Wie Designer:innen sich vor Ideenklau schützen und was sie tun können, wenn ihre Werke widerrechtlich genutzt werden
Gemma Corrells Stil ist angesagt. Die kindlichen, manchmal leicht zynischen Illustrationen der Britin kommen sowohl bei den Fans ihrer Comics als auch bei Auftraggebern – darunter Amazon, Hallmark oder die »New York Times« – gut an. Auf Instagram hat Correll fast eine Million Follower:innen. Ihre Artworks werden von vielen gesehen – und leider auch immer wieder geklaut.
»I’m so bloody fed up of brands and apps like @mysensa.health stealing my artwork and using it as advertising instead of actually paying me to make art for them«
schrieb Gemma Correll vor Kurzem in einer Instagram-Story. Sie prangerte darin das Unternehmen an, das ihre – ursprünglich für Evernote entstandene – »Map of Anxieties« nahezu eins zu eins kopiert hatte. Die Typografie unterschied sich, aber ansonsten war die Illustration deutlich mehr als nur vom Original inspiriert. Eine klare Verletzung des Urheberrechts!
Solche Verstöße können mit Geld- und sogar mit Freiheitsstrafen geahndet werden. Eine Anzeige ist also durchaus eine Option für Gestalterinnen und Gestalter, deren Urheberrechte verletzt worden sind – sie erhalten im Erfolgsfall Schadensersatzzahlungen. Oftmals gibt es jedoch auch andere, weniger formelle und aufwendige Lösungen als den Rechtsweg, um sich zu wehren.
Das Plagiat für die eigene PR nutzen Gemma Correll hat sich dafür entschieden, das Plagiat auf Social Media zu zeigen – und so die Urheberrechtsverletzung genutzt, um auf sich und ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Jo Marie Farwick ging ähnlich vor, als sie sich kurz nach der Gründung ihrer Agentur Überground mit einem Ideendiebstahl konfrontiert sah. Ein Werbespot, den sie für das Sport-Start-up Freeletics entwickelt hatte, tauchte – minimal abgewandelt – wenig später noch einmal auf: für BMW. In einem zum Werbespot des Automobilherstellers gehörenden Making-of waren auf den Moodboards im Hintergrund sogar Screenshots aus ihrem Original zu sehen. »Wahrscheinlich hat sich die Sache irgendwann verselbstständigt und dann hat sich niemand mehr getraut, ›Stopp!‹ zu sagen«, meint Jo Marie Farwick.
Der Fall sorgte 2016 in der Kreativbranche für ziemlich viel Aufsehen, auch weil Farwick einen guten Weg fand, damit umzugehen. »Wir haben die Sache als PR genutzt. Dass eine so coole Marke wie BMW uns kopiert, ist doch der Hammer. Das hat der gerade gegründeten Agentur und auch Freeletics einen richtigen Boost gegeben«, so Farwick. Überground hatte also keinen wirtschaftlichen Nachteil, rechtliche Schritte ergaben aus Farwicks Sicht zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn. Das kann natürlich auch ganz anders aussehen. In jedem Fall ist es für Designerinnen und Designer wichtig, sich mit den Grundlagen des Urheberrechts auszukennen, damit sie wissen, woran sie sind, wenn ihre Artworks widerrechtlich genutzt werden.
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Absicherung in Pitches
Tricky wird es bei Konzepten, die etwa in Pitches vorgestellt werden. Hier kann es passieren, dass der Kunde eine Idee zwar toll findet, dann aber nicht ihre Umsetzung beauftragt, sondern sie inhouse oder mit einer anderen Agentur realisiert. Im schlimmsten Fall wurde man dann weder für den Pitch noch für die Ausführung bezahlt. »Das ist einfach unfair«, so Farwick. »Immerhin legt man als Kreativer dem Kunden sein Herz auf den Tisch.« Dazu kommt die finanzielle Einbuße.
So wie in einem jüngeren Fall, in dem die Agentur Überground für einen großen Modekunden eine komplette Kampagne entwickelt und auch das erste Shooting für Plakatmotive umgesetzt hatte. »Diese gefielen dem Kunden nicht, woraufhin er die Zusammenarbeit mit uns beendete. Die Kampagne ist nun trotzdem international zu sehen – allerdings nicht von uns exekutiert«, erklärt Jo Marie Farwick. Umsatztechnisch fehlt ihr dadurch eine etwa sechsstellige Summe.
Das Problem: Es gibt keine pauschale Antwort darauf, ab wann die Übernahme eines Konzepts, ohne dabei den Urheber:innen mit ins Boot zu holen, als Plagiat gilt. »Manchmal werden die Ideen aufgegriffen, aber so verwässert, dass man schlecht dagegen vorgehen kann«, sagt Farwick. »Dann hilft nur Ruhe bewahren, Krönchen richten und weitermachen.« Für eine gewisse Absicherung kann man dennoch sorgen, und zwar mit einer Ideenschutzvereinbarung, also einem Vertrag, der festlegt, ob und in welcher Form die vorgestellten Konzepte genutzt werden dürfen. Als weitere Möglichkeit bietet sich die Anmeldung als Design an.
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