Zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit geht der Multiplayer »1378 (km)« von Jens M. Stober online.
Im Juli diesen Jahres eröffnete das »Game Lab« an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Nun erscheint das erste Spiel aus der Game-Schmiede. Der HfG-Student Jens M. Stober hat »1378 (km)« entwickelt, ein als Egoshooter konzipiertes Serious Game.
Während die gleichermaßen berühmt wie umstrittenen Vorbilder wie »Counter Strike«, »Half Life« und »Halo« sich lieber fiktiver Geschichten bedienen und auch gerne mal Aliens als Gegener der Protagonisten auftreten lassen, hat Stober die deutsche Geschichte als Story-Lieferant für sein Spiel gewählt.
Der Spieler des 3D-Online-Multiplayer-Games kann entweder in die Rolle eines DDR-Flüchtlings oder in die des Grenzsoldaten schlüpfen. Dann wird er in das Jahr 1976 zurückversetzt und spielt Schlüsselszenen in verschiedenen Teilabschnitten der innerdeutschen Grenze nach. Noch einmal werden Menschen vor die Wahl gestellt: verhaften, laufen lassen, erschießen. Noch einmal müssen Flüchtlinge um ihr Leben bangen. Diesmal eben alles virtuell.
Dabei hat Stober versucht, möglichst detailgenau die Szenarien auf diesem Grenzstück nachzuzeichnen: vom Todesstreifen, über Wachtürme und Selbstschussanlagen bis hin zu Personenminen. Dadurch sollen insbesondere Jugendliche die dramatischen Situationen von damals nacherleben und diesen Teil der deutschen Geschichte auf eine emotionale und direkte Weise kennenlernen.
Punkte verteilt das Game nach politisch-sozialen Aspekten. Zu viele Tote an der Grenze, bedeutet größerer politischer Druck auf die DDR und damit ein Minus auf dem Punktekonto der Grenzsoldaten. Wer sich für die Rolle des Grenzsoldaten entschlossen hat, sieht sich zudem am Ende des Spiels in das Jahr 2000 versetzt. Dort muss sich der Spieler vor einem bundesrepublikanischen Gericht für seine Taten verantworten.
Stober hat sich offensichtlich ein heikles Thema gesucht. Denn mit »1378 (km)« stellt sich die Frage, mit welchen Medien und in welcher Form Geschichtswissen überhaupt angemessen vermittelt werden kann? Sind Ballerspiele überhaupt dafür geeignet, solche Szenarien, wie sie sich an der innerdeutschen Grenze abgespielt haben, nachzuzeichnen? Was macht das Game unmoralisch, die Wahl, vor die es den Spieler stellt, oder der Spieler, der sich entscheidet, den ersten Flüchtling abzuschießen?
Ohne es einmal selbst ausprobiert zu haben, ist es schwer ein Urteil über Stobers Shooter zu fällen. Der Ansatz ist interessant, es kommt auf die Umsetzung an. Ab den 3. Oktober steht das Spiel zum Download bereit.