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Ben Marshall: Designagenturen im »Design yourself«-Zeitalter

Ben Marshall, seit Kurzem Kreativchef am Hamburger Standort der Designagentur Landor, schreibt in einem Gastbeitrag über die Rolle von Designagenturen in einem Zeitalter, in dem dank hoher Technikstandards jeder (irgendwie) gestalten kann.

Ben Marshall, seit Kurzem Kreativchef am Hamburger Standort der Designagentur Landor, schreibt in einem Gastbeitrag über die Rolle von Designagenturen in einem Zeitalter, in dem dank hoher Technikstandards jeder (irgendwie) gestalten kann.

Designagenturen im »Design yourself«-Zeitalter

Vor nicht allzu langer Zeit war die Schaffung eines einheitlichen Markenbildes genau das: etwas, das Unternehmen in Zusammenarbeit mit Designagenturen »schafften«. Heute haben Verbraucher einen aktiveren Part in der Geschichte der Marken – und sie werden selbst zu Designern. Das stellt Agenturen vor neue Herausforderungen. Gleichzeitig können sie vom Dialog mit Konsumenten profitieren.

Design ist nicht gleich Design

Konsumenten fühlen sich – dank neuer Technologien, digitaler Werkzeuge und einer Vielzahl von Kanälen – inzwischen selbst in der Lage, zum Designer einer Marke zu werden. Und das bringt nicht nur Vorteile: Es tut mir in der Seele weh und verletzt meinen Stolz als professioneller Designer, wenn ich eine Einkaufsstraße in einer Großstadt entlanglaufe und die Schilder an den Geschäften lassen keinerlei gestalterischen oder typografischen Fähigkeiten erkennen.

Technologie hat dank leicht zugänglicher Tools und Werkzeuge viele Türen geöffnet, durch die nun Menschen kommen, die einfach einen Mac einschalten und anfangen zu gestalten. Von Schildern und Flyern über Websites bis hin zu Logos und Marken. Selbst vor Produkten machen sie dank des Siegeszuges der 3D-Drucker nicht halt. Jeder kann also ein Designer sein. Trotzdem – oder gerade deshalb – haben Designagenturen ihre Daseinsberechtigung. Und sie können sich diese Entwicklungen sogar zu Nutze machen, wenn sie folgende Punkte beachten:

Designqualität gewährleisten

Designagenturen müssen ihr Handwerk heute besser beherrschen denn je. Wir als Fachleute sind dafür verantwortlich, hohe Qualitätsstandards aufrechtzuerhalten und Kreationen zu schaffen, die immer wieder aufs Neue begeistern. Handwerklich gutes Design muss sich von leicht zu schaffendem Design unterscheiden und abheben. Nicht zuletzt durch eine professionell aufgesetzte und durchdachte Markenstrategie.

Spezialisierung als Lösung

Gleichzeitig sollten Designagenturen in ihrer Arbeit stets ein gewisses Maß an Spezialisierung beibehalten. Denn erstens wird Design immer mehr zu einem Verbrauchsgut und damit zu einem Massenmarkt und zweitens steuern die Agenturen immer weiter auf ein stärker integriertes Modell zu.

Integriertes Arbeiten und integrierte Strategien wirken auf den ersten Blick fast schon als ein Widerspruch zur Spezialisierung. Aber warum sollte ein Unternehmen oder eine Agentur nicht lauter Spezialisten beschäftigen? Für das Fortbestehen von Desigagenturen sind Spezialisten heutzutage wichtiger denn je, insbesondere solche, die es vor zehn Jahren noch gar nicht gab.

So ermöglicht beispielsweise ein Motion Graphics-Designer, dass die visuelle Identität einer Marke auch jenseits von Print existieren kann und in 4D regelrecht zum Leben erweckt wird. Ein weiterer wichtiger Spezialist innerhalb einer Agentur ist der Structural Designer. Er überträgt die Markenidentität unter anderem auf die Verpackung eines Produkts. Dadurch wird neben dem Sehsinn auch der Tastsinn in das Markenerlebnis integriert. Somit entsteht ein wesentlich konstanteres und holistischeres Erlebnis.

Design als Erlebnis

In einer Welt, die manchmal schier übersättigt ist von Marketing, Medien und Informationen, hat das fortwährende Streben nach Originalität höchste Priorität. Wenn einem alles so vorkommt, als hätte man es schon einmal gesehen, sind überraschende, freudige Momente umso wertvoller. Gemeinsam mit dem Kunden und dem Konsument muss es Designagenturen gelingen, Menschen mithilfe von guter Gestaltung zu berühren.

Gleichzeitig gilt es, den gewünschten Effekt zu erzielen – beispielsweise der Wechsel der Zahnpastamarke. Kommerzielles Design muss demnach logischerweise zunächst ein funktionales Bedürfnis erfüllen. Dennoch sind wir alle Menschen und reagieren letztlich auf einer emotionalen Ebene auf Design. Durch professionelles Know-how und die Möglichkeit, durch Research die Wünsche der Konsumenten zu erfahren, gelingt es, Design zu entwickeln, dass beide Bedürfnisebenen anspricht.

Dialog setzt Designimpulse

Die Anzahl an Kanälen, über die sich Konsumenten an einem Dialog beteiligen können, ist groß. Für Agenturen aber auch für den Konsumenten gilt: Je besser beide mit diesen Kanälen umzugehen lernen und je offener sie werden, umso mehr profitieren alle von den neuen, insbesondere digitalen Werkzeugen, die zur Verfügung stehen. Konnte man früher die Wirkung seiner Arbeit nur anhand von Verkaufszahlen ermitteln, bewerten und beinflussen Konsumenten eine Marke heutzutage schon im Laufe eines Markenbildungsprozess.

Zum Beispiel mithilfe individueller Personalisierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten sowie über Social Media-Kanäle. Der Konsument ist somit nicht mehr der “End”-Kunde, sondern ein aktiver Teilnehmer am Dialog.

Fazit

Markenbilder werden künftig sehr stark von Dialog und den Einflüssen der Verbraucher geprägt sein. Damit das Design einer Marke jedoch hochwertig und originell bleibt, stehen Designagenturen mit ihren Spezialisten und ihrem Know-how in der Pflicht. Sie müssen nicht nur gestalten und Erlebnisse schaffen, sondern inbesondere die Fäden in der Hand halten. Nur so kann es gelingen, auch künftig mit Design Marken und damit das Leben ein bisschen besser zu machen.

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