Egal, in welcher Kreativdisziplin man als Freelancer unterwegs ist und wie viel Erfahrung man hat: Die Akquise von neuen Aufträgen ist eine Herausforderung. Wir berichten, wie Agenturen den Einsatz von Freien planen, warum Unternehmen gute Auftraggeber sind, und geben Tipps für Akquise und Positionierung
Eine konstante Auftragslage mit einem Mix aus interessanten Projekten, die einen finanziell absichern, fordern und natürlich Spaß machen – das ist wohl das Traumziel eines jeden Freelancers. Um dahin zu kommen, braucht es meist ein paar Jahre Berufserfahrung und eine gute Strategie. Natürlich gibt es auch ein paar Überflieger, die aus dem Studium heraus bis an ihr Berufsende immer ausgebucht sind – aber die sind doch eher selten. Die anderen tun gut daran, zumindest einige Jahre in Agenturen oder Unternehmen zu arbeiten, um dann mit fachlichen Skills, mit konkreter Kenntnis typischer Projektabläufe und guten Kontakten in die Selbstständigkeit zu starten.
Besonders der letzte Punkt ist wichtig, denn Freie generieren ihre Aufträge größtenteils über Empfehlungen und ihr Netzwerk. Das ergab unter anderem eine Umfrage der Personalvermittlung Markenpersonal in Hamburg, die seit Ende 2019 auch Freelancer vermittelt: 92 Prozent der 158 befragten Freien kommen über Empfehlungen an Aufträge, 80 Prozent über ihr berufliches Netzwerk und 75 Prozent über Bestandskunden (Mehrfachnennungen waren möglich). Bei den 103 befragten Auftraggebern ist es ähnlich: 78 Prozent rekrutieren freie Mitarbeiter aus ihrem beruflichen Netzwerk, 75 Prozent über Empfehlungen und 63 Prozent über ihr privates Netzwerk.
Wie aber wird man zum gut vernetzten Kreativen mit prall gefülltem Auftragsbuch? Yannick Krohn, Betreiber des Freelancer Podcasts und Gründer des Start-ups Goodlance, das ein All-in-one-Tool für Freelancer anbietet, unterscheidet zwei Akquisestrategien, die einander nicht ausschließen, sondern sich ergänzen: zum einen die Suche nach schnellen Aufträgen, etwa über Freelancer-Plattformen, Kaltakquise und Facebook-Gruppen. Zum anderen den langfristigen Aufbau von Kontakten durch Positionierung, Selfmarketing und Networking.
Positionierung: Wer bin ich und was biete ich an?
Um sich kompetent und glaubwürdig auf- und darzustellen, muss man zunächst mal wissen, was man kann und an welchen Projekten man arbeiten möchte. Gerade Anfänger neigen dazu, sich auf keine Sparte festlegen zu wollen – aber ein Gemischtwarenladen ist unübersichtlich für Auftraggeber und wirkt zudem nicht sonderlich vertrauenswürdig. Also lieber Expertise auf einem Gebiet aufbauen, sich dort klar positionieren – und dann im Kundengespräch weitere mögliche Leistungen erwähnen.
Das Profil kann sich selbstverständlich auch verändern. Die Freelancerin Katharina Winter zum Beispiel wechselte vom klassischen Kommunikationsdesign ins UX-Lager: »Durch die Arbeit in interdisziplinären Teams – insbesondere mit Produktdesignern – habe ich einen tieferen Einblick in Produktentwicklung und User Experience bekommen. Das Thema hat mich fasziniert, und so habe ich mich darauf spezialisiert.« In Werbeagenturen ist oft auch Expertise in bestimmten Kundenbranchen gefragt, etwa Auto oder Finance.
»Fokussiere dich auf dein Portfolio und darauf, Projekte zu machen, für die du in Zukunft angefragt werden willst. Besonders am Anfang hilft es, viel Zeit in eigene Arbeiten zu stecken – das schärft deine Fähigkeiten und zeigt potenziellen Kunden deine ganz eigene Perspektive. Mein Portfolio ist der wichtigste Kanal für mich, was Neugeschäft angeht«
Sofia Pusa, Grafikdesignerin und Illustratorin, Helsinki
Bei der Definition der eigenen Stärken helfen Joberfahrungen, aber auch freie Arbeiten. Diese dienen auch als Aushängeschild und Wegweiser für die Art von Projekten, für die man gebucht werden möchte. Womit wir beim nächsten Punkt wären, dem Portfolio. Eine Online-Werkschau ist in den meisten Kreativdisziplinen essenziell, damit potenzielle Auftraggeber einen überhaupt finden. Alternativ – oder zusätzlich – zur eigenen Website ist heute Behance für Designer und Illustratoren zum wichtigen Akquisekanal geworden, ebenso wie Instagram. Auch über LinkedIn und XING erhalten viele Freie regelmäßig Anfragen.
So geht's weiter
Auftraggeber: Wem biete ich meine Leistungen an?
Plattformen: Wo biete ich meine Leistungen an?
Vermittler: Wer kann mir helfen?
Wie funktionieren Auftragsakquise & Selfmarketing in Corona-Zeiten?
Aufträge aus dem Netz
Aktive Akquise: Wo und wie spreche ich Kunden an?
Freelancing: Was man über das Arbeitsmodell wissen muss