Trends 2014
Ab sofort im Handel: PAGE 02.2014
Editorial: Auflösung
Zalando wird in wenigen Jahren einen Aufkleber auf High Heels drucken müssen, auf dem stehen wird, dass Orthopäden das Tragen wegen gesundheitlicher Risiken verbieten«, konstatierte Uwe Storch im Jahr 2012 als Head of Media bei Ferrero Deutschland. Das klingt abwegig, ist es aber nicht. Zigarettenschachteln ohne Markenlogos waren einst genauso wenig vorstellbar. Die Kollegen von »Horizont« trieben in ihrer Jubiläumsausgabe den Regulierungstrend denn auch auf die Spitze. Michael Reidel skizzierte eine Fußballpartie FC Bayern München gegen Werder Bremen im Jahr 2033. Beide Teams kicken ganz in Weiß. Neutrale Trikots, ohne jegliche Werbung für den Sponsor. Lediglich kleine, kaum sichtbare Vereinslogos. Die Bundesliga ist zur werbefreien Zone erklärt. Werbung für Telekommunikationsunternehmen? Aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten. Wichtig zu wissen also: Die Bayern spielen von rechts nach links.
Dass aber Weltmarken ihre Hauptquartiere neuerdings gar freiwillig unsichtbar machen, entzieht sich dann doch unserer Vorstellungskraft. Galten bislang Wolkenkratzer als sichtbares Symbol der Macht, plant man jetzt Zentralen, die nicht zu erkennen sein werden. Norman Foster hat für Apple einen gigantischen, viergeschossigen, gläsernen Donut mit künstlichem Paradiesgarten entworfen. Der in einem großen Park gelegene Bau wird von der Straße aus nicht zu sehen sein. Und Frank O. Gehry hat für Facebook eine eingeschossige Erweiterung mit beinahe 40 000 Quadratmeter Grundfläche vorgesehen. Das Dach des Großraumbüros wird ein Park sein. Statt Türmen formlose Gebäude? Was ist dran am Trend zur Unsichtbarkeit?
Regulierung hin, Freiwilligkeit her – jüngst mutmaßte Niklas Maak in der »FAZ«, die Wolke sei »vielleicht das eindringlichste Symbol eines Jahrzehnts der Unsichtbarkeit, das 2001 begann – in dem Jahr, in dem mit dem Anschlag auf die Türme des World Trade Center ein Albdruck ständig gegenwärtiger, aber unsichtbarer Gefahr auftrat«. Das virtuelle Machtzentrum von Apple »Wolke« zu nennen, sei dagegen fast schon ein Akt religiöser Aufladung. Mit der iCloud habe die Firma das Signet zur Entmaterialisierung des Wahrnehmbaren geliefert.
Dieser Trend hat darum auch nur vordergründig wenig mit Design zu tun. Je virtueller der Auftritt einer Marke – und sei es, dass er nur noch aus einem App-Icon besteht –, desto deutlicher muss ihr Code, umso einfacher muss ihr Zugang sein. Wie sonst sollen wir künftig orthopädisch einwandfreie White-Label-High-Heels aus der Wolke laden, individualisieren und drucken? – Trends, die alles andere als unsichtbar sind, manifestiert PAGE ab Seite 20.
Gabriele Günder,
Chefredakteurin/Publisher
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Schlagwörter:
3D Art,
Branding
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