Kreativ-Awards in der Krise?
Die Welt der Kreativ-Awards stand 2020 weitgehend still. Wir nutzen die Chance, zu fragen: Wozu brauchen wir sie überhaupt? Und wie könnte man sie besser machen?
Pro: Wettbewerb belebt das Geschäft
So viel vorab: Niemand will Awards abschaffen! Dafür sind sie für die Branche viel zu wichtig, fürs Agenturmarketing, fürs Personal Branding wie auch zum Kräftemessen. »Wo wäre unsere Branche ohne Awards?«, fragt Katja Garff, Mitgründerin der Agentur- und Unternehmensberatung makers & breakers in Hamburg, die bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber Weischer.Media lange Zeit die Repräsentanz der Cannes Lions leitete. »Ein kompetitives Grundklima tut gut, denn Wettbewerbe beleben das Geschäft und stacheln zu Bestleistungen an.« Zudem seien sie für das Reputationsmanagement von Agenturen genauso essenziell wie für die Karriereplanung von Kreativen. »Diejenigen, die sagen, dass ihnen Cannes-Löwen egal sind, haben entweder zu viele gewonnen oder gar keine«, so Katja Garff.
»Diejenigen, die sagen, dass ihnen Cannes-Löwen egal sind, haben entweder zu viele gewonnen oder gar keine«
Katja Garff, Gründerin von makers & breakers, Hamburg
Auch Alexander Schill – selbst vielfacher Löwen-Gewinner – sieht Awards als wichtiges Kontrollinstrument für Qualität: »Wenn eine Jury aus den weltbesten Kreativen meine Arbeit als nicht auszeichnungswert erachtet, gibt mir das zu denken. Dieses Feedback ist enorm wichtig – letztlich sogar wichtiger als der gewonnene Award.« Gerade bei Wettbewerben wie dem iF Design Award und dem Red Dot, die langlebige Kreation wie Product, Packaging und Corporate Design auszeichnen, sind die Preise ein Qualitätssiegel – sowohl für Nutzer als auch für potenzielle Auftraggeber. »Awards beweisen die Kraft von kreativen Ideen und sind auch ein Lob an mutige Unternehmen, die außergewöhnliche Arbeiten beauftragen. Damit fördern sie das Wohlwollen gegenüber kreativen Lösungen generell«, schreibt Mandie van de Merwe, Executive Creative Director bei M&C Saatchi Sydney, in einem Kommentar über ihre Jurytätigkeit bei der One Show.
»Es wäre unverantwortlich, Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken und gleichzeitig Unsummen für Award-Einreichungen auszugeben«
Alexander Schill, Chief Creative Officer bei Serviceplan Group, Hamburg
Awards: Sichtbarkeit und Selfmarketing
Gerade in der Werbebranche ist die Sichtbarkeit, die Agenturen durch Awards und die oberen Rankingplätze erlangen, enorm wichtig fürs Geschäft. »Auch wenn Kunden sagen, es sei ihnen egal, ob ihre Agentur Awards gewinnt: Letztlich werden doch häufig die Top-Agenturen aus den Rankings zum Pitch eingeladen«, sagt Alexander Schill. Dazu sorgen die Öffentlichkeitsarbeit der Veranstalter und die Berichterstattung in den Fachmedien für »kostenlose« PR, wie Katja Garff sagt. Ganz so kostenlos ist das natürlich nicht – besonders dann, wenn man mehrere Awards bespielt –, aber laut Garff muss man die Investition als wichtigen Teil des Marketingbudgets einplanen und nicht als einzelnen Kostenblock.
Darüber hinaus gebe es immer mehr Unternehmen, die Wert auf Kreativ-Awards legen, meint Katja Garff. Sie reichten entweder selbst ein oder beteiligten sich an den Kosten – vorausgesetzt, die Wettbewerbe sind für sie relevant. »Viele globale Marketingverantwortliche haben Awards als Gradmesser für kreative Leistung als Key Performance Indicator definiert«, bestätigt Dörte Spengler-Ahrens, Kreativchefin bei Jung von Matt SAGA und ADC-Vizepräsidentin. Ihre Agentur ist stets Spitzenreiter bei globalen Wettbewerben – allerdings nur jedes zweite Jahr, weil sie seit 2013 regelmäßige Awardpausen einlegt, um in die Weiterentwicklung der Agentur und ihrer Mitarbeiter zu investieren. Dörte Spengler-Ahrens weist außerdem darauf hin, dass viele Veranstalter mittlerweile ein umfangreiches Rahmenprogramm auf die Beine stellen, das über das reine Jurieren und die Preisverleihung hinausgeht: »ADC, Cannes und One Show bieten mehr Programm in Form von Kongressen, Workshops und Business-Events als manche Konferenz.« Wie es mit diesen Präsenzterminen weitergeht, lässt sich momentan allerdings schlecht vorhersagen.
»Das Auflösen von Kategorien bedeutet für Awards natürlich weniger Einreichungen und somit weniger Einnahmen. Dazu braucht es neben Mut auch erst einmal eine Bereitschaft zum Verzicht«
Nicolas Markwald, Vorstandsmitglied des Deutschen Designer Clubs, Frankfurt am Main (Foto: Hartmut Nägele)
Kontra Awards: Veraltetes System
Was gegen Awards spricht: Es gibt zu viele! Der Markt ist sehr unübersichtlich geworden, besonders unter den kommerziellen Veranstaltern wächst der Druck, immer mehr Einreichungen zu erzielen, was sie oft über mehr Kategorien und zusätzliche Spartenwettbewerbe zu erreichen versuchen, wodurch sie das Chaos weiter vergrößern. Gleichzeitig wird die Teilnahme für Agenturen immer kostspieliger. »Ohne einen gut aufbereiteten Casefilm hat man fast nirgendwo eine Chance«, sagt Alina Schlaier, Design Director bei denkwerk in Köln. »Diese Aufbereitung kostet Geld – und ist gerade für Digitalagenturen schwierig, da sie selten Filmproduktionskompetenz im Haus haben und noch dazu sehr erklärungsbedürftige Projekte umsetzen.«
Viele ihrer Arbeiten passten nicht recht in die gängigen Kategorien, so Schlaier. Diesen Punkt bemängeln auch andere: »Die Anforderungen an Projekte haben sich weiterentwickelt, aber die Awards hinken hinterher«, sagt Kirsten Dietz, Founder und Partner bei der Designagentur Strichpunkt. »Die Disziplinen verwischen zunehmend und passen nicht mehr in die verkrusteten Kategorien. Wirklich spannende und innovative Ideen findet man gar nicht mehr bei Awards.« Deshalb entschied die Agentur schon Anfang 2020 – also vor Covid-19 –, dass sie
in diesem Jahr nicht an Wettbewerben teilnehmen wird. »Wir werden uns auf unsere Projekte konzentrieren und hier versuchen, neue Maßstäbe zu setzen. Dann sehen wir weiter«, so Kirsten Dietz.
»Digitalprojekte passen oft nicht in die Kategorien von Werbe-Awards. Sie ticken anders«
Alina Schlaier, Design Director bei denkwerk, Köln
Nabelschau und Rankingwahn
Ein weiteres Problem sieht Alina Schlaier darin, dass viele Awards und Kategorien für Kunden nicht relevant sind: »Einige Wettbewerbe agieren in einer Blase und zeichnen Arbeiten aus, die kein Mensch kennt.« Damit spielt sie sowohl auf Goldideen an, die ohne konkreten Auftrag nur für Awards umgesetzt werden, als auch auf die zunehmende Einreichung von Pro-bono-Projekten für gute Zwecke. »Kreative Qualität hat einen Wert. Und der muss meiner Meinung nach auch bezahlt werden. Sonst entsteht der Eindruck, Agenturen arbeiteten umsonst beziehungsweise leisteten viel für wenig Geld. Das kann keiner wollen – auch wenn die Idee noch so toll ist«, so Alina Schlaier.
Alexander Schill sieht das Problem weniger bei den Awards als vielmehr in den Rankings: »Wir reden ja kaum noch darüber, für welche Arbeiten wir Cannes-Löwen gewinnen, sondern nur noch darüber, wie viele.« Große Agenturen investieren hohe Summen, um bei den Ranking-relevanten Awards möglichst viele Punkte zu sammeln und so mindestens unter die Top 5 zu kommen. »Wenn du einmal in diesem System drin bist, kommst du nicht mehr raus«, so Schill. Wer hier nicht mitmachen wolle oder könne, verzichte oft ganz, nach dem Motto: »Ich bin lieber gar nicht dabei als auf Platz 10.« Wohlbemerkt sieht Schill die Problematik eher bei großen, allgemeinen Kreativ-Rankings und weniger beim PAGE Kreativ-Ranking, das gezielt Designleistungen ausweist.
Was ebenfalls auffällt: Bei den vielen Awards gibt es letztlich wenige Überraschungen unter den Siegern. Es landen immer die gleichen Arbeiten und Agenturen auf dem Siegertreppchen – vor allem bei Wettbewerben, die später im Jahr stattfinden. Das gilt auch für die Jurys: Dort sind immer die gleichen Leute zu finden, und oft sind die Gruppen wenig divers.
»Die Anforderungen an Projekte haben sich weiterentwickelt, aber die Awards hinken hinterher«
Kirsten Dietz, Founder und Partner bei Strichpunkt, Stuttgart und Berlin
Lösungen: Kreativität neu definieren
Es gibt also einige Stellschrauben, an denen man drehen könnte (und müsste), um das System Kreativ-Awards zu verbessern. Fangen wir bei den Kategorien an. Statt immer mehr Details abzubilden, sollten die Wettbewerbe zurück zu größeren, offeneren Kategorien, findet Kirsten Dietz: »Es sollte mehr um die generelle Frage gehen, was wirklich innovativ und kreativ ist – und nicht darum, Arbeiten in ein Kategorienkorsett zu pressen.« Ähnlich sieht es auch Katja Garff, die Auszeichnungen für lösungsorientierte Projekte vorschlägt: »Gerade jetzt sind Ideen gefragt, die auf neue Herausforderungen reagieren. Es braucht keine explizite ›Corona-Kategorie‹, aber man sollte abbilden, was gerade passiert, zum Beispiel indem man Arbeiten auszeichnet, die unter erschwerten Bedingungen entstanden sind, oder auch gelungene Unternehmenskommunikation in der Krise.«
Im Grunde müsste man Kreativität neu definieren, so das Fazit von Garff und Dietz. Das erfordert natürlich Mut – und aufseiten der Veranstalter Verzicht, wenn es darum geht, Kategorien zu reduzieren. Der Deutsche Designer Club, der als eingetragener Verein finanziell unabhängiger ist bei der Wettbewerbsausrichtung, macht dieses Jahr einen Schritt in diese Richtung. Er plant den Themenwettbewerb »Was ist gut?«, der sich der großen Frage widmet, was wirklich gute Gestaltung ist. Bei diesem Aufruf soll es explizit um Ideen für eine bessere Zukunft aus den Bereichen Produkt- und Kommunikationsdesign sowie Kommunikation im Raum gehen.
»Wir wollen einen neuen Weg einschlagen und weg von dem standardisierten Verfahren, in dem Agenturen anhand abgeschlossener Arbeiten und Projekte qualitativ bewertet werden«, erklärt DDC-Vorstandsmitglied Rainer Gehrisch. Stattdessen werden Agenturen, Designer, Unternehmen sowie Hochschulen und Studierende dazu aufgerufen, ihre Ideen zu gesellschaftlich relevanten Themen einzureichen – Ideen, die ohne Auftrag entstanden und auch noch nicht umgesetzt wurden. »Agenturen können sich exzellent dadurch positionieren, dass sie vorausdenken. Das wird schließlich auch für Kunden bei einer zukünftigen Partnersuche relevanter«, glaubt Nicolas Markwald, Mitglied des DDC-Vorstands. Der Deutsche Designer Club will diesen Ideen eine Bühne geben und als eine Art Inkubator Partner zusammenbringen, um die besten Projekte in die Tat umzusetzen. Die Einreichphase soll Anfang September beginnen. »Es ist ein Prozess, aus dem wir auch lernen wollen, wie wir unseren Wettbewerb für Gute Gestaltung im nächsten Jahr weiterentwickeln wollen«, so Nicolas Markwald.
»Wie Unternehmen brauchen auch Wettbewerbe einen Purpose – besonders in Zeiten wie diesen«
Lucia Ongay, Gründerin der Gerety Awards, Paris
Awards & Kategorien: Nischen besetzen
Eine andere Herangehensweise besteht darin, Awards und Kategorien mehr an den Bedürfnissen von Kunden zu orientieren. »Für Unternehmen sind Themen wie Employer Branding, Krisenkommunikation oder Data-Driven Marketing interessant«, sagt Katja Garff. »Das Ziel sollte eine partnerschaftliche Einreichung von Agentur und Unternehmen sein anstelle einer Selbstbeweihräucherung von Kreativen.« Ein Ausweg könnte darin bestehen, neue Wettbewerbe oder Subsegmente einzuführen, wie es sie etwa bei den Cannes Lions für Disziplinen wie Media oder Branchen wie Health gibt. »Der Nachteil ist, dass die Szene dadurch noch unübersichtlicher wird – der Vorteil, dass sich die bestehenden Wettbewerbe wieder mehr auf ihre Kernkompetenz konzentrieren könnten«, meint Katja Garff.
Tatsächlich gibt es immer wieder Veranstalter, die versuchen, Nischen zu besetzen. So fand in diesem Jahr erstmals der Marketing for Future Award statt, der »Klima-positives Marketing« auszeichnet. Ins Leben gerufen hat ihn Jan Pechmann, Mitgründer der Strategieagentur diffferent in Berlin. Mit dem Award will das Bündnis für Klima-Positives Verhalten e. V. Unternehmen, Kampagnen, Produkte und Aktionen auszeichnen, die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten – und das in eher kryptischen Kategorien wie »Know the Score«, »Hot Shit« oder »What’s in it for me«. Zu den ersten Gewinnern zählt beispielsweise die Kampagne »Kauf weniger!« der Supermarktkette Bio Company.
»Natürlich schätzen wir die Kreativ-Awards mehr, deren Motiv die Förderung von Kreativität ist und nicht Profitstreben«
Dörte Spengler-Ahrens, Geschäftsführerin Kreation bei Jung von Matt SAGA und ADC-Vizepräsidentin, Hamburg
Purpose!
Marketing for Future verbindet den Wettbewerb also mit einer Haltung und mit einer klaren Botschaft. Laut Lucia Ongay, Mitgründerin der Gerety Awards, ist das ein wesentlicher Punkt: »Wie Unternehmen brauchen auch Wettbewerbe einen Purpose – besonders in Zeiten wie diesen.« Sie startete 2019 gemeinsam mit Joe Brooks die Gerety Awards, deren Jury zu 100 Prozent aus Frauen besteht. Dahinter steht der Wunsch, Frauen in der Kreativbranche eine Bühne zu geben und Diversität insgesamt zu fördern. Dabei geht es weniger um die Preisträger – eine Awardzeremonie gibt es nicht –, sondern vielmehr um die Jury, um die Community und den Austausch. Und eben darum zu zeigen, dass es weltweit unzählige Frauen gibt, die in der Lage sind, kreative Arbeiten zu bewerten – man muss sie nur suchen. ADC-Vizepräsidentin Dörte Spengler-Ahrens gibt allerdings zu bedenken, dass regionale Awards nur die Mitglieder besetzen können, die sie haben. »Hier müssen wir für mehr Diversität im Mitgliederkreis sorgen«, räumt sie ein.
Spezialawards wie der Effie vom Verband deutscher Kommunikationsagenturen GWA, der »nachweislich erfolgreiche Marketingkommunikation« auszeichnet, die Schwesterawards Webby und Lovie, die das Beste aus dem Internet bewerten, oder Fachawards wie Die schönsten deutschen Bücher, 100 Beste Plakate, Deutscher Werbefilmpreis oder der Out-of-Home-Wettbewerb PlakaDiva bieten die Möglichkeit, sich auf einem speziellen Gebiet zu profilieren. Und dahin sollte laut Alexander Schill auch die Reise gehen: »Weg von Rankings, bei denen es nur um Masse geht, hin zur gezielten Auswahl von Awards.« Agenturen sollten sich die Wettbewerbe aussuchen, die für sie und ihre Themenbereiche am interessantesten sind. »Vielleicht würden sich dann manche Awards auch überlegen, ob der höchste Profit das richtige Ziel ist – oder ob sie nicht zumindest einen Teil ihres Gewinns in die Branche reinvestieren, um bei den Agenturen besser dazustehen«, so Alexander Schill.
Das Geschäftsmodell hinter manchen Awards ist vielen seit jeher ein Dorn im Auge. Awards, die von Vereinen wie dem ADC oder D&AD veranstaltet werden und die ihre Einnahmen zurück in die Branche investieren – und auch geringere Einreichungsgebühren verlangen –, sind bei Agenturen selbstverständlich beliebter. Besonders die Non-Profit-Organisation The One Club for Creativity, die die One Show und die ADC Annual Awards ausrichtet, zeichnet sich durch viele Initiativen zur Förderung von jungen Talenten und für mehr Diversität in der Branche aus. In einer perfekten Welt gäbe es nur Förderpreise, die Preisgelder oder andersartige Unterstützung für Projekte bieten, statt hohe Gebühren zu verlangen, und die sich auch für junge Talente, kleine Büros und selbstständige Designer eignen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind sie aber umso seltener.
Auf Wiedersehen – im physischen Raum?!
Sind Jurysitzungen und Preisverleihungen als Präsenzveranstaltungen noch nötig?
Digitale Jurysitzungen haben den Vorteil, dass sich jeder erst mal allein und konzentriert mit den Arbeiten auseinandersetzt, so Mandie van de Merwe über ihre Erfahrungen in der Jury der diesjährigen One Show. Bei den virtuellen Zusammenkünften der Jury hätten zudem ruhigere Menschen mehr Chancen, zu Wort zu kommen, so die Jurorin, die gleichzeitig den direkten Austausch unter den Jurymitgliedern vermisst hat. Laut Alexander Schill kommen bei remote abgehaltenen Jurys sogar andere Arbeiten an die Spitze: »Alles ›Politische‹ entfällt. Die Bewertung kann nicht im persönlichen Austausch beeinflusst werden, sondern läuft vollkommen neutral ab, und jede Stimme ist gleich viel wert.« Demokratischer geht es nicht.
Dörte Spengler-Ahrens hält dagegen: »Aus meiner Erfahrung über viele Jahre in vielen Jurys kann ich nur sagen, dass nichts ein gemeinsames Arbeiten mit Diskussionen unter den Jurymitgliedern ersetzen kann.« Videokonferenzen seien nur Notlösungen – auch wenn sie wie im Falle des ADC sehr gut funktioniert hätten. Eine Lösung könnten Mischformen sein, etwa mit einer digitalen Vorjurierung und einem Treffen für die finale Entscheidung. Auch eine Verkleinerung der Jurys vor allem bei internationalen Awards könnte in Zeiten von Physical Distancing sinnvoll sein.
Während auch Katja Garff eher auf Awardzeremonien verzichten würde als auf die Jurysitzungen, sind für viele Kreative gerade die Wertschätzung und der Respekt, die den Gewinnern auf der Bühne gezollt werden, wichtig. Wer lässt sich nicht gerne feiern? Allerdings kann es auch mühsam sein, langatmige Zeremonien über sich ergehen lassen zu müssen, bei denen man lauter Arbeiten sieht, die man eh schon kennt – und die ganze Zeit darauf wartet, endlich mit den Kollegen anstoßen zu können. Bei digitalen Awardshows fällt sogar Letzteres weg. Allein vorm Rechner kann einen nicht einmal die lässige Moderation von Friedrich Liechtenstein wie beim ADC Award auf Facebook so recht mitreißen. Und überhaupt: »Es wäre schade um den Glamour von Preisverleihungen«, sagt Alina Schlaier. Das finden wir auch – und hoffen, dass wir uns bald wieder für Awardzeremonien in Schale werfen und mit euch anstoßen können!
Awards: Selbst aktiv werden!
Ob sich langfristig etwas am Awardbusiness ändern wird – da sind die Agenturvertreter eher skeptisch. »Ich bin leider pessimistisch, weil dahinter eine wirtschaftliche Maschinerie steht und es sehr viel Mut bräuchte, um Awards grundlegend zu verändern«, sagt Kirsten Dietz. Katja Garff prognostiziert, dass spätestens 2022 alles wieder beim Alten ist: »Vielleicht wird es fünf Awards weniger geben, dafür kommen drei neue dazu.«
Es liegt an euch Kreativen, dass es nicht so kommt: Überlegt euch genau, welche Ziele ihr mit einer Teilnahme verfolgt und welche Awards für euch und euer Themenfeld relevant sind. Fragt bei euren Kunden nach, welche Wettbewerbe für sie interessant wären und ob sie sich an etwaigen Einreichungsgebühren beteiligen möchten. Achtet darauf, dass die Kategorien weder zu offen noch zu eng sind. Und vor allem: Seid selbstbewusst! »Awards sollten uns dabei helfen, unsere Arbeit besser zu machen – und uns nicht am Nasenring durch die Arena führen.« Mit diesem Schlusswort von Alexander Schill beenden wir unseren Appell. 😉