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Best-of Indie-Mags: Club Sandwich

Interview-Reihe über Indie-Mags und ihre Macher: Heute Anna Broujean von Club Sandwich aus Paris, das Food mit Philosophie verbindet, mit Wissenschaft, Pop und Kunst.

In PAGE 2.2021 zeigen wir die aktuell spannendsten Independent Magazine, erzählen wie sie entstehen und von ihren Machern. Hier die Interviews mit ihnen. Heute mit Anna Broujean aus Paris, die in ihrem Magazin Club Sandwich aus Zutaten wie Kulturgeschichte, Politik, Pop und jeder Menge Kunst mitreißend Neues entstehen lässt:

Wie ist die Idee zu »Club Sandwich« entstanden?

Anna Broujean: Ich habe das Magazin direkt nach meinem Abschluss am ENSP, einer französischen Hochschule für Fotografie gestartet. 2015 war das. Da hatte ich für fünf Monate ein Stipendium in Montreal und wollte mit etwas neuem in meinem Portfolio nach Europa zurückkehren. Mit einem Magazin, in dem ich alles anwenden wollte, was ich wusste und das mir genug Raum zum experimentieren gibt und dazu, neues auszuprobieren. Ich muss immer neue Dinge lernen, sonst langweile ich mich. Deswegen habe ich auch einen seltsamen Lebenslauf, denn ich habe vieles ausprobiert, bevor ich meinen zweiten Master gemacht habe. Ich habe geschrieben, war Journalistin, Übersetzerin, Filmassistentin und habe viele andere kleine Jobs gehabt. In einem Magazin kann ich das alles zusammenbringen.

Warum hast du Essen als Thema gewählt?

Eigentlich interessiere ich mich nicht besonders für Essen. Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, aber Club Sandwich beschäftigt sich eher theoretisch mit dem Thema Essen. Es ist eher ein Vorwand für mich: Essen ist facettenreich genug, dass man ohne Probleme von einem wissenschaftlichen zu einem politischen oder einen Pop-Artikel wechseln kann. Ich möchte zeigen, dass Essen überall ist und nicht nur etwas, das wir konsumieren, sondern dass es universell ist und in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen zu finden. Gleichzeitig ist die Idee auch visuell motiviert, denn man kann Essen unendlich variieren, ganze 160 Magazinseiten lang.

Warum hast du dich für Print entschieden?

Wenn man die ökologischen Konsequenzen mal ignoriert, zwingt mich Print als Indie-Mag-Macherin aufgrund der Kosten und des Aufwands, einen wirklichen Fokus zu setzen. Gleichzeitig habe ich das Magazin als visuelles Erlebnis konzipiert: jeder Artikel hat sein eigenes Layout und korrespondiert auf sehr freie Weise mit den künstlerischen Arbeiten. Zudem sind die Artikel ziemlich lang und ich finde, dass man sie deshalb auf Papier besser genießen als auf einem Bildschirm.

Kunst statt Illustrationen

Wie hast du den spannenden visuellen Stil des Magazins entwickelt?

Da ich viele Aufgaben bei Club Sandwich selbst übernehme – von der Chefredaktion zur Artdirektion, dem Grafikdesign und allem, was dazwischen ist – habe ich immer das gesamte Magazin im Blick und weiß sehr genau, wie es aussehen soll. Ich brauche keine Kompromisse zu machen, alles entspricht meiner Vision und meiner Ästhetik. Es ist sehr persönlich, denn es reflektiert meinen Geschmack und ist die Erweiterung meiner eigenen künstlerischen Arbeit. Ich verwende keine Illustrationen, denn ich sehe nicht wirklich den Sinn darin, Bilder zu zeigen, die noch einmal illustrieren, was man gerade gelesen hat. Deswegen frage ich Künstler, ob sie malen, fotografieren, zeichnen, bildhauern oder ähnliches machen können und das, mit dem jeweiligen Thema des Hefts im Kopf. Wenn alle Arbeiten da sind, starte ich mit dem Layout und überlege, welches Werk welchen Artikel bereichern kann oder ihm einen neuen Blickwinkel hinzufügen.

Sehr spannend ist auch, wie du die Zweisprachigkeit des Magazins inszenierst.

Ich habe Club Sandwich auf Französisch gestartet. Aber im Laufe der Zeit haben immer mehr Leute nach einer englischen Ausgabe gefragt. Da es mir wie eine Geldverschwendung für die Leser vorkam, dass sie nur die Hälfte des Magazins in der jeweiligen Sprache bekommen, aber für das gesamte zahlen, hatte ich die Idee, pro Sprache ein komplett unterschiedliches Layout zu machen, auch mit anderen Kunstwerken. Hat man die Artikel in seiner Sprache gelesen, kann man sie in der anderen Sprache noch einmal neu erleben.

Zu dem Erlebnis gehört auch die expressive Typografie.

Es ist mir wichtig, jungen Künstlern und Designern ein Forum zu bieten und so habe ich drei verschiedene Fonts gewählt: Bely von Roxane Gataud, Columbia Sans von Jean-Baptiste Levée und Funkford von Dave Coleman.

Wie finanzierst du das Magazin?

Wir sind komplett unabhängig, haben weder Anzeigen noch finanzielle Partner. Wir finanzieren uns durch den Verkauf des Magazins. Wir sind Non-Profit und haben sehr generöse Leser, die das Magazin lieben und uns helfen.

Was wird die nächste Ausgabe erscheinen?

Irgendwann im Januar. Es wird eine kürzere Ausgabe sein und sich mit Hors d’Oeuvres beschäftigen und Kunstwerke auf Melonen zeigen. Die nächste reguläre Ausgabe wird später im Jahr erscheinen. Das Thema ist eine Überraschung!

Club Sandwich; Paris, seit 2015; Französisch/Englisch; 172 Seiten; 21 Euro; Club Sandwich

Weitere Interviews: Aaron Beebee und Thomas Schostock von Plastikcomb; Lisa H. Moura vom Alien Magazine

PDF-Download: PAGE 02.2021

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