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Games: neue Impulse für die Designbranche

Games irritieren, faszinieren, inspirieren – und nehmen technische und ästhetische Entwicklungen vorweg. Wie wirken sich ihre neuartigen Interaktions- und Erlebnisformen auf andere Designdisziplinen aus?

Räume erkunden: Drei Jahre nach Eröffnung des Gucci Garden in Florenz konnten Roblox-Spieler:innen auf der ganzen Welt zwei Wochen lang durch eine digitale Version flanieren und ihre Avatare dabei individuell einfärben.

Abenteuer, Unterhaltung, Nervenkitzel: Das Bedürfnis nach virtuellen Substituten in der Selbst­iso­lation hat in den letzten Monaten für einen enor­men Absatz gesorgt und der Spieleindustrie den Weg in eine glänzende Zukunft geebnet.

Um bis zu 63 Prozent stiegen 2020 laut Statista die weltweiten Ver­käu­fe von Videogames und Konsolen, die Spiel­zei­ten ha­ben sich um mindestens fünf Stunden pro Wo­che verlängert, und durch die Stay-home-Devise gibt es eine starke Tendenz weg von Single-Player-Games hin zu Online-Multi-Player-Spielen und Cloud-Gaming. Videospiele setzen unter Pandemie­bedin­gun­gen gerade neue Maßstäbe in Sachen Ästhetik, Interaktionsdesign und immersive Experience.

Games verändern die Gesellschaft und setzen visuelle Trends

Digitale Spiele nehmen immer auch techni­sche Entwicklungen vorweg, die den gesellschaftlichen Mainstream bestimmen, wie der Potsdamer Medienwissenschaftler und Computerspielforscher Sebastian Möring weiß:

»Vernetzt haben sich die meisten Menschen zunächst zum Computerspielen. In der Co­ro­na-Pandemie konnte man gut beobachten, dass den gameaffinen User:innen der Sprung von Präsenz auf online am leichtesten fiel.«

Möring interpretiert Computerspiele als kultu­rel­le und soziale Räume, in denen Gesellschaften genauso stattfinden wie in anderen digitalen Kontexten auch: »Game-Welten und die vermeintlich rea­len Welten verzahnen sich und lassen sich immer schwe­rer voneinander trennen. Menschen posten Screen­shots aus Computerspielen neben Smar

tphone-Fotos im selben sozialen Netzwerk. Computerspiele werden also Teil ihrer alltäglichen Selbstinszenierung und somit Teil ihrer Identität.«

Computerspielforscher Möring setzt sich intensiv mit Game-Ästhetiken auseinander und beob­ach­tet zurzeit zwei große visuelle Trends im Gamedesign: auf der einen Seite Foto- oder Hyperrealismus, der dank physikalisch basiertem Rendering inzwischen recht einfach möglich ist, und auf der anderen Seite reduzierte Re­trografik mit groben Pixeln. Vor allem Spieler:innen unter 35 Jahren folgen einem nostalgi­schen Trend. Sie hegen großes Interesse an alten Spie­len und kau­fen sich sogar Retrokonsolen. »Momentan spielt sich allerdings auch viel in der Mitte dieser Pole ab, weil es außer den ganz großen Blockbuster-Produktionen und Ein-Personen-Entwicklungen nun immer mehr Games aus kleineren und mittelgroßen Studios gibt«, so Möring.

Mit Spielen spielend werben

Im Design und im Marketing manifestiert sich diese Verzahnung beispielsweise in Werbeclips, die auf hu­mor­volle Weise Bezug auf Computerspielklassiker nehmen, oder in der florierenden An­zei­gen­spar­te des In-Game- oder In-Play-Advertisings. Die pro­minentesten Beispiele aus jüngerer Zeit dürften die Trauminsel für den Netflix-Film »Enola Holmes« in dem Game Animal Crossing: New Horizons und der Guc­ci Garden in der Spieleplattform Roblox gewesen sein. Nach gerade mal zwei Wochen verzeichnete die virtuelle Variante des florentinischen Stores ungefähr 20 Millionen Besuche­r:innen.

Oben: Nach dem Besuch im Innengarten trägt unser Gucci-Avatar Blumen auf dem Kopf. Unten unser Roblox-Avatar im großen Ausstellungsraum mit limitierten digitalen Gucci-Items

Neben den vielen Möglichkeiten der Verknüpfung von Lifestyle- und Gaming-Aspekten – denkt man etwa an die auswechselbaren Skins und die Personalisierungsoptionen der Avatare – demonstrieren die Plattformen mit solchen Projekten technologi­schen Fortschritt. Das Wasser im Gucci-Pool sah für Roblox-Verhältnisse wirklich nass aus. Der Creative Community aus rund sieben Millionen Entwicklern auf der offenen Spieleplattform liegt zwar weniger an grafischer Qualität als an Gameplay, Spielmecha­nik und Funktionen zur Umsetzung – dennoch greift sie technologische Neuerungen und grafi­sche Verbesserungen gerne auf.

»Ich finde es interessant, wie durchlässig gerade Marketing und Games füreinander sind. Anfangs war es ein Indikator für die Authentizität der Fußballsimulation FIFA von EA Sports, dass in den virtuellen Stadien die gleiche Werbung zu sehen war wie in den realen Fußballstadien. Nun sieht man Werbung für die Sony PlayStation und FIFA in den echten Fußballstadien«, erklärt Sebastian Möring. Aus Me­­di­en­forschersicht sind Computerspiele ohnehin sehr selbstreferenziell und Computer besonders gut darin, andere Computer zu simulieren.

UX und UI adaptieren Games-Aspekte

Auch Interaction-, Interface- oder Experience Design sind dankbar für Inspiration aus der Games-Branche. Nicht nur erobern die klassischen Spiel-Engines wie Unreal und Unity oder 3D-Werkzeuge wie Blender und ZBrush immer mehr das Netz, auch im Front­end sehen wir immer häufiger Computerspielästhe­tik und die visuelle Annäherung an Spielwelten. Ein Paradebeispiel ist nicht nur die Website der Fami­lien­stiftung der Nintendo-Dynastie »Yamauchi No. 10 Family Office« von der japanischen Brandagentur Mount (siehe PAGE 07.21, Seite 17), sondern zum Beispiel auch die Virtual Press Days der Münchner Kommunikationsagentur Think Inc.. »Dabei sind Spiele wahrscheinlich der einzige Designbereich, in dem man keine einheitlichen Regeln darüber aufstellen kann, wie die Benutzeroberfläche auszusehen hat«, sagt Game-Developerin Nathalie Lawhead aus Kalifornien. Sie freut sich, wie dankbar manche UX Designer reagieren, wenn sie ihnen ungewöhnliche Interfaces zeigt: »Als hätte man in einem stickigen Raum das Fenster geöffnet. Das Design von Geocities-Websites oder alberne UIs von Edutainment-Spielen erleben gerade ein echtes Comeback im Web.«

Laut Sebastian Möring sehen die verschiedenen Designdisziplinen eine gemeinsame Lösung darin, Interfaces zu verschlanken oder bis zur Unsichtbarkeit weiterzuentwickeln. »Die Masterarbeit meiner Studentin Jenni Wergin über Navigationshilfen in 3D-Open-World-Games zeigt zum Beispiel auf, dass Elemente wie die Minimaps zur Orientierung verschwinden und durch Hinweise in der simulierten Spielwelt ersetzt werden«, meint Sebastian Möring. Ob das im­mer zielführend ist und wie sehr man Use­r:innen überhaupt anweisen, anleiten, motivieren oder zur Nutzung verführen sollte, müssen sowohl Game- als auch UX- und UI-Designer:innen immer wieder aufs Neue entscheiden.

Feeling First: Wie man den Mood setzt

Ein grundlegender gemeinsamer Wunsch aller Designdisziplinen besteht darin, die User:innen mög­lichst einfach, schnell und emotional in die jeweili­ge Experience zu holen. »Feeling First« nennt sich ein Ansatz aus dem Gamedesign, den die New Yorker Interactive-Agentur Red Paper Heart schon immer für ihre digitalen Raumerfahrungen verfolgt: »Bei jedem Medium geht es am Anfang darum, den Mood zu setzen, egal ob Film, Buch, Video, Installation oder Game«, sagt Mitgründer und Technical Director Daniel Scheibel. Zudem müsse jede interak­tive Arbeit den Nutzer:innen zu Beginn folgende Fragen beant­worten: »›Where am I? What can I do? Where do I go next?‹, und beim Game Design kommt am Anfang wohl noch ›Who am I?‹ dazu«, erklärt Scheibel.

Bei der Interior Experience »For Detroit« für Civic und Ford galt es beispielsweise, Gefühle von Nostal­gie und Aufbruch zu wecken, um die Detroit-Com­munity für den Kauf der seit über 30 Jahren leer stehenden Michigan Central Station und die anstehen­de Renovierung zu gewinnen. Die Besucher:innen konnten erstmals nach so langer Zeit das Gebäude wieder betreten und waren eingeladen, sich über eine Plattform mit historischen Erinnerungen, aber auch Träumen und Wünschen einzubringen und direkt im Raum mitzuwirken.

Wie man über Interface Design und Interaktio­nen sehr schnell gezielt nicht nur positive Gefühle bei User:innen hervorrufen kann, zeigt das Art­house-Game Gates of Aleppo von Georg Hobmeier: Trotz oder gerade wegen der minimalistischen grafischen Aufbereitung emp­fin­det man die Experience als sehr beklemmend und beängstigend. Man irrt durch ein Straßenlabyrinth, stößt auf unüberwindbare Barrieren und Heckenschützen. Speziell und thematisch äußerst passend sind die dem Militär entliehenen Sichtliniengrafi­ken. Das Interface und die Spielfläche erschließen sich den Spielenden dabei nur abschnittsweise, sodass der Überblick über das Szenario und jegliche Kontrolle fehlen, obwohl man aus der Third-Person-Perspektive spielt. Man kann die Panik nacherleben – und die Ahnung bekommen, dass Krieg und Spiel auf eine lange gemeinsame Tradition zurückblicken.

Die reduzierte Grafik des Indie-Games Gates of Aleppo von Georg Hobmeierer weckt bei den Spielenden Gefühle der Unsicherheit, während sie – von Heckenschützen bedroht – durch ein Straßen­labyrinth irren.

Vorhang auf! Games zwischen Theater und Performance

Einen weiteren aktuellen Trend sieht Sebastian Möring im interaktiven Theater und in der Verlagerung von Events und Festivals in 3D-Spielwelten. So erfor­schen beispielsweise das Berliner Ensemble und die Komische Oper Berlin im Projekt »Spielräume« seit Herbst 2020 gemeinsam, wie sich mittels Game Development, Design Thinking und Creative Technology neue digitale Bühnenformate entwickeln lassen.

Verantwortliche Projektleiter:innen sind die Medienwissenschaftlerin und Creative-Producerin Stefanie Greimel sowie der Games-Experte Joscha Neumann, der langjährige Erfahrung als Programm- und Projektmanager in der Spielebranche mitbringt. Das in­terdisziplinäre Duo ergänzt sich optimal. Greimel, am Hasso-Plattner-Institut in Design Thinking ausgebildet und von Haus aus mit einem starken Fokus auf neuen Technologien und neuen ästhetischen Bild­sprachen ausgestattet, weiß, wie man kreative und co-kreative Prozesse initiiert, leitet und vorantreibt. Neumann hat wichtige Kontakte in die Gamesbranche, kann organisieren und seine Spielerfahrung teilen: In Workshops und Game-Jams bringen Greimel und Neumann Gamer:innen und Game­desig­ne­r:in­nen mit Schauspieler:innen sowie Kolleg:innen aus Text, Regie, Dramaturgie, Maske, Bühnenbild und Be­leuchtung zusammen.

Diese interdisziplinären Teams entwickeln in iterativen, nutzerzentrierten Prozessen Ideen, Konzep­te und neue digitale Ansätze bis hin zu funktionsfähigen Spieleprototypen (siehe Beispiele unten). »In solchen Formaten versuchen wir, nach innen zu vermitteln, was außen stattfindet, in einem spielerischen Prozess Konzepte zu kombinieren, umzuwerfen und zu erweitern«, erklärt Greimel, und Neumann ergänzt: »Vor allem geht es darum, voneinander zu lernen und Neues auszuprobieren, auch neue Ästhetiken auf die Bühne zu bringen – aber die Relevanz und Anbindung an die Häuser muss gegeben sein.« Noch steckt das Projekt in der Frühphase, und die Herausforderung bis 2023 wird sein, die gewohn­ten Strukturen und Abläufe in zwei großen, sehr gut eingespielten Bühnen zu durchbrechen und sich sicht­bar in den Spielbetrieb zu integrieren, um partizipative und interaktive Formate für das Publikum zu schaffen.

Ganz ähnliche Formate an der Schnittstelle von Performance, Gamedesign und Medienkunst entwi­ckelt auch das Hildesheimer Künstlerduo Outof­The­Box. Die Dramaturgin Susanne Schuster und der Medienkünstler und Soft­wareentwickler Ricardo Gehn geben Workshops zu Digita­lisierung und erzeugen computergenerierte Bildwelten (CGI) sowie spekulati­v-experimentelle Software für Performances oder interaktive Instal­latio­nen. Ziel dabei ist immer, über die Interaktions­möglichkeiten mit der Software die Dramaturgie der Inszenierung zu bestimmen. »Wir kommen aus dem Theaterbereich und sehen Inspiration in Games, in ihrer dramaturgischen Natur, in Spiel- und Interaktionsweisen, aber vor allem in Erzählweisen«, erklärt Schuster. Das Publikum soll sich bei ihren Inszenierungen die Inhalte selbst erschließen, danach suchen und co-kreativ werden. »Durch Digitalität wird das Publikum Teil des Prozesses, und natürlich tes­ten wir unsere Software mit echten Nut­ze­r:in­nen«, so Gehn – wie etwa bei dem performativen Sze­na­rio Max Empathy ++, bei dem die Teilnehmenden in die Rolle von Click­wor­ker:in­nen schlüpfen und das neuartige Arbeitsmodell erproben. Aktuell arbeiten sie mit der inklu­siven Künst­ler:in­nen­gruppe Barner 16 zusammen, um ein bar­rierear­mes Game zu entwickeln. »Ich wür­de mir wün­schen, dass Inklusion noch eine breitere Aufmerksamkeit bekommt. Es gibt so viele kleine Communitys, die sich dafür interessieren, aber im großen Kontext bestehen weiterhin zu viele Barrieren, und das wird zu wenig thematisiert«, sagt Susanne Schuster.

Zukunftsaussichten und Inspiration: Welcome to the indie-dome

Experimente, Partizipation, Inklusion, Diversität: All das lässt natürlich an Independent-Games denken – und an Design jenseits grafischer Perfektion. Indie-Game-Designerin Nathalie Lawhead lässt sich auf itch.io nicht nur selbst von Indie-Spielen, kreativen Developer-Tools, Soundtracks und Kurzgeschichten inspirieren, sondern legt den Marktplatz für Independent-Games auch anderen Künstler:innen gezielt ans Herz. Neben Walking-Simulationen, in denen man viel Zeit damit verbringt, zu Fuß Spielwelten zu erkunden, sowie Adventure- oder Jump-and-Run-Spielen findet man hier auch einen Kalender mit aktuel­len Game-Jams.

Derzeit arbeitet Lawhead zusammen mit Gvidas Pakarklis an einem Netzkunst-Webcomic-Pro­jekt: Der Londoner Illustrator und Grafiker kann­te die Indie-Game-Szene vorher nicht, »aber er hat so geschwärmt, als sich ihm diese große Fantasiewelt der Art-Games eröffnete – zumal viele Entwickler gar nicht sehr viel anders arbeiten als er selbst. Man findet dort vor allem Spiele von einzelnen Künstlern, die oft sehr persönlich und inhaltlich relevant sind«, sagt Nathalie Lawhead. Gerade die riesige Bitsy-Szene und die sehr individualistischen Mini­games haben es ihr auf itch.io angetan.

Auch das liegt im Trend und beeinflusst Ästhetik und Design: immer mehr kleine und einfache Entwicklertools wie eben Bitsy oder Pico-8, mit denen so gut wie jede:r User:in eigene kleine Games schreiben und program­mieren kann. »Die Ästhetik, die aus diesen Commu­nitys hervorgegangen ist, ist einzigartig und unverwechselbar«, findet Nathalie Lawhead – und auch Thors­ten S. Wiedemann, Künstlerischer Leiter und Gründer des Indie-Games-Festival A MAZE ist der Meinung, dass mit derart leicht zu nutzenden Tools alle in der Lage sind, krea­tiv zu programmieren. Dieses hohe Maß an Zugänglichkeit sorgt für neue Impulse in angrenzen­den Branchen, und Lawhead vermutet, dass sich in Zukunft immer mehr interdisziplinäre Kollabora­tionen im Gamesbereich ergeben und viele Perspek­tiven zusammenbringen.

Neue Techniken und Bildsprachen von Computerspielen dienen aber nicht nur anderen Branchen immer wieder als Anregung, sondern tragen auch dazu bei, dass neue bildnerische Gattungen entstehen. Sebastian Möring unterrichtet unter anderem einen Kurs in Computerspielfotografie, bei dem sich Studierende aus fotografischer Perspektive in Games bewegen und beispielsweise auf Lichtverhältnisse oder sich wiederholende Gesten konzentrieren und so ein ganz neues visuelles Genre schaffen. »Als medienpraktische Refle­xion kann ich das auch Grafikdesigner:innen, Visual Artists und UX-Designer:innen empfehlen«, erklärt Möring. Thors­ten S. Wiedemann würde das bei VRChat ausprobieren: Hier können Spie­ler:innen ihre eigenen 3D-Welten erzeugen und als 3D-Avatare kommunizieren, inter­agieren und miteinander zocken – wenn es zu viel wird, lässt sich dort dank der empathischen Ent­wick­ler:innen ein implementierter Panikmodus aktivieren (Shift+ESC am Desktop), der sämtliche Avatare um einen herum stumm schaltet – ein wünschenswertes Feature auch für so viele Anwendungsfälle außerhalb der Spielewelt!

Shoot ’em up: Egotronics Impf-Game by rastapasta & Nicole Fedorowa

»Mach mit und lass dich impfen«, lautet die Devise zur ersten Singleauskopplung »Nadel verpflichtend« des aktuellen Egotronic-Albums »Stresz«. Zeitgleich zum Release des Elektropunksongs Anfang Mai erschien nicht nur ein Pixelgrafikvideo (Design und Animation: Nicole Fedorowa, www.klargehtdas.net), das die Bandmitglieder zeigt, wie sie Bomber besteigen und Nadeln mit Impfstoff abwerfen, sondern auch ein Browsergame im selben Stil, das Michael Straßburger aka rastapasta vom regensburg:re kollektiv umgesetzt hat.

Unter https://nadel.egotronic.net kann man sich einen Egotronic-Piloten aussuchen, um dann spielerisch mitzuimpfen. Als Kulisse fürs Game dient der Platz vor der Dresdner Frauenkirche. »Das lag auf der Hand, ist doch das Motto ›Alles Gute kommt von oben‹ mit keiner anderen deutschen Stadt derart eng verknüpft. Wir wünschen viel Spaß!«, lässt uns Egotronic-Gründer und Hauptprozessor Torsun (Torsten Burkhardt) wissen, und wem das noch nicht reicht, dem legen wir das Video zur neuesten Single »Der schönste Platz ist inner Apotheke« ans Herz – eine zauberhafte Retrogame-Hommage voller bekloppter Memes – Kawaii!

Retro-Game: Virtual Press Days by Think Inc.

Mithilfe der Kollaborationsplattform https://workadventu.re gestaltete die Münchner Kommu­nikationsagentur Think Inc. Communications einen Virtual Space im Stil des Gaming-Kults der 1990er Jahre. Über die Agenturwebsite konnten Journalist:innen, Redakteur:innen, Stylist:innen und Influencer:innen von Mitte bis Ende April 2021 in den virtuellen Begegnungsort gelangen und dort spielerisch die neuen Modekollektionen der Agenturkunden entdecken und sich mit anderen Besuchern austauschen. Das funktionierte per Live-Videochat über Jitsy.org. Daneben gab es einen Raum, in dem sich Pressematerialien sowie Lookbooks herunterladen ließen, außerdem zeigte die Agentur Brand- und Imagevideos sowie Kampagnenfilme und die Persönlichkeiten hinter den Marken. Eine Bar und eine Tanzfläche mit Live-DJ-Auftritten sorgten für gute Stimmung in der Spielwelt.

Interactive Fiction: Pförtnergame by Berliner Ensemble und Komische Oper Berlin

Basierend auf der Idee eines altmodischen Kuckkastens entstand in Zusammenarbeit mit den Vermittlungsabteilungen der beiden Häuser das Konzept für ein narratives Onlinegame. Die Spieler:innen begeben sich in die Rolle des Pförtners und an seinen Posten. Im Game kommen aber nicht nur Theatermitarbeiter:innen an ihm vorbei, sondern auch Figuren aus Bühnenstücken oder historische Personen. Über Storytelling und Gespräche vermitteln sie den Spieler:innen beispielsweise Inhalte aus aktuellen Inszenierungen und die Welt hinter den Kulissen. Die illustrative, freundliche Ästhetik des Spiels wirkt einladend und betont den niedrigschwelligen Zugang zu digitalen Theaterformaten.

VR-Berufssimulation: Max Empathy ++ by OutOfTheBox

Bild: Ricardo Gehn

Wie der Name verrät, geht es um maximal mögliche Empathie, denn wer empathisch ist, platziert sich erfolgreich im öffentlichen Leben, verbreitet Ideen und vermarktet Produkte – besonders auf digitalen Plattformen. Zugleich sorgen Schlagwörter wie »Automatisierung«, »künstliche Intelligenz« und »Industrie 4.0« für eine neue Diskussion um den Arbeitsbegriff und die Abschaffung von Arbeit. In dem performativen Szenario spekulierte das Medien- und Theaterkollektiv mit zehn Teilnehmenden über alternative Berufsfelder und ließ sie mithilfe einer selbst entwickelten Software eine simulierte Clickworking-Erfahrung machen.

Bild: Ricardo Gehn
Bild: Moritz Küstner

Lebenssimulation: »Enola Holmes« by Netflix

Rund ein halbes Jahr nach Veröffentlichung des Kassenschlagers Animal Crossing: New Horizons für die Nintendo Switch im März 2020 entstand als In-Game-Advertising für den Netflix-Film »Enola Holmes« eine sogenannte Dream Island im Game. Die Lebenssimulation funktioniert nach ähnlichen Prinzipien wie bei den Sims: Haushalte gründen und einrichten, irgendwas sammeln, arbeiten und Handel treiben, Freundschaften schließen und sich gegenseitig mit dem Dodo-Flugzeug besuchen. User:innen benötigten nur drei Dinge: ein Bett, eine aktive Nintendo-Switch-Online-Mitgliedschaft und den Dreamcode, um sich auf die Insel von Enola Holmes zu träumen. Dort konnte man auf der Suche nach Enola unter anderem durch einen liebevoll gestalteten Labyrinthgarten laufen, Items bestaunen und Designs kopieren. Diese stammen von Illustratorin und Kostümdesignerin Nicole Cuddihy aus London und Designerin Kaylee Yang aus Michigan.

Computerspiele: Kommunikation, Kommerz, Kunst

Wie sich Diskurse und Strategien der Computerspielkunst zwischen »spielbarer Rhetorik« und »unspielbarer Ästhetik« ausdrücken, erörtert Sebastian Möring unter dem Titel »Art Games vs. Game Art« in »Informatik Spektrum« 1/2021. Daraus ergeben sich drei Genres oder Definitionen, die die Wechsel­wirkung von Computerspielen, Kommuni­kation und Ästhetik beschreiben:

  • Art Games: Spiele, deren Ziel es ist, eine oft politische Message auszudrücken und Haltungen und Einstellungen von Spieler:innen zu verändern, und zwar durch ihre Spiel­mechaniken und Regeln.
  • Kommerzielle Games: Spiele, die das größte Publikum erreichen und deren Ästhetik bestimmt, was man allgemein unter dem Begriff Computerspiel versteht.
  • Game Art: Künstlerischer Prozess, in dem Computerspiele eine wichtige Rolleübernehmen. Oft werden sie dabei bis anden Rand ihrer Spielbarkeit modifiziert.

Dieser Artikel ist in PAGE 10.2021 erschienen. Die komplette Ausgabe können Sie hier runterladen.

PDF-Download: PAGE 10.2021

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