raquo;Wir müssen den Kunden mehr Nähe bieten«
Gregor Ade, Managing Partner bei der Peter Schmidt Group, über ganzheitliche Markenkommunikation, unterstützt durch kluges Organisationsmanagement
Inwiefern hat sich die Branche gewandelt?
Gregor Ade: Erstens hat sich seit der Krise 2008/09 die Honorarsituation eklatant geändert: Zumindest in der Markenkommunikation haben Unternehmen die Budgets zusammengekürzt, während die Agenturkosten gleich bleiben. Das führt zu einem größeren Kostendruck. Zweitens: Kunden, die einer Agentur langfristig Treue halten, werden seltener. Sie vergeben ihre Etats zunehmend gestückelt und nach Disziplinen getrennt, ähnlich vielleicht wie in der Architektur. Drittens müssen wir als Markenagentur kommunikativer auftreten, uns stärker der klassischen Kommunikation widmen.
Was bedeutet dieser Wandel konkret für die Peter Schmidt Group?
Wir müssen uns schlanker aufstellen. Zudem müssen wir dem Kunden mehr Nähe bieten und enger mit ihm zusammenarbeiten, um präziser auf seine Bedürfnisse eingehen zu können. Dazu denken wir derzeit über eine Neustrukturierung der Teams nach – in Richtung einer klassischen Mandatsstruktur. Bisher haben wir unseren Kunden pro Disziplin – Brand Strategy, Corporate Design, Brand Spaces, Digital, Packaging, usw. – je einen Spezialisten zur Seite gestellt. Künftig präsentieren wir dem Kunden vielleicht mit dem Kundenberater einen einzigen Ansprechpartner, der für einen noch engeren, persönlicheren Kontakt verantwortlich sein wird. Gleichzeitig können wir – bei Bedarf – mit breit aufgestelltem Team aus verschiedenen Disziplinen beim Kunden erscheinen.
Ist das nicht verwirrend – große Teams bei Kundenmeetings und trotzdem nur ein Ansprechpartner?
Nein. So können wir auf die unterschiedlichen Bedürfnisse des Kunden konkret eingehen. Und die Faszination des Kunden für unsere Arbeit beibehalten. Kürzlich saßen wir in einem Kundenmeeting mit fast allen Disziplinen aus unserem Leistungsprofil – obwohl er uns nur mit der Markenpositionierung und einer Weiterentwicklung des Corporate Designs beauftragt hat – das hat beide Seiten vorangebracht.
Wie reagieren Sie auf die inhaltlichen Herausforderungen in der Markenkommunikation?
Übergreifender denken! Vor kurzem haben wir unsere Schwerpunkte neu zusammengefasst: in Corporate und Product Branding sowie Brand Implementation. Mit unserer Packaging-orientierten Historie und unserer Arbeit im Bereich Fast Moving Consumer Goods haben wir noch nie reines Branding entwickelt, sondern das Gesamtmarkenerlebnis in den Fokus gestellt. Vor einiger Zeit sollten wir lediglich das Packaging für eine große Handelsmarke entwickeln. Doch heute arbeiten wir an der Überarbeitung der kompletten Marke, weil sich die Markenwahrnehmung nicht trennen lässt. Auch unsere Arbeit für REWE Feine Welt zeigt diesen übergreifenden Ansatz. Eine Besonderheit ist zudem unsere Brand Implementation Group, in der Berater, Designer und Programmierer einen Marken-Roll-out planen und umsetzen. Den Roll-out müssen wir mit unseren Kunden von Anfang an mitdenken, also auch die entsprechenden Teams der Brand Implementation Group schon in der Startphase einbeziehen.
Wie integriert die Peter Schmidt Group die digitale Kommunikation in ihre Strukturen?
Anfangs haben wir versucht, ein solitäres Digital-Team in Frankfurt aufzubauen, aber das hat nicht ausreichend funktioniert. Nun integrieren wir die Digitalspezialisten in die Units. Und wir legen bei der Personalplanung zunehmend Wert darauf, dass alle Kreativen einen digitalen Hintergrund haben. Wir arbeiten zudem viel mit Spezialisten aus dem BBDO-Netzwerk zusammen. Im Nachhinein war es richtig, dass wir hier zu Beginn noch nicht integriert gedacht haben: So konnten wir die Digitalkompetenz für die Agentur erschließen, um sie dann auf die Einheiten zu verteilen.
Wie entwickelt sich die Markenkommunikation weiter?
Marken werden generalistischer gedacht. Die Ergebnisse werden interdisziplinärer, digitaler, räumlicher, kommunikativer.
Werden sie auch besser?
Das Markenerlebnis wird spürbar tiefer.
Welche Jobprofile gewinnen an Bedeutung?
Das Markenerlebnis muss prägnanter, einprägsamer und faszinierender werden. Das bedingt eine stärkere Verknüpfung von Kreation und Konzeption. Damit die Kreation an Profil behält, brauchen wir aber nicht nur Generalisten, sondern auch den hochspezialisierten Schriftgestalter. Es ist wichtig, diese Spezialisten nicht zu verlieren! Sich die auch leisten zu können, ist ein Vorteil großer Agenturen.
Sind Netzwerkagenturen denn noch zeitgemäß?
Ja, da bin ich mir sicher – und zwar nicht, weil das meine Pflicht ist. Ich bin nicht im Netzwerk groß geworden, aber das aktuelle Netzwerk-Bashing ist Unsinn. Das Problem waren die Lokalfürsten in den einzelnen Agenturen, die sehr exponiert waren. Heute denkt man viel kollektiver. Außerdem müssen sich auch die inhabergeführten und kleineren Agenturen gegenwärtig fulminant verändern. Die Frage zur Zeit ist nicht »gross versus klein« oder »Netzwerk versus inhabergeführt«, sondern wie (schnell) schafft man es, sich den Veränderungen des Marktes anzupassen. Und da sehe ich uns ehrlich gesagt agiler den je. Und am Rande: ich und mein Geschäftsführungskollege Armin Angerer sind Partner, also Anteilseigner der Peter Schmidt Group. Auch wenn unser Hauptgesellschafter großen Einfluss hat, inhaltlich sind wir frei.
Worin genau liegen dann die größten Nachteile von Netzwerkagenturen?
Ich sage es mal so: einer straffen Organisations- und Kostenstruktur muss man Stand halten. Und die Barrieren zwischen den Einzelagenturen und Disziplinen müssen weiter ausgeräumt werden.
hellip; und die Vorteile?
Netzwerke bieten dem Kunden und den Mitarbeitern eine gewisse finanzielle Sicherheit. Und für uns ist der schnelle, unkomplizierte Kontakt zu Disziplinen, die im eigenen Haus nicht vertreten sind, ein Vorteil. Auch kleine Agenturen müssen ja immer wieder mit anderen Agenturen oder freien Mitarbeitern zusammenarbeiten. Die haben dann nur wenig Zeit oder sind nicht im Thema. Außerdem ist diese Stabilität auch für die Zusammenarbeit hilfreich – ein Netzwerkpartner ist dann eben doch kein Externer. BBDO hat uns zum Beispiel gerade viel im Bereich On Air Design unterstützt. Der Austausch innerhalb der Netzwerke kann sehr bereichern.
Wie hat die Peter Schmidt Group auf die Wirtschaftskrise reagiert?
Wir hatten schon immer eine schlanke Struktur, vor allem in der Verwaltung. In der Krise haben wir zum Beispiel im Einkauf sehr gespart und ab und zu auf die Strukturen des Netzwerks zurückgegriffen. Wir sind dankbar, dass uns die Top Ten unserer Kunden die Treue gehalten haben, aber dafür haben wir auch immer mal wieder Extrarunden geleistet und zusätzlich gearbeitet.
Gibt es diesen Zustand im Agenturwesen immer noch: Mehr Arbeit für weniger Geld?
Bedingt. Aber wir animieren unsere Belegschaft natürlich dazu, auch mal Pause zu machen. Bei uns gibt es zudem auch Teilzeitmodelle. Aber ich bin froh, dass sich unsere Mitarbeiter für ihre Arbeit begeistern und dafür auch mal länger bleiben.
Zum Interview mit Stefanie Wurst, Vorstand der Scholz & Friends Group
Zum Interview mit Pia Betton und Robert Stulle, Partner bei edenspiekermann
Zum Interview mit Michael Kutschinski, Chief Creative Officer, OgilvyOne Deutschland
Zum Interview mit Kai Röffen, Geschäftsführer von Thjnk Düsseldorf und Professor Rüdiger Götz, Managing Director Creation bei Grey
“Stairway to Heaven” gibt eine guten Einblick, welche Haltung die einzelnen Agenturen an den Tag legen. Die Statements von Tjnk, KW43 und EdenSpiekermann lesen sich unterhaltsam und machen auch inhaltlich einen Punkt. Bei Peter Schmidt Group muss man sich allerdings zwingen das Interview überhaupt zu Ende zu lesen. Eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätze zu denen sich jeder weitere Kommentar erübrigt.