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Future of Design: Wird Design unsichtbar?

Jochen Rädeker hat für PAGE acht Thesen zur Zukunft des Designs formuliert. Die zweite lautet: »Design wird unsichtbar«. Designer Johannes Erler hält dagegen.

Designthesen Jochen Rädeker, Foto: Susanne Mölle
Jochen Rädeker, Foto: Susanne Mölle

Wie sieht die Zukunft des Designberufs aus? Wir werfen gemeinsam mit Jochen Rädeker und weiteren Autoren einen Blick in die Kristallkugel. Aber natürlich sind auch Sie gefragt! Bitte diskutieren Sie mit.

Auch bei diesen Thesen ist Ihre Meinung gefragt: In unserem Artikel »The Future of Design: Thesen von Jochen Rädeker« finden Sie bereits online veröffentlichte Gedanken von Rädeker zur Zukunft des Designs – samt Konter namhafter Experten. Möchten Sie nicht länger warten und sind neugierig auf die Experten-Diskussion? Alle acht Thesen samt Konter finden Sie in PAGE 3.20, die Sie downloaden oder als Printexemplar bestellen können.

PDF-Download: PAGE 03.2020

Debatte: The Future of Design ++ Visual Trend: Cultural Cross-over ++ Für Kunden im Nahen Osten arbeiten ++ Top-Schriften für UI Design und Coding ++ Kundenbindung durch Erlebnisse: Innovationsprojekt für adidas ++ CD/CI: Vom PDF-Bericht zum kompletten Branding ++ EXTRA: Top 50: PAGE Ranking 2020

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THESE 2: Design wird unsichtbar

Die Technologiesprünge unseres Metiers erfolgen immer schneller – und die Tools bieten uns dabei eine immer größere Vielfalt an Optionen. (ok?) Vergingen zwischen der Erfindung des Buchdrucks und des Fotosatzes noch 500 Jahre, waren es zwischen Desktop-Publishing und Webdesign nur 15. Und mit der Einführung des Smartphones war wieder alles Makulatur, was bis dahin galt.

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass gerade etwas entwickelt wird, das wir in wenigen Jahren für genauso unverzichtbar halten wie das Smartphone heute. Seine Gestaltungsparameter? Unbekannt. Als Konstante bleibt nur: Es muss (auch) ganz einfach gehen. Denn Interfaces – ob als Wearable, Hologramm oder Retinaimplantat – werden in kleinsten Größen existieren, auf denen für komplexe Grafiken kein Raum ist. Noch wahrscheinlicher ist: Sie werden ganz verschwinden.
Das Future Today Institute prognostiziert bereits für 2020, dass jede zweite Online-Interaktion sprachgesteuert erfolgen wird. Und es geht noch weiter: Die Forschung zur Mensch-Maschine-Interaktion, die durch direkt an Hirnströmen abgelesene elektrische Impulse gesteuert wird, ist weit fortgeschritten – schon heute lassen sich damit Cursor bewegen.

Interfaces werden in den 2020ern multisensorisch sein und Geschichten visuell, auditiv und haptisch zugleich erzählen – mit einem hohen Grad an Personalisierung, Interaktion und Immersion. Sie werden nur sichtbar sein, wenn man sie benötigt – oder auf visuelle Komponenten ganz verzichten. Wir Designer werden uns radikal umstellen müssen – von Experten für Visuelles zu Interaktions- und Experience-Fachleuten im »Minimal or No Design«-Bereich.
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KONTER: Schluss mit dem Buzzword-Bingo

Definiere den Begriff Design. Hier geht es um Kommunikationsdesign, das ist klar. Jochen benutzt das Wort »Interface« als die sichtbare Oberfläche (zum Beispiel einer gedruckten oder digitalen Magazinseite), die in Zukunft möglicherweise per implantierter Devices direkt und personalisiert in unserem Hirn landet – unsichtbar für alle anderen. Vor Augen haben wir diese Interfaces trotzdem. Entsprechend müssen sie auch gestaltet werden. In meiner Fantasie kann ich dem folgen, ich finde es noch nicht einmal besonders prophetisch.

Was mich an Jochens Argumentation stört, ist der letzte Satz seiner These. Denn die Definition von Designern als »Experten für Visuelles« ist falsch. Und wer dies zum Status quo erklärt, stellt die Branche bloß und überhöht sich in seiner Position als Visionär. Design war schon immer Idee und Form. Wikipedia sagt es erstaunlich präzise: »Design beinhaltet eine Vielzahl von Aspekten und geht über die rein äußerliche Form- und Farbgestaltung eines Objekts hinaus (…) Insbesondere umfasst Design auch die Auseinandersetzung des Designers mit der Funktion eines Objekts sowie mit dessen Interaktion mit einem Benutzer.«

Ich werde auch in Zukunft Kommunikation so denken, dass sie konstruktiv und einleuchtend ist. Visualität ist dabei ein (schöner!) Aspekt von vielen. Also war ich immer schon »Experience Fachmann«. Und »Minimal or No Design« ist seit jeher das Einmaleins guten Kommunikationsdesigns. Das nämlich, was uns von den Dekorateuren unterscheidet. Man kann das, was Kommunikationsdesign kann, gar nicht häufig genug erklären. Und allen, die es immer wieder tun, sei sehr dafür gedankt. Auch Jochen. Aber Buzzword-Bingo halte ich für den falschen Weg. Und dass »the Medium the Message« ist, übrigens auch. Aber Gadgets waren natürlich immer schon sexy.

Johannes Erler Porträt

Johannes Erler ist Geschäftsführer und Kreativdirektor von Bureau Johannes Erler in Hamburg. Zuvor war er unter anderem Mitgründer von Factor Design und Artdirektor des »stern«.

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Und was meinen Sie?

Bitte diskutieren Sie mit! Nutzen Sie dafür einfach die Kommentarfunktion unter dem Artikel. Und bleiben Sie dran: Jede Woche veröffentlichen wir eine neue These von Jochen Rädeker samt Konter.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Eine spannende Diskussion. Im Kern steckt für mich die Frage: Was ist die optimalste Art und Weise eine Botschaft oder Information zu kommunizieren? Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich und der visuelle Weg ist sicherlich nicht immer der beste, trotzdem in vielen Fällen klar vorne.

    Zudem sollten Kommunikationsdesigner ihre Expertise nicht (nur) im ästhetischen, trendigen Erscheinungsbild verstehen, sondern als Expertise der menschlichen Auffassung und Wahrnehmung jeglicher Art.

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