geben, können wir sehr frei sein«, sagt Jana Neff. »Jedes hat einen eigenen Charakter, es bleibt aber immer eindeutig eine Closed ›Hard Copy‹.«
Mehr zum Kundenmagazin ›Hard Copy‹ von Closed finden Sie hier.