Auf einmal reden alle von DesignOps – aber was ist das eigentlich genau? Wir haben das Buzzword unter die Lupe genommen und zeigen, wie man Design in Unternehmen integriert und koordiniert.
Die Kreativbranche ist besonders anfällig für Hypes. Immer wieder kommen neue Buzzwords auf und man muss entscheiden, ob es sich um alten Wein in neuen Schläuchen handelt oder um eine signifikante Neuerung, die den Designberuf ernsthaft weiterbringt. Nun also »DesignOps«, kurz für »Design Operations«. Der Begriff wird vornehmlich im englischsprachigen Raum – speziell im Tech- und UX-Bereich – verwendet, doch schwappt er zunehmend auch auf deutschsprachige Gefilde und Unternehmen anderer Bereiche über.
Die meisten, die sich mit der Bezeichnung zum ersten Mal konfrontiert sehen, fragen sich: Ist das nicht Design Management? Die Antwort: Ja und nein. Tatsächlich ist DesignOps ein Teil von Design Management, nämlich – man ahnt es – der operative Part. Hier wird geklärt, wer was wie und wann in der Designabteilung eines Unternehmens macht. Das mag für Designer an sich nichts Neues sein, für viele Firmen aber schon. Und deshalb hat DesignOps – Hype hin oder her – nicht nur seine Berechtigung, sondern ist essenziell, um Design innerhalb von Unternehmen zu etablieren und zu entwickeln.
Design in Unternehmen – warum DesignOps?
Der Wert von Design für die Wirtschaft ist mittlerweile weitgehend anerkannt, mancherorts hat es die Disziplin auch auf die Geschäftsführungsebene geschafft. Aber was jetzt? Viele Konzerne holen sich zwar Designer ins Haus, wissen dann aber nicht, wie und wo sie sie in der Organisation verankern sollen. Das ergab auch eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung McKinsey, laut der 90 Prozent der befragten Konzerne nicht das volle Potenzial ihrer Chefdesigner ausschöpfen – weil sie diese nicht in die strategische Unternehmensplanung einbeziehen oder der CEO schlicht nicht weiß, wozu sie eigentlich da sind. Das ist vor allem eine Herausforderung für traditionelle Unternehmen, die sich bisher auf die Herstellung und den Vertrieb physischer Produkte konzentriert haben und jetzt vor der Digitalisierung ihrer Geschäftsbereiche stehen. Speziell bei denjenigen, die sich strikt an Hierarchien und etablierte Prozesse halten, gibt es nicht viel Raum für einen neuen Managementbereich – geschweige denn viel Verständnis.
»Interne Designabteilungen müssen schon immer den Spagat meistern, dass sie eine geschlossene Einheit sind, aber gleichzeitig tief integriert in Business Units arbeiten. Für Unternehmen, die bislang keine Designer inhouse hatten, ist das ein neues Problem«,
erklärt der Designer und Stratege Philipp Thesen. »Sie müssen erst noch tragfähige Modelle etablieren, denn sonst fehlt den Designern eine zentrale Anlaufstelle und sie hängen quasi in der Luft. DesignOps ist ein organisatorischer Ansatz, um dieses Problem zu lösen.« Als Designchef der Deutschen Telekom entwickelte Philipp Thesen Design von einer operativen Funktion hin zu einer strategischen Kompetenz im gesamten Konzern. Im letzten Jahr gründete er mit zwei Partnern Prenew, eine Strategieberatung für den digitalen Wandel, die Unternehmen unter anderem dabei unterstützt, Design strategisch zu verankern und zu führen. Auf andere Weise herausfordernd ist die Situation in Start-ups und Tech-Konzernen: Hier wurde Design nicht selten von Anfang an mitgedacht und eingeplant – aber das Wachstum der Firma sowie die zunehmende Komplexität digitaler Produkte führen dazu, dass sich die Designteams enorm vergrößern und Designprozesse inzwischen übergreifend koordiniert werden müssen.
»Die Aufgaben von DesignOps sind nicht neu und wurden bisher von Designteams mehr oder weniger nebenbei mitgemacht«, so UX-Expertin Katharina Koberdamm, die als Dozentin im Studiengang Innovation Design Management an der University of Applied Sciences Europe in Berlin unterrichtet.
»Das Neue ist, dass diese Tätigkeiten bei wachsenden, sich ausdifferenzierenden Teams nicht mehr einfach mitlaufen können. Ab einer bestimmten Größe und Komplexität braucht es explizite Rollen, die sich um die operativen Abläufe kümmern.«
Kurz: Design braucht gute Strukturen, um sein Potenzial voll entfalten zu können. Um diese Strukturen angesichts steigender Komplexität aufrechtzuerhalten, braucht es – unter anderem – DesignOps. Diese Funktion sorgt dafür, dass Designer ihre Arbeit machen können, ohne sich mit Organisatorischem herumschlagen zu müssen. DesignOps beziehungsweise eine dafür verantwortliche Person oder ein Team definiert Prozesse und Workflows, stellt Tools und Systeme bereit, koordiniert das Designteam und kümmert sich um die Kommunikation mit Stakeholdern inner- und außerhalb des Unternehmens.
Die DesignOps-Aufgabenbereiche
Je größer ein Unternehmen und eine Designabteilung sind, desto eher benötigt man eine explizite Stelle, die sich nur um DesignOps kümmert. Eine Konzernleitung davon zu überzeugen, eine entsprechende Stabsstelle zu genehmigen, die keinen unmittelbaren Return on Investment liefert, kann allerdings schwierig werden. Meredith Black, Head of Design Operations bei Pinterest, empfiehlt im »DesignOps Handbook« von InVision, die Rolle und ihre Verantwortlichkeiten vorher gut zu definieren – mitsamt dem Benefit, den man sich davon verspricht. Zu den möglichen Aufgaben eines DesignOps Managers gehört laut Meredith Black etwa:
Einteilung von Mitarbeitern: Wer sollte was wann tun? Vielleicht braucht es ein Template für die Ressourcenplanung oder ein besseres Matching von Stärken und Aufgaben. Dafür muss der DesignOps Manager eng mit den Teamleitern zusammenarbeiten.
Program Management: DesignOps kann neue Meeting- und Austauschformate etablieren wie eine wöchentliche Designkritik, gemeinsame Studiozeit für Designer, die normalerweise verstreut in Projektteams sitzen, oder auch neue Protokollierungsmethoden für die Kollaboration mit anderen Abteilungen.
Teamentwicklung: Das Onboarding neuer Mitarbeiter kann häufig ein Upgrade vertragen, etwa indem man ein Standard-Curriculum für die erste Woche festlegt. Denkbar sind zudem Offsite-Meetings für Teams, Vorträge von externen Speakerinnen und Speakern, Konferenzbesuche und Weiterbildungsmaßnahmen.
Plattformen und Tools: Designsysteme so aufsetzen und pflegen, dass alle Stakeholder darauf Zugriff haben, gehört ebenso dazu wie das Auswählen und Standardisieren von benötigten Tools, Programmen und Kommunikationsplattformen.