Mit Budenzauber des Amsterdamer Studios Dumbar ging die TYPO Berlin 2010 am Samstag Abend zu Ende. Tagsüber hatte sie königlichen Besuch. Und der war eines der vielen Highlights.
Mit Budenzauber des Amsterdamer Studios Dumbar ging die TYPO Berlin 2010 am Samstag Abend zu Ende. Tagsüber hatte sie königlichen Besuch. Und der war eines der vielen Highlights.
König Bansah, der in Ghana den Stamm der Ewe regiert und im bürgerlichen Leben eine Autowerkstatt in Ludwigshafen führt, war der Star des Abschlusstages – im royalen Gewand, mit trockenen Sprüchen, Geschichten aus seinem Leben und wenig Berührungsängsten zur B-Prominenz. Um sein Volk finanziell zu unterstützen, tritt der König mit den Wildecker Herzbuben und bei Jörg Pilawa auf oder eröffnet Kaufhof-Filialen. Damit seine royale Würde dabei keinen Schaden nimmt, gestaltete der Mannheimer Kommunikationsdesign-Student Julian Zimmermann dessen neuen Auftritt – samt Website, die demnächst online geht, Visitenkarten, Briefpapier und einigen Gimmicks. Mit trockenem Humor präsentierte Zimmermann das gestalterisch ambitionierte Projekt und am Ende gab es Standing Ovations für den Bachelor-Studenten und seine Hoheit.
Ebenfalls gefeiert wurde Erik Kessels von der Agentur KesselsKramer, die in einer kunterbunt ausgestatteten Kirche in Amsterdam residiert, Fotobücher über einen Hasen, der so ziemlich alles auf seinem Kopf balancieren kann, publiziert, Ausstellungen konzipiert und listige Werbung, wie die furiose Anti-Kampagne für das abgehalfterte Budget-Hotel Hans Brinker entwickelt, die mit den Mängeln der Absteige spielt. Ein tolles Beispiel für hintersinnigen Humor, feines Gespür für Kuriositäten und einer Werbe-Strategie, die ihre eigenen Mitteln auf die Schippe nimmt.
Einen wollten dann alle sehen, rückten zusammen, bis wirklich niemand mehr in den großen Saal hinein passte, in dem die Grafik-Legende David Carson durch sein Leben surfte und zeigte, was seine Leidenschaften sind: hübsche Frauen, guter Wein, perfekte Wellen, übermalte Straßenschilder – und ganz entspannt im Hier und Jetzt zu sein.
Mit über 50 Vorträgen und 1200 Besuchern aus 17 Ländern, die weiteste Reise hatten Teilnehmer aus Katar angetreten, wurde auf der ausverkauften TYPO Berlin 2010 die »Zukunft des geschriebenen Wortes« untersucht – in einem Programm, das so abwechslungsreich wie anregend war: vom »Godfather of Typo« Erik Spiekermann, über You-Tube-Star Julian Smith, Design-Rocker Carlos Segura zu Uta und Thilo von Debschitz, die ihr spektakuläres Buch über den Visionär Fritz Kahn präsentierten. Medien-Künstler Joachim Sauter stellte Arbeiten wie seine kinetischen Skulpturen für das BMW-Museum München vor, Candy Chang ihre Hilfsbroschüre für Straßenverkäufer in New York, Eike König sprach sehr persönlich über seine Agentur HORT, über Antrieb, Versagensängste, Plattencover und das neue Image von Sido. Daniel Gjode zeigte, wie er mit seinem Studio Stupid Schrift zum Tanzen bringt, dazu gab es Workshops, Fragestunden, diverse Come-Together und »Dark Talks« in einem LKW-Anhänger vor der Tür.
Technisch aufwendig aber inhaltlich mager war die Performance des Studio Dumbar, das zum Abschluss »Schnüffeln und Knutschen« versprach, aber eher Budenzauber präsentierte. Bei dem wurden dem maskierten Sprecher Gesichter der Studio-Kollegen aufgebeamt und deren Ansichten zu Liebe, Leben, Essen und Arbeit zitiert. Aber egal. Danach gab es den traditionellen Film mit den Eindrücken der vergangenen drei Tage – und reichlich Applaus für die Moderatoren, Technik, die Helfershelfer und die Organisatoren vom Fontshop.
Alles zur TYPO Berlin 2010 auf PAGE online hier und hier.
Foto oben: König Bansah und sein Volk in der Präsentation von Julian Zimmermann
König Bansah und Julian Zimmermann auf der TYPO 2010
David Carson auf der TYPO 2010 – und wie er die Welt sieht:
Erik Kessels bei seinem Vortag »KesselsKramer sagt Hallo« (Foto: Gerhard Kassner)
Hase aus der Präsentation von Erik Kessels
Beamer-Spiele von Studio Dumbar