Emily Segal machte zuerst als Trendforscherin international von sich reden – jetzt tut sie es mit ihrem Roman »Rückläufiger Merkur«.
Der bislang wohl schrägste Roman über die Startup-Szene liegt auf Deutsch vor. Wobei das meiste, was drinsteht, wahr sein dürfte, denn Emily Segal hat sich in »Rückläufiger Merkur«ebenso ironisch wie intim eigene Erlebnisse vom Leib geschrieben.
Sie selbst ebenso wie ihre gleichnamige Hauptfigur wurde mit dem Begriff Normcore weithin berühmt, den sie mit dem Trendforschungsbüro/Kunstkollektiv K-Hole entwickelte. Zuvor hatte die New Yorkerin zwei Jahre bei der Designagentur Wolff Olins gearbeitet und dort versucht, Kunst und Corporate Design zusammenzubringen. Aber das ist nur die Vorgeschichte, die man über Emilys Besuch bei einer Hellseherin am Anfang des Romans erfährt …
Eigentlich geht‘s um ein Startup, das sie mit exorbitantem Gehalt als Kreativdirektorin an Bord lockt (heißt im Buch eXe, es handelt sich aber recht eindeutig um genius.com). Die hochfliegenden Ambitionen der mit Venture-Dollars überschütteten Gründer:innen werden immer irrwitziger und es kommt, wie der Titel ahnen lässt: Als rückläufigen Merkur bezeichnet man ein regelmäßiges astronomisches Phänomen, bei dem der Planet sich plötzlich rückwärts zu bewegen scheint. Unter Astrologiegläubigen gefürchtet als Zeit des Chaos.
Das englische Original »Mercury Retrograde« veröffentlichte Segal in ihrem eigenen Verlag Deluge Books. Dort erschien jüngst auch das Büchlein »Amor Cringe«, das K. Allado-McDowell zusammen mit einer AI übers Liebesleben eines/einer vornamenlosen TikTok-Influencer:in schrieb. Die KI-Expertise bringt Allado-McDowell von der Gründung des Programms Artists + Machine Learning bei Google mit.
Emily Segal: Rückläufiger Merkur Matthes & Seitz, Berlin 2022 220 Seiten 22 Euro 978-3-7518-0080-8 Direkt beim Verlag bestellen
K Allado-McDowell: Amor Cringe Deluge Books, New York 2022 144 Seiten 18 Dollar, 10 Dollar Ebook 978-1-7362104-3-7 Direkt beim Verlag bestellen