Zum art/science Festival erinnern neun Studierende im Bielefelder Stadtbild daran, dass schlechter Geschmack eine Frage der Perspektive ist.
3D Brille auf und ganz schnell wird auf Antonia Ancots Plakat schlechter Geschmack zu echtem Geschmack.
Ja, was ist denn nun eigentlich schlechter Geschmack? Subjektiv wohl auf jeden Fall, aber doch auch ein Ausdruck der eigenen Identität, Trends und kulturellen Einflüsse. Comic Sans zum Beispiel kennt man sogar außerhalb der Kreativbranche als ein No-Go der Typografie. Genau aus diesem Grund ziert sie eines der Plakate, die die FH Bielefeld zum art/science Festival 2022 beisteuerte.
Die Type, die Schriftweise, die falsche Trennung. Dieses Plakat tut ein wenig weh und macht gleichzeitig furchtbar Spaß. Das Design stammt von Jonathan C. Mientus
Provokation in Plakatform
Neun Plakate gestalteten die Studierenden in einem Kurs des Gestaltungsduos 2xGoldstein aus Karlsruhe. Die beiden Goldsteins lehrten zuvor bereits an der FH Bielefeld und kehrten nun für einen Kurs im Rahmen des art/science Festivals zurück. Dieses Jahr widmete sich die Veranstaltung dem »schlechten Geschmack« mit Vorträgen von Architekt:innen über Bausünden, Kitsch und Kultur.
Die neun Studierenden setzten sich mit dem Thema zunächst in der Theorie auseinander und gestalteten anschließend Plakate, die ihre Erkenntnisse visuell verdeutlichten. Dabei rangieren die Werke von intimen Selbstportraits bis hin zu kitschig-schönen Collagen, die provokativ unser Verständnis von Ästhetik hinterfragen. Bis zum 21. November hängen die Plakate noch im Bielefelder Stadtbild und erinnern daran, dass mit der richtigen Perspektive aus »schlechtem Geschmack« schnell »echter Geschmack« werden kann.
Luis Seyffert visualisiert die unterschiedlichen Perspektiven auf Geschmack mit der spiegelnden Oberfläche eines Pools. In den wirbelnden Reflexen finden Betrachter:innen den fließenden Übergang zwischen gutem und schlechtem Geschmack.Schnell wird aus trendy »cheugy«, der Gen-Z Begriff für alle, die veralteten Trends anhängen. Die Übergänge sind fließend – dank clevererer Typografie von Vivien Schulte.Bitte keinen guten Ratschläge und motivierenden Lebenssprüche! Die Flut an »schönen« Zitaten bildet den Hintergrund für Simon Hoffmanns visuelle Kritik an der Internet-ScheinheiligkeitKitsch, Kitsch, Kitsch – von der unechten Selbstdarstellung bis hin zur Dekoration des geliebten Autos hat Fabian Latka humorvoll die Macken kitschiger Gestaltung inszeniert.Kinder haben schrägen Geschmack, aber in einer wundervollen Collage vereint wird der »Kram« zu einem knallbunten Portrait des Designers Tom Herzog.Just Don´t… be a walking Camp David Sign. Paul Düstersiek findet den Klischeestil des bierbäuchigen Sportkleidungsträgers schlimm, aber schafft es dennoch seine Botschaft zu zeigen, ohne konkrete Bilder zu zeigen.Nippes als Inbegriff des schlechten Geschmacks – Leonie Knapp lässt die kleinen Hummelfiguren Stück für Stück auf ihrem Plakat verschwinden.
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Zurück in die Werkstätten, Live- Vorlesungen und Workshops! In dem kostenlosen Booklet informieren (Fach-) Hochschulen, Akademien und Seminaranbieter über ihr aktuelles Programm zu Studiengängen, Aus- und Weiterbildungen in Design, Werbung und Medien vor.