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Auftragsakquise ohne Preisdumping (AGD)

Konkurrenz und Preiskampf haben sich in einigen Designbereichen durch Ausschreibungsplattformen und kostenfreie Vorlagen im Internet verschärft. Das ist eine Herausforderung im Designeralltag. Friederike Sobiech von der Allianz deutscher Designer sagt Ihnen, wie Sie diese meistern.

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Schon mal gehört? »Im Internet bekomm ich das  Logo günstiger«, oder »Die Zeiten sind schwer, für den halben Preis gebe ich Ihnen den Auftrag«… Wenn Sie sich auf einen solchen Preiskampf einlassen, werden Sie bald darauf vor allem Quantität statt Qualität schaffen. Oder Sie können trotz guter Leistungen und 50-Stunden-Woche nicht vom Gestalten leben – weil der Preis nicht stimmt.

Analyse: Welche Kunden argumentieren auf diese Weise?

Ein Teil von ihnen hat schlicht nicht die finanziellen Mittel, um sich ein professionelles Designprojekt wirklich leisten zu können. Der andere Teil rechnet den günstigen Preis in die eigene Kalkulation mit ein und bietet entweder selbst – auf Kosten seiner Dienstleister und Lieferanten – billiger an oder optimiert den eigenen Gewinn. Schnäppchenjäger sind erfahrungsgemäß echtes Kassengift, da die Sparfüchse bei der nächsten Gelegenheit den Folgeauftrag an einen Günstigeren geben, während die Kirchenmäuse eher zu Treue neigen und Ihnen einen unwirtschaftlichen Auftrag nach dem anderen erteilen.

Chancen: Welche Projekte können Sie trotzdem anbieten und annehmen?

Wenn Sie noch Platz in ihren Auftragsbüchern und Kalendern haben, dann scheuen Sie vielleicht das Risiko, dass diese Lücken bleiben und sich zu Löchern in der Haushaltskasse auswachsen könnten. In diesem Fall machen Sie aus einem unrentablen Designprojekt ein rentables, indem Sie ein modifiziertes Leistungsspektrum anbieten, was dem Anfragenden nützt und ins Budget passt. Also wird aus einem maßgeschneiderten Design mit CMS-Konfiguration entweder eine maßgeschneiderte Web-Visitenkarte, ein CMS mit leicht angepasstem Standard-Template oder ein Halbtages-Workshop über die Möglichkeiten, in sozialen Netzwerken aktiv zu werden. Oder Sie machen das Projekt transparent zu einem Low Priority-Sonderangebot: gerne als Lückenfüller zu einem günstigeren Preis, aber sobald ein normal vergütetes Projekt auf den Tisch kommt, bleibt das Sonderangebot erst einmal liegen. ICE-Fahren mit dem Wochenend-Ticket geht eben nicht.

Egal welche Taktik Ihnen lieber ist: begrenzen Sie ihren Einsatz unbedingt, denn mit vielen kleinen Projekten steigt der Verwaltungsaufwand und mehr als ein Projekt in der Warteschleife erhöht erfahrungsgemäß den Stresspegel trotz aller vereinbarten Zustimmung. Beides wirkt sich auf Ihre Produktivität und Lebensqualität aus. Und überlegen Sie sich, ob Sie lieber treue Kunden mit einem Sonderangebot belohnen, als die Unbekannten, bei denen auch die Zusammenarbeit noch nicht eingespielt ist. »Sonderangebote mache ich gerne – für Stammkunden« ist eine klare Aussicht, bei der Sie den Spieß umdrehen und Ihrerseits gute Aussichten versprechen.

Fokus: Welche Kunden und Projekte sollten Sie im Visier behalten?

Interessant sind vor allem jene Kunden, die etwas vom Wert des Designs für ihr eigenes Geschäft verstehen. Bestenfalls sind sie von vornherein an kontinuierlichen Kunden- und Lieferantenbeziehungen interessiert, weil sie wissen, dass Kontinuität auch ihrer Investition gut tut. Gute Gestaltung ist auch ein Kennenlernprozess, der von der gemeinsamen Zeit profitiert.

Statt sich im Preiskampf aufzureiben, konzentrieren Sie sich lieber auf den Wettbewerb um die passenden Kunden und interessanten Projekte (inhaltlich und finanziell). Wie finden Sie mit einfachen Mitteln heraus, ob ein/e Anfragende/r dazu gehört oder gehören kann? Manche der sehr preisbewussten Kunden fallen trotz ihrer anfänglichen Zurückhaltung in dieses Segment oder können sich dorthin entwickeln.

Ziel: Die richtigen Kunden finden und binden – drei Tipps für den Umgang mit Blindanfragen

  1. Seien Sie ernsthaft interessiert: Wenn unbekannte Interessenten ein Angebot von Ihnen anfordern, greifen Sie zum Telefonhörer und bieten Sie einen unverbindlichen und kostenfreien Kennenlerntermin an. Wer hier absagt oder sogar offen sagt: »Ich will einfach nur Ihren Preis wissen«, interessiert sich (noch) nicht für eine Geschäftspartnerschaft auf Augenhöhe. Sie haben das dann innerhalb von 5 Minuten herausgefunden.
  2. Bereiten Sie sich gut vor: Wer hat angerufen, was macht die Firma oder Institution, welche Ihrer Referenzkunden oder –projekte packen Sie für den Termin ein? Bereiten Sie auch Ihr Gegenüber vor: Geben Sie ihm etwas über sich in die Hand, mit dem Sie sich und ihre Haltung vorstellen. Einen gut gestalteten Elevator Pitch auf schönem Papier, in Kartenform, mit oder ohne Give Away zum Beispiel. Das Präsentationspaket bereiten Sie einmal vor und stellen es dann bei Bedarf zügig zusammen.
  3. Seien Sie verbindlich und zuverlässig: Versorgen Sie sich im Gespräch mit allen Informationen, um das richtige Angebot zu verfassen. Testen Sie aus, ob Alternativen diskutiert werden können, scheuen Sie sich nicht vor konkreten Fragen: »Suchen Sie kreative Kompetenz und beratende Begleitung oder eher die professionelle Umsetzung Ihrer eigenen Ideen? Gibt es Termin- und Budget-Zwänge?« Geben Sie einen Termin an, bis zu dem Ihr Angebot vorliegen wird – und halten Sie ihn ein. In allen Umfragen unter Entscheidern stehen »weiche« Kriterien, wie Pünktlichkeit und klare Kommunikation vor den »harten« Kompetenzen, wie Kreativität und Können.

Fazit

Bleiben Sie purem Preiskampf fern, belohnen Sie lieber echte Treue als schöne Aussichten und optimieren Sie Ihren Umgang mit Blindanfragen.

Hier finden Sie alle bisherigen Teile unserer Berufspraxis-Kolumne

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