Die Welt der Kreativ-Awards stand 2020 weitgehend still. Wir nutzen die Chance, zu fragen: Wozu brauchen wir sie überhaupt? Und wie könnte man sie besser machen?
Die Coronakrise mischt die Karten neu – das gilt auch für Kreativ-Awards. Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage reichen die meisten Agenturen und Designstudios in diesem Jahr gar nicht ein – und werden sich auch 2021 gut überlegen, ob, wie viel und in welche Wettbewerbe sie investieren. So hat sich beispielsweise die inhabergeführte Serviceplan Gruppe schon früh dazu entschlossen, 2020 nicht an Wettbewerben teilzunehmen. »Es wäre unverantwortlich, Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken und gleichzeitig Unsummen für Awardeinreichungen auszugeben«, sagt Kreativchef Alexander Schill. Auch die Zeit, die das Team normalerweise in die Einreichungen stecke, sei in diesem Jahr an anderer Stelle besser investiert.
Die Veranstalter haben unterschiedlich auf diese Situation reagiert. Manche setzen 2020 ganz aus – wie der Deutsche Designer Club den Wettbewerb Gute Gestaltung oder auch die Cannes Lions, die 2021 zwei Jahrgänge beurteilen wollen. Andere haben ihre Deadlines verlängert, die Einreichungsgebühren gestrichen (darunter Effie und Cresta Award) oder halbiert (wie der ADC*E Award). Wieder andere, die Anfang des Jahres schon viele Einreichungen hatten, haben die Jurysitzungen sowie die Preisverleihungen ins Digitale verlegt (zum Beispiel der Art Directors Club Deutschland und die One Show). Bei dieser uneinheitlichen Vorgehensweise ist nur eins klar: Die Kreativ-Rankings werden in diesem sowie im nächsten Jahr nicht aussagekräftig sein. Aus diesem Grund werden wir im kommenden Frühjahr auch auf unser PAGE Kreativ-Ranking verzichten.
Die Lage setzt die Wettbewerbsveranstalter unter Druck, vor allem wenn sie – wie der Cannes-Lions-Mutterkonzern Ascential – Awards als Geschäft betreiben, das auf Profit ausgelegt ist. Langfristig wird sich der Markt wohl konsolidieren – angesichts der schieren Masse an Awards ist das aber keine allzu schlechte Nebenwirkung. Gleichzeitig bietet sich in der Krise die Chance, das Awardbusiness grundlegend zu überdenken und zu überlegen, was man in Zukunft besser machen könnte. Wir haben uns umgehört, was Agenturen sich wünschen und was Awardveranstalter vorhaben.