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Muss gutes Design innovativ sein?

Die goldenen Regeln der Gestaltung auf den Prüfstand gestellt: Stefan Wölwer, Professor für Interaction Design, kommentiert.

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Foto: Andreas Magdanz

Design, richtig verstanden und angewendet, ist grundsätzlich innovativ, da es nicht bei der bloßen Formulierung von kre­a­tiven Ideen stehen bleibt. Vielmehr setzt gutes Design – und darin liegt ja die Innovation –, diese Ideen für alle Beteiligten auch gewinnbringend um.

Dazu müssen Designer heute moderne Technologie als wirkungsvolles Gestaltungsmittel betrach­ten und nicht als Bedrohung oder Einschränkung. Der kreative Einsatz von Tech­nologie kann helfen, diese im Idealfall sogar weiterzuentwickeln. Dabei kultiviert der permanente Austausch zwischen De­sign­ern, Ingenieuren und Informatikern einen kreativ-technologischen Feedback-Loop. Mit anderen Worten – Innovation!

»Der gemeinsame gestalterische Prozess ist wesentlich für Innovation«

Innovatives Design entsteht hauptsäch­lich in multidisziplinären Teams, sei es im Gro­ßen in globalen Kreativkonzernen oder im Kleinen zwischen Freiberuflern und Kun­den. Hier entwickelt man die besten Ar­bei­ten durch Austausch und Partizipa­tion. Denn gerade der gemeinsame ge­stal­teri­sche Pro­zess ist wesentlicher Bestandteil in­novativen Designs. Design kann nur dann positiv und innovativ auf unser soziales Miteinander einwirken, wenn es selbst aus einer wirklichen Zusammenarbeit hervor­geht und das Team sich mit sämtlichen bestehenden Unterschieden aufeinander ein­lässt.

Am Anfang dieser Prozesse steht neben der Idee, auch gründliche Forschung. Die an­gelsächsische Prinzip des »Research & De­velopment« trifft es gut, da es die Idee kritisch hinterfragt und konsequentes Pro­totyping einschließt. Der innovative De­sign­prozess ist nicht linear, sondern er iteriert, läuft in Phasen parallel und verteilt sich auf die Kompetenzen des Teams.

Vor allem ist innovatives Design aus der Forschung heraus begründbar und unterscheidet sich damit deutlich von gestalterischer Dekoration. Es bewegt sich nicht innerhalb der Freiheiten des künstleri­schen Arbeitens, sondern geht vom Menschen aus. Denn für den soll es sein. So gesehen müsste die Gestaltungsregel also heißen: Gutes Design sorgt für Innovationen!

 

Zum Autor: Stefan Wölwer ist Professor für Interaction Design an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen.

 

Mehr Statements zu den Goldenen Regeln der Gestaltung lesen Sie in PAGE 10.2016.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Guten Tag Herr Welling,

    selbstverständlich ist gutes Design grundsätzlich innovativ, wie wir es ja besonders bei den Arbeiten von Dieter Rams sehen, dessen 10 Thesen über gutes Design die Grundlage für diese Interviewserie der PAGE bildeten.
    Als Interaction Designer arbeiten wir an der Schnittstelle von Technologie, Soziologie und Design. Interaction Designer gestalten die Schnittstellen zum dem Betriebssystem unserer modernen Welt, der Digitalität. Wir entwerfen die notwendigen mentalen Modelle und machen diese durch gutes Interfacedesign sichtbar und verständlich. An dieser Stelle helfen uns die klassischen Technologien weniger weiter und wir konzentrieren uns auf die aktuellen Entwicklungen. Daher mein Fokus auf dem Austausch zwischen De­sign­ern, Ingenieuren und Informatikern.

  2. Tut mir Leid, Herr Wölwer, aber das ist mir arg kurz gesprungen: Es soll innovativ sein, wenn Design seine erste Aufgabe erfüllt, nämlich dem Zweck dient und die Kreativität gewinnbringend dem Gebrauchswert unterstellt? Schon vor 100 Jahren nannte man (die Print-Variante) „Gebrauchs-Graphik“. Sicher ist richtig, dass ein guter Gestalter auf der technischen Höhe der Zeit sein sollte, um die bestmögliche Lösung für eine Designumsetzung finden und beurteilen zu können, aber das heißt eben gerade nicht, dass es immer und jedes Mal die neueste Technik wäre, die einzig angemessen ist. Je nach Aufgabe, je nach Zielgruppe, je nach Kunde sind die Mittel, technisch wie ästhetisch, verschieden, und immer wieder ist dann eben Old School/Retro/klassisch/vertrautes Design das, was die Aufgabe am besten erfüllt.

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