Nachruf: Wir vermissen Joachim Sauter
Am 10. Juli verstarb mit Joachim Sauter eine für die digitalen Medien wegweisende und für uns alle höchst inspirierende Persönlichkeit.
Es fühlt sich komisch an, diesen Text zu schreiben. Gerade mal 62 Jahre war Joachim Sauter alt, als er am 10. Juli starb. Eine starke Persönlichkeit mit unendlicher kreativer Power, das Gesicht der von ihm mitgegründeten Signatur ART + COM.
Im Jahr 1992 berichtete PAGE erstmals über eines seiner Projekte – den auf der Ars Electronica präsentierten Zerseher. Sah erstmal aus wie ein altes Ölgemälde, doch durch ein Eye-Tracking-System zersetzte sich das (durch eine Rückpro erzeugte) Bild genau an der Stelle, wo man als Betrachter:in hinsah. Futuristische Technik zum Staunen!
Noch viel wegweisender war TerraVision von 1994, eine schon damals ähnlich wie Google Earth funktionierende virtuelle Weltkugel, die in Echtzeit auf Datenserver in aller Welt zugriff, mit einer Maus und einer großen Kugel als Schnittstelle. Zufällig landeten zwei Leute vom Computerhersteller Silicon Graphics, deren mächtige Onyx-Rechner ART + COM damals nutzte, später bei Google … Bei einem Patentstreit konnten sich die Berliner nicht gegen den Internetriesen durchsetzen.
Es ist bekannt, wie viele Visionen zu Projekten Joachim Sauter seither ersonnen und realisiert hat. Unter anderem seine vielfach preisgekrönten kinetischen Skulpturen – etwa fürs BMW Museum oder jüngst für den Flughafen Singapur – machten international Furore. Wegweisend im ganz wörtlichen Sinn war er aber auch als Professor an der Berliner Universität der Künste.
Dreißig Jahre lang hat er dort junge Menschen auf allerhöchstem Niveau ausgebildet und zum immer wieder grenzüberschreitenden Umgang mit digitalen Medien motiviert. Auch dort wird er fehlen. Ich persönlich vermisse meinen Lieblingsinterviewpartner. Offen, zugewandt, dabei von einer enormen geistigen Klarheit, die für das Gegenüber immer erhellend war – und ein großes Vergnügen.
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